Zusage und Zusicherung

Vereinfachte Darstellung der klausurtypischen Konstellationen, in denen die Zusage und die Zusicherung im Öffentlichen Recht von Bedeutung sind.

Datum
Rechtsgebiet Öffentliches Recht
Ø Lesezeit 6 Minuten
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1. Überblick

Ob behördliche Erklärungen im konkreten Fall eine bindende Verpflichtung für ein späteres Verwaltungshandeln erzeugen, ist immer wieder von erhöhter Klausurrelevanz. Innerhalb der Klausur spielt die Zusage oder Zusicherung (§ 38 VwVfG) regelmäßig eine Schlüsselrolle. Oberbegriff ist hierbei die Zusage im weiten Sinne. Wichtig ist zunächst, dass sprachlich korrekt unterschieden wird: Hinter dem Begriff der Zusicherung verbirgt sich die Verpflichtung einer Behörde, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen oder zu unterlassen. Hingegen spricht man von einer Zusage, wenn die Behörde sich zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet hat.

2. Bezug zur Klageart

2.1 Leistungs- oder Verpflichtungsklage

Die Problematik kann zum einen innerhalb der Leistungsklage, zum anderen innerhalb der Verpflichtungsklage relevant werden. Begehrt der Kläger unter Hinweis auf eine Erklärung der Behörde aus der Vergangenheit eine bestimmte Leistung, so ist die Leistungsklage statthaft. Ist das Klagebegehren hingegen auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet, handelt es sich um ein Verpflichtungsbegehren. Diesem entspricht die Verpflichtungsklage.

Zu prüfen ist dann zunächst die Zulässigkeit der jeweiligen Klageart. Innerhalb der Begründetheit wird sodann dargestellt, ob und aus welcher Grundlage sich ein Anspruch des Klägers ergibt. Hier wird deutlich, dass die Zusage oder die Zusicherung einen wichtigen Part innerhalb des Gesamtwerks der Klausur darstellt. Denn bei der Anspruchsgrundlage ist nun zunächst auf den Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Sonderbeziehung abzustellen. Dieser kann sich aus einer Zusage im weiteren Sinne oder aus öffentlich-rechtlichem Vertrag (siehe dazu Teil II ) ergeben. Erst im zweiten Schritt kommt man auf die einfachgesetzlichen Grundlagen zu sprechen und gelangt damit zu der bekannten Prüfung.

In der Regel wird der Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Sonderbeziehung zwar nicht bestehen, da die Klausurersteller den Bearbeiter zur weiteren Prüfung anhalten wollen. Dennoch – wer bereits den Anspruch aus der öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung, insbesondere aus der Zusage oder Zusicherung übersieht, hat im weiteren Fortgang unnötigerweise schlechtere Karten.

2.2. Anfechtungskonstellation

Neben der oben beschriebenen Leistungs- oder Verpflichtungskonstellation kann einem die Zusicherung bezüglich eines Verwaltungsakts auch eingekleidet in die Anfechtungsklage begegnen.

In dieser Klausurkonstellation wurde ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen und zwar entgegen der Zusicherung der Behörde eben dies nicht zu tun. Hier kann man sich deutlich von der Masse abheben, wenn eine präzise Prüfung vorgenommen und formuliert wird, worauf es ankommt. Die Rechtswidrigkeit des Bescheids kann einerseits aus der Zusicherung folgen. So ist der erlassene Bescheid i.S.d § 113 I 1 VwGO rechtswidrig, wenn sich die Behörde durch ihre Erklärung tatsächlich gebunden hat. Abzugrenzen ist die Zusicherung hier häufig vom bloßen Hinweis, dem es am Regelungscharakter mangelt. In den meisten Fällen wird sich die Behörde mit ihrer Erklärung nicht gebunden haben. Folglich ist mit der Prüfung eines Anspruchs aus den bekannten Ermächtigungsgrundlagen fortzufahren.

Möglich ist auch die konträre Situation. Dann müssen die Zulässigkeit und Begründetheit eines Anfechtungsrechtsbehelfs gegen die Aufhebung einer Zusicherung geprüft werden. Hier ist innerhalb der Begründetheitsprüfung der Anfechtungsklage an die subjektive Rechtsverletzung zu denken.

2.3. Feststellungsklage

Eher selten wird die Feststellungsklage – gerichtet auf die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 38 III VwVfG – in Klausuren abgeprüft.

3. Zweistufige Prüfung

Begegnet einem die Zusage im weiten Sinne in der Klausur, gilt es zunächst gedanklich zu klären, ob eine Zusage oder eine Zusicherung vorliegt. Sodann ist zweistufig vorzugehen:

3.1 – 1. Stufe: Auslegung (selbstverpflichtende Erklärung mit erkennbarem Bindungswillen?)

Es empfiehlt sich bei der Auslegung zunächst einen kleinen (!) Schwerpunkt zu setzen und zu erläutern, ob die behördliche Erklärung analog § 133 BGB nach ihrem auszulegenden Erklärungsinhalt überhaupt eine verbindliche Erklärung beinhaltet. Dabei ist die Zusicherung deutlich von einer lediglich unverbindlichen Auskunft abzugrenzen. Bei einer solchen handelt es sich nämlich um einen bloßen Realakt ohne Verpflichtung zu einem bestimmten Verhalten. Sehr häufig scheitert eine Zusage im weiteren Sinne innerhalb der Klausur bereits am Selbstbindungswillen der Behörde, was deutlich herauszuarbeiten ist.

So liegt etwa eine bloße Auskunft ohne verbindlichen Erklärungsinhalt vor, wenn die Behörde beispielhaft lediglich erklärt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben mit den baurechtlichen Bestimmungen im Einklang steht. Es handelt sich dann lediglich um eine informative Mitteilung über tatsächliche oder rechtliche Umstände.

Eine Zusicherung besteht ebenfalls nicht bei einem Bauvorbescheid, der über einen Teil des späteren Verwaltungsakts vorab entscheidet. Denn dieser trifft keine Disposition über die Zukunft, sondern handelt lediglich einen Teil im Voraus ab. So kann beispielsweise innerhalb eines Bauvorbescheids die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit vorweggenommen werden. Im Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) ist in § 9 BImSchG ein solcher Bauvorbescheid sogar gesetzlich vorgesehen.

3.2 – 2. Stufe: Wirksamkeit der Zusage im weiten Sinne

Sofern die Prüfung ergibt, dass eine selbstverpflichtende Erklärung mit Bindungswillen vorliegt, ist in der zweiten Stufe die Wirksamkeit der Zusicherung analog § 133 BGB zu prüfen. Gemäß § 38 II VwVfG gelten hierfür die Grundsätze für Verwaltungsakte in dem dort aufgeführten Umfang entsprechend.

3.2.1 Formelle Voraussetzungen der Bindungswirkung der Zusage im weiten Sinne

Formelle Anforderungen sind die Zuständigkeit (§ 38 I 1 VwVfG), das Verfahren (insbesondere die Beteiligung Dritter) und die Einhaltung der Schriftform (§ 38 I 1 VwVfG). Zudem darf die Zusage im weiten Sinne nicht nichtig sein, § 44 VwVfG. Die Rechtswidrigkeit schadet demgegenüber nicht, wie sich § 38 II VwVfG entnehmen lässt.

3.2.2 Entfall der Bindungswirkung der Zusage im weiten Sinne

3.2.2.1 Entfall der Bindungswirkung durch Rücknahme oder Widerruf der Zusage im weiten Sinne

Im Anschluss ist inzident zu prüfen, ob die Bindungswirkung nicht durch Rücknahme oder Widerruf (siehe dazu „Rücknahme und Widerruf in der verwaltungsrechtlichen Klausur“) entfallen ist. Dabei muss bei einer rechtswidrigen Zusicherung § 38 II VwVfG i.V.m. § 48 VwVfG, bei einer rechtmäßigen Zusicherung § 38 II VwVfG i.V.m. § 49 VwVfG zitiert werden. Hierfür gilt es inzident zu klären, ob die Zusage im weiteren Sinne rechtmäßig oder rechtswidrig war. Dabei orientiert man sich am besten daran, ob ein Verwaltungsakt des Inhalts der Zusage i.w.S. rechtmäßig oder rechtswidrig wäre. Die formellen Prüfungspunkte sind bekannt und erstrecken sich auf die Zuständigkeit, das Verfahren und die Form. Materiell zu prüfen sind die Zulässigkeit der Zusicherung, die Rechtmäßigkeit des zugesicherten Verwaltungsaktes und ggf. eine ordnungsgemäße Ermessensausübung, sofern die gesetzliche Grundlage Ermessen vorsieht.

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3.2.2.2 Entfall der Bindungswirkung der Zusage im weiten Sinne durch Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 38 III VwVfG

Neben der Rücknahme und dem Widerruf kann die Bindungswirkung durch Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 38 III VwVfG entfallen. Darin liegt der letzte Prüfungspunkt, sofern Anlass zur Prüfung besteht.

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