Das Strafurteil- Aufbau in der Klausur
Rubrum; Sachverhaltsdarstellung; Rechtliche Würdigung; Unterschiede bei Verurteilung und Freispruch
Das Strafurteil setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen :
- Rubrum
- Urteilsformel
- Bezeichnung der angewendete Vorschriften
- Urteilsgründe
I. Verurteilung
1. Rubrum
Überschrift: „Im Namen des Volkes!“ (§ 268 I StPO), darunter „Urteil“, links darunter „in der Strafsache gegen“. Danach folgen die Personalien des Angeklagten (vgl. Nr. 141 I 1, 110 II lit. A RiStBV). Nicht im Rubrum erwähnt wird, ob der Angeklagte vorbestraft ist oder nicht. Das kommt in die Urteilsgründe. Ist der Angeklagte in Haft, ist anzugeben, seit wann und wo er in Haft ist.
Sind mehrere Personen angeklagt, sind sie in der Reihenfolge der Anklageschrift zu nennen.
Als nächstes ist die Straftat zu erwähnen („wegen Betrugs“). Hier ist bei mehreren Delikten nur der schwerste Vorwurf, der das Urteil trägt, anzugeben und durch „u. a.“ zu ergänzen. (Beim Freispruch vom gesamten Vorwurf der Anklage heißt es „wegen des Betrugs„).
Gem. § 275 III StPO erfolgt die Bezeichnung des Gerichts sowie alle Sitzungstage, alle Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, alle Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Nebenkläger und Nebenklagevertreter.
Das Rubrum ist eine Ergänzung des Urteils. Fehler im Rubrum führen nicht zur Aufhebung des Urteils.
2. Urteilsformel
Die Urteilsformel (Tenor) wird mit „für Recht erkannt“ eingeleitet. Gem. § 260 IV 1 StPO enthält der Schuldspruch die rechtliche Bezeichnung der Tat. Nach § 260 IV 2 StPO soll die gesetzliche Überschrift des Tatbestands im Schuldspruch verwendet werden.
Nicht angegeben werden Täterschaftsformen (Alleintäter, Mittäter, mittelbarer Täter). Bei mehreren Angeklagten empfiehlt es sich, diese getrennt nacheinander zu tenorieren.
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Angegeben werden Teilnahmeformen (Anstiftung, Beihilfe), Versuch, Qualifikationen, die Schuldform, wenn die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden kann (Bsp. §§ 223- 229, 306- 306d, 315 b, 315 c, § 316, § 323a StGB).
Weiterhin muss das Konkurrenzverhältnis mit in den Tenor aufgenommen werden
(„In Tateinheit“, bei Tatmehrheit: „und“ oder „sowie“). Nur bei Tatmehrheit ist eine Gesamtstrafe zu bilden. Die Einzelstrafen werden nicht im Tenor aufgezählt.
Wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, heißt es im Tenor: Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. (Wird die Freiheitsstrafe ohne Bewährung vollstreckt, dann steht zu der Bewährung nichts im Tenor.)
Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind gem. § 260 Abs 3 S. 3 StPO die Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel mitaufzunehmen (der Gesamtbetrag wird aber nicht angegeben). Liegen die Voraussetzungen des § 42 S. 1 StGB vor, muss eine Tenorierung auf Teilzahlung erfolgen.
Bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nach § 55 StGB ist das vorangegangene, rechtskräftige Urteil im Tenor miteinzubeziehen (…unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des AG… vom…AZ….). Eventuell ist eine gebildete Gesamtstrafe der Vorverurteilung aufzulösen.
Bei Maßregeln der Besserung und Sicherung ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69 a StGB und die Einziehung besonders klausurrelevant. „Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf von … Monaten darf die Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen.“
„Dem Angeklagten wird für die Dauer von … Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen.“ (bei Anwendung von § 44 StGB)
Bei eingezogenen Gegenständen (§ 73 ff. StGB) sind diese genau zu bezeichnen.
Bei Untersuchungshaft wird diese gem. § 51 I 1 StGB auf eine zeitige Freiheitsstrafe oder Geldstrafe angerechnet. Dies geschieht von Gesetztes wegen und bedarf daher im Urteil keiner richterlichen Anordnung!
Gem. § 465 I StPO trägt der Angeklagte die Kosten des Verfahrens und nach § 472 I 1 StPO die notwendigen Auslagen des Nebenklägers.
Mitangeklagte haften wegen derselben Tat gem. § 466 I 1 StPO für die Auslagen als Gesamtschuldner.
3. Bezeichnung der angewendeten Vorschriften
Nach § 260 V 1 StPO werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Für jeden Angeklagten ist eine Liste aufzuführen mit dem Grundtatbestand, Qualifizierungen, Regelbeispielen, besonderen Formen der Tatbestandsverwirklichung, Begehungsform und dem Konkurrenzverhältnis.
Besonders wichtig ist die genaue Angabe hinsichtlich der Rechtsfolge. Dies sind die Strafschärfungs- und Milderungsvorschriften, die Strafaussetzungsvorschrift nach § 56 StGB bzw. § 14 f. WStG, § 68 I StGB, Bestimmungen über Nebenfolgen und Maßregeln der Besserung und Sicherung.
Nicht erforderlich ist es bei Freiheitsstrafen §§ 38, 39 StGB oder bei Geldstrafen §§ 40, 43 StGB mitaufzuführen.
4. Urteilsgründe
Die Urteilsgründe sind der schwierigste Teil. Im Strafurteil wird von Gründen (siehe § 275 StPO) oder Urteilsgründen (siehe §§ 2„67, 268 I 2 StPO) gesprochen, es wird nicht wie bei einem Zivilurteil in Tatbestand und Entscheidungsgründe unterteilt. Im Zivilprozess gilt das nicht Vorgetragene als nicht vorhanden, die Parteien stellen nach § 137 I ZPO die Anträge und haben darüber die Herrschaft.
Im Strafprozess ermittelt der Richter von Amts wegen die Wahrheit, er ist an keine Anträge gebunden. Dem Prozess liegt die Tat in der Anklage zugrunde.
Das Strafurteil ist so zu begründen, dass alles Wesentliche enthalten ist und Unwesentliches nicht drin steht- so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Dies kann in der Klausur nur durch ein präzises Herausarbeiten der wesentlichen Probleme funktionieren. Eine gute Klausur zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwischen dem Wichtigen und Unwichtigen unterscheiden kann. Ein guter Stil zeichnet sich durch Klarheit und Knappheit aus. Lange Schachtelsätze sind zu vermeiden.
Rubrum und Tenor sollten erst nach dem Ausformulieren der Gründe niedergeschrieben werden.
Was die Gründe enthalten sollen, steht in § 267 StPO.
Sie sind folgerndermaßen zu gliedern:
(1) Persönliche Verhältnisse
(2) Sachverhalt
(3) Beweiswürdigung
(4) Rechtliche Würdigung
(5) Strafzumessung
(6) Kosten
Art der Darstellung:
Die Gründe sollten sauber und übersichtlich gegliedert sein, mit Absätzen und Ziffern. Überschriften sind aber überflüssig.
(1) Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten
Eine feste Regel, an welcher Stelle die persönlichen Verhältnisse in den Gründen stehen, gibt es nicht. Um das Lesen zu erleichtern, ist es sinnvoll sie an den Anfang zu stellen. Die persönlichen Verhältnisse haben Bedeutung für die Überprüfung der Strafzumessung bei der Revision. Sie sind ein vorgezogener Teil der Strafzumessung nach § 46 II StGB.
Zu nennen ist, wann und wo der Angeklagte geboren, in welchen Verhältnissen er aufgewachsen ist, seine schulische und berufliche Bildung, sein Beruf und die familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse. In den Lebenslauf sind die Vorstrafen mitaufzunehmen. (Es brauchen nicht alle Vorstrafen aufgezählt werden. Es genügen einschlägige oder für die Beurteilung interessante Vorstrafen.) Zu benennen sind hier Datum und Ort der Tat, das Delikt, die verhängte Strafe und das Urteil mit Datum. Ferner ist anzugeben, ob noch offene Bewährung vorliegen (getilgte Vorstrafen dürfen nach §§ 51 I ivm 45 ff. BZRG nicht verwertet werden).
In der Klausur sind die persönlichen Verhältnisse aus dem Protokoll der Hauptverhandlung zu entnehmen.
(2) Sachverhalt
Gem. § 267 I 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Die Straftat ist dabei so im Imperfekt zu schildern, als wäre der Urteilsverfasser Augenzeuge der Straftat des Angeklagten.
In der Klausur ist als Arbeitsgrundlage die Anklageschrift zu verwenden. Diese muss dann aber an den Stellen geändert werden, an denen die eigene Tatsachenfeststellung von der Anklage abweicht. Die Orts- und Zeitangaben müssen genau sein.
Es müssen alle Tatbestandsmerkmale der Straftat, die äußeren und die inneren festgestellt werden. Die Feststellungen müssen den Schuldspruch tragen. Ist nur ein einziges Tatbestandsmerkmal nicht festgestellt, hätte der Angeklagte nicht verurteilt werden dürfen. Wird hiergegen verstoßen, ist das Urteil nicht revisionsfest
a. Sachverhaltsdarstellung des äußeren Tatbestands
Die Feststellungen mit dem Gesetzeswortlaut allein sind nicht ausreichend (§ 267 I 1 StPO, es sollen die für erwiesen erachteten Tatsachen angegeben werden , in denen die Merkmale der Straftat gefunden wurden). Es muss daher konkretisiert und über die Ausdrücke im Gesetz hinausgegangen werden.
Nicht nur die Tatsachen des besonderen Teils des StGB, sondern auch des allgemeinen Teils des StGB müssen beachtet werden (Versuch, Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe, § 21 StGB…).
Beweistatsachen sind jedoch erst in der Beweiswürdigung abzuhandeln.
b. Sachverhaltsdarstellung des inneren Tatbestands
Auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale werden dargestellt. (Vorsatz, Fahrlässigkeit, das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, Absicht, Irrtum, strafbegründende tatbestandsmerkmale des Absatzes 2 beim Mord nach § 211 StGB…)
Eine Ausnahme besteht nur, wenn sich der subjektive Sachverhalt aus dem objektiven Geschehen unmittelbar ergibt. In der Klausur sollten in Zweifelsfällen aber lieber Ausführungen gemacht werden.
c. § 267 II StPO
Sachverhaltsdarstellung der in § 267 II StPO genannten Umstände
(3) Beweiswürdigung
Hier stellt sich die Frage, ob alle Tatbestandsmerkmale auf ein oder mehrere Beweismittel gestützt werden können. Im Urteil/in der Klausur muss aber nicht jeder einzelne Beweis auch niedergeschrieben werden. Nach dem BGH muss die Beweiswürdigung nur die wesentlichen Gesichtspunkte enthalten. Ist z. B. eine Zeugenaussage im Urteil nicht wiedergegeben, kann daraus nicht geschlossen werden, dass das Gericht diese bei der Urteilsfindung nicht mit berücksichtigt hat.
Die Beweiswürdigung ist von der rechtlichen Würdigung völlig getrennt darzustellen.
Es ist üblich, als Einleitung alle Beweismittel aufzuzählen (Zeuge – auch ein im getrennten Verfahren Mitbeschuldigter, Mitangeklagter, Sachverständiger, Urkunden, Augenschein). Beachte dabei § 261 StPO – nur „aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung“.
a. Man beginnt die Beweiswürdigung mit der Einlassung des Angeklagten:
„Der Angeklagte hat die Tat gestanden. Das Geständnis ist glaubhaft, denn…“ – bei einem Geständnis ist dann dessen Glaubhaftigkeit zu überprüfen.
„Der Angeklagte räumt ein, dass… Er behauptet jedoch, dass…“
„Der Angeklagte hat sich zu der Tat nicht eingelassen, er ist aber durch die Aussage des Zeugen… überführt.“
b. Als nächstes folgt eine Auseinandersetzung mit den Aussagen der Zeugen:
Die bloße Aneinanderreihung des Inhalts der Zeugenaussagen ist wenig sinnvoll und kostet in der Klausur viel Zeit. Das Wesentliche ist zu nennen, was die Beweisaufnahme erbracht hat. Dann ist darzulegen, warum das Gericht einem Zeugen glaubt oder nicht. In der Klausur wird im Regelfall eine ganz eindeutige Beweislage gegeben sein. Hier helfen bei der eigentlichen Würdigung „Standardfloskeln“ weiter: „lebensnah“, „schlüssig“, „ ohne Widersprüche“, „ kein eigenes Interesse“ etc.
c. Bei Sachverständigengutachten ist das Gericht an dessen Inhalt nicht gebunden. Diese unterliegen der Würdigung des Gerichts, es übernimmt nicht ungeprüft Ausführungen aus dem Sachverständigengutachten.
In der Klausur genügt es zu schreiben, dass sich das Gericht „ den überzeugenden Ausführungen in eigener Überzeugungsbildung in vollem Umfang angeschlossen“ hat.
Im Examen spielen an dieser Stelle oftmals Beweisverwertungsverbote eine Rolle.
Auch können an dieser Stelle im Examen oft unzulässige oder unbegründete Hilfsbeweisanträge gem. § 244 IV 1 StPO eine Rolle spielen. Die Ablehnung gehört nicht ins Urteil, sondern in das Protokoll, es kann aber im Urteil nochmal Stellung dazu genommen werden.
(4) Rechtliche Würdigung
Die rechtliche Würdigung bildet im Examen den Schwerpunkt in der Urteilsklausur. Die Rechtsausführungen sind in einem besonderen Abschnitt darzustellen. Zunächst wird der Schuldspruch wiederholt. Das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz ist zu bezeichnen.
„ Der Angeklagte ist daher wegen … zu verurteilen“ .
Hier sind alle Paragraphen aufzuführen, also auch Versuch, Teilnahme, die Begehungsform, Tatmehrheit etc..
Im Gegensatz zur Sachverhaltsschilderung muss nicht jedes Tatbestandsmerkmal geprüft werden. In der Klausur ist die Zeit sehr knapp, daher sollte nur bei problematischen Tatbestandsmerkmalen in die Tiefe gegangen werden. Hier ist es besonders wichtig, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Ohne eine Schwerpunktsetzung wird die Klausur nicht in fünf Stunden zu bewältigen sein.
(5) Strafzumessung (ausführlich ist die Strafzumessung beim Artikel „Schlussvortrag Staatsanwalt“ dargestellt)
Zur Begründung der Rechtsfolgen bedarf es Ausführungen zur Strafzumessung. Hierher gehören auch die Ausführungen zur Strafaussetzung zur Bewährung, zur Anordnung von Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßregeln der Besserung und Sicherung. Im Folgenden ist kurz die Prüfungsreihenfolge angegeben (ausführlich ist die Strafzumessung beim Artikel Schlussvortrag Staatsanwalt dargestellt).
(a) Festlegung des Strafrahmens
(b) Kommt ein minder schwerer oder besonders schwerer Fall in Betracht, wird dies thematisiert, auch wenn dann im Ergebnis keiner angenommen wird
(c) Strafzumessung im engeren Sinn, § 46 StGB, Festsetzung der Einzelstrafe(n)
(d) Bestimmung und Begründung einer etwaigen Gesamtstrafe (schwerste Strafe als Einsatzstrafe), Möglichkeit einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung
(e) Mögliche Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung nach §§ 56, 58 StPO bei Freiheitsstrafen -bei lebenslanger Freiheitsstrafe: 57 a I 1 StGB (hier muss auch tenoriert werden, dass die Schuld besonders schwer ist)
(f) Festlegung der Tagessatzhöhe bei Geldstrafen, mögliche Ratenzahlung
(g) Gegebenenfalls Maßregeln der Besserung und Sicherung gem. §§ 61 ff. StGB
(h) Gegebenenfalls Verfall oder Einziehung nach §§ 73 ff. StGB.
(6) Kosten
Hier erfolgt die Begründung der Kostenentscheidung sowie gegebenenfalls die Entscheidung über die Entschädigung für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen. Die Kostenentscheidung wird dabei nur durch die zu Grunde liegende Vorschrift begründet. Nach § 464a I S. 1 StPO sind die Kosten des Verfahrens die Gebühren und Auslagen der Staatskasse.
„Die Kostenentscheidung beruht auf“:
– §§ 464 I, 465 StPO bei voller Verurteilung
– §§ 464 I, II, 465, 467 I StPO bei einem Teilfreispruch
– §§ 465 I, 466 StPO bei der Verurteilung mehrerer Angeklagter
– §§ 465 I, 472 I StPO bei einer Verurteilung mit Nebenklage
5. Unterschrift
Wichtig am Ende: Unterschrift (en) des Richters. Gemäß § 275 II S. 1 StPO ist das Urteil von den Richtern zu unterschreiben, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben. Die Besetzung des Gerichts ergibt sich aus dem Protokoll.
Der Unterschrift der Schöffen bedarf es gem. § 275 II S. 3 StPO nicht (nach dem BGH dürfen sie aber mit unterschreiben).
II. Freispruch
Bei freisprechenden Urteilen wird es meist zweckmäßig sein, mit dem Inhalt der Anklage (bzw. des Eröffnungsbeschlusses) zu beginnen. Nur ausnahmsweise sind auch Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen zu treffen, wenn diese zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind. Daran schließt sich die Angabe der Tatbestandsmerkmale an, die das Gericht für erwiesen hält, und derer, die es nicht für erwiesen ansieht. Dem folgt, soweit nötig, die rechtliche Erörterung.
Der Freispruch kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolgen. Es darf aber nicht offen bleiben, ob aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen freigesprochen wird. Die Urteilsgründe müssen ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet wird, § 267 V S. 1 StPO.
Ist das Gericht von der Unschuld des Angeklagten überzeugt, ist dies eine Frage der Beweiswürdigung.
1. Freispruch aus tatsächlichen Gründen
Es muss dargestellt werden, ob der objektive Tatbestand oder der subjektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden kann oder eine Schuldunfähigkeit besteht. Fehlt der Nachweis des subjektiven Tatbestands, sollte der objektive Tatbestand zuerst dargelegt werden.
2. Freispruch aus rechtlichen Gründen
Hier erfüllt der festgestellte Sachverhalt keinen Straftatbestand. Auch hier empfiehlt es sich, die Tat kurz darzustellen, wenn aus subjektiven Gründen freigesprochen wird.
3. Tenor:
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten sind der Staatskasse aufzuerlegen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 I StPO.
4. Maßregelungen der Sicherung und Besserung
Bei einem Freispruch wegen Schuldunfähigkeit kommen Maßregeln der Besserung und Sicherung in Betracht (z. B. § 63 StGB Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, § 64 StGB Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, § 69 StGB Entziehung der Fahrerlaubnis). Werden solche Maßnahmen verhängt, müssen diese begründet werden.
Es kann auch eine Entschädigungspflicht für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen (nach Untersuchungshaft oder vorläufig entzogener Fahrerlaubnis) nach dem StrEG in Betracht kommen.
Tipp zur Klausurtaktik: In Examensklausuren kommt ein vollständiger Freispruch eigentlich nicht vor. Wenn überhaupt, so kommt es zu einem Teilfreispruch oder es handelt sich um zwei Angeklagte, von denen nur einer freigesprochen wird.
III. Einstellung
Nach § 260 III StPO ist die Einstellung des Verfahrens im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht. Eine Einstellung kann erfolgen, wenn ein Strafantrag fehlt, bei fehlender Gerichtszuständigkeit (die Sache hätte z. B. als Jugendsache vor das Jugendgericht gehört) oder bei Verfahrenshindernissen wie einer überlangen Verfahrensdauer oder dem Tod des Angeklagten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 I StPO.
IV. Teilfreispruch/ teilweise Einstellung
Im Examen muss mit der Variante des Teilfreispruchs oder teilweiser Einstellung gerechnet werden. Zunächst kommen dann immer die Ausführungen zur Verurteilung und dann zum Freispruch. Die Kostenentscheidung folgt gemeinsam.
Der Angeklagte kann nur teilweise freigesprochen werden, wenn nicht alle Delikte der Anklage erfüllt werden, die in Tatmehrheit nach § 53 StGB stehen.
Bei ein und derselben Handlung kann nur einheitlich abgeurteilt werden. Dies ist der Fall, wenn bei identischem Sachverhalt nur eine abweichende rechtliche Qualifikation vorgenommen wird.
Wird bei Tateinheit nach § 52 StGB nicht wegen aller Tatbestände verurteilt. wird dies zwar begründet, es wird aber nicht teilweise freigesprochen.
Tenor bei Teilfreispruch:
Der Angeklagte wird wegen… verurteilt.
Im Übrigen wird er freigesprochen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens, soweit er verurteilt wird, soweit er freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
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