Aussagedelikte
Die Aussagedelikte im Überblick - einfacher Einstieg in die Thematik, Erläuterung der einzelnen Vorschriften mit Beispielen und Anmerkungen.
Dieser Beitrag bietet eine überblicksartige Zusammenfassung über die Aussagedelikte und soll dazu dienen, die einzelnen Vorschriften besser einordnen zu können. Zudem geht dieser Artikel kurz auf die Hintergründe von Aussagedelikten ein und kann dem Leser als eventuelle Argumentationshilfe in Klausuren nützen. Der Beitrag beschäftigt sich auch mit der erfahrungsgemäßen Prüfungsrelevanz der einzelnen Vorschriften. Um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen, sind die einzelnen Vorschriften lediglich überblicksartig dargestellt. Dadurch kann ein zunächst einfacher Einstieg in diese Thematik erfolgen.
A. Allgemeines über Aussagedelikte
Aussagedelikte dienen vor allem dem Schutz der staatlichen Rechtspflege. Insofern soll durch eine intakte und funktionierende Gerichtsbarkeit das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtspflege gestärkt werden. Des Weiteren gilt es zu beachten, dass es sich bei diesen Delikten um eigenhändige Delikte handelt. Dementsprechend ist eine mittelbare Täterschaft ausgeschlossen. Um eine solche Lücke zu schließen, hat der Gesetzgeber § 160 StGB (Verleitung zur Falschaussage) eingeführt.
Zudem sind Aussagedelikte auch Tätigkeitsdelikte und haben zur Folge, dass zur Tatbestandserfüllung kein Erfolg vorausgesetzt wird. Daher genügt die bloße Ausführung einer Handlung, um ein solches Delikt zu verwirklichen. Dementsprechend entfällt in diesem Zusammenhang die Prüfung einer Kausalität zwischen Handlung und Erfolg. Weiterhin sind Aussagedelikte verhaltensgebundene Delikte, womit nach herrschender Meinung die Figur der actio libera in causa nicht anwendbar ist. Letztlich sei erwähnt, dass Aussagedelitkte ebenfalls abstrakte Gefährdungsdelikte sind und es dabei unerheblich ist, ob sich eine etwaige Handlung tatsächlich auf die Wahrheitsfindung ausgewirkt hat.
B. Einordnung der einzelnen Vorschriften im Studium
C. Die einzelnen Aussagedelikte im Überblick
I. §§ 153, 154, 156 StGB
Die §§ 153, 154 und 156 StGB sind als äußerst relevant anzusehen. Diese drei Vorschriften stehen in einem engen Verhältnis zueinander. § 154 StGB (Meineid) ist die Qualifikation zu § 153 StGB (Falsche uneidliche Aussage), soweit es sich beim möglichen Täter um einen Zeugen oder Sachverständigen handelt. Ansonsten stellt § 154 StGB einen selbständigen Tatbestand dar. Bei den §§ 153, 154 StGB gilt es die Problematik, wann genau eine falsche Aussage vorliegt, unbedingt zu beherrschen. In diesem Zusammenhang steht die objektive Theorie als herrschende Meinung im Vordergrund, wobei in der Klausur ebenfalls auf die subjektive Theorie und die Pflichttheorie einzugehen ist.
§ 156 StGB (Falsche Versicherung an Eides Statt) stellt die dritte Grundform dar. Sie ist allerdings gegenüber dem Meineid als die schwächere Form anzusehen. Jedoch sollte man die Prüfungsrelevanz dieser Vorschrift nicht unterschätzen und sich auch mit dieser Norm genügend auseinander setzen. Bei § 156 StGB stellt sich ebenfalls die Frage der Falschheit in Bezug auf die abgegebene eidesstattliche Versicherung, womit die objektive Theorie ein weiteres Mal im Fokus steht.
Hier zu den Beiträgen: § 153 StGB, Falsche uneidliche Aussage – Schema; Meineid, § 154 Abs. 1 StGB – Schema; Die falsche Versicherung an Eides Statt, § 156 StGB
II. § 155 StGB (Eidesgleiche Bekräftigungen)
Diese Vorschrift dient der Ergänzung der §§ 154, 160, 163 StGB. § 155 StGB betrifft Fälle, in denen sich Personen weigern einen Eid zu leisten. Dies kann aus Glaubens- oder Gewissensgründen der Fall sein. § 155 Nr. 2 StGB kümmert sich um die Konstellation, in der sich auf einen bereits geleisteten Eid berufen wird. Hierbei gilt es zu beachten, dass der bloße Hinweis des Richters auf einen früheren Eid nicht ausreichend sein kann. An dieser Stelle sollte man folgende kleine Problemstellung kennen.
P: Der mögliche Täter beruft sich auf einen Eid, der allerdings schon verfahrensrechtlich nicht zulässig war.
- Eine Ansicht möchte trotzdem § 154, 155 Nr. 2 StGB anwenden.
- Eine andere Ansicht sieht in einem solchen Fall nur einen Versuch verwirklicht.
Kurze mögliche Stellungnahme: Man darf an dieser Stelle nicht außer Acht lassen, dass eigentlich eine verfahrensrechtliche Unanwendbarkeit von § 154 StGB besteht. Man kann nicht einfach ohne Weiteres über bestehende Gesetzesvorschriften hinwegschauen. Dementsprechend bliebe noch der Versuch. Hierbei kommt es aber darauf an, wie man einen Versuch infolge Irrtums über die Rechtslage vom straflosen Wahndelikt abgrenzt.
III. § 157 StGB (Aussagenotstand)
Diese Vorschrift sieht einen besonderen Strafmilderungsgrund vor. Damit soll ein möglicher, innerer Konflikt eines Zeugen oder Sachverständigen behandelt werden, wenn es beispielsweise auf Grund einer Angehörigeneigenschaft zu einer Falschaussage kommt, um den Täter zu schützen. § 157 StGB prüft man stets nach der Schuld. Erfasst sind nur Taten nach den §§ 153, 154 StGB.
IV. § 158 StGB (Berichtigung einer falschen Angabe)
Auch hierbei handelt es sich um einen besonderen Strafmilderungsgrund. Voraussetzung ist, dass der Täter eine falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. Weiterhin sind die Rücktrittsvorschriften neben § 158 StGB anwendbar. Auch § 158 StGB prüft man stets nach der Schuld.
Anmerkung: Die Vorschriften um §§ 157, 158 StGB sind im Beitrag zur Falschen uneidlichen Aussage im Detail erläutert. → § 153 StGB, Falsche uneidliche Aussage – Schema
V. § 159 StGB (Versuchte Anstiftung zur Falschaussage)
Diese Vorschrift führt zu einer Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 30 Abs. 1 StGB. Mit Einführung dieser Vorschrift, ist eine Bestrafung bezüglich der falschen uneidlichen Aussage und der falschen Versicherung an Eides Statt überhaupt möglich. Denn § 30 Abs. 1 StGB erfasst nur Verbrechen. Die versuchte Anstiftung zum Meineid ist problemlos durch § 30 StGB erfasst.
Achtung! Hierbei kann es zu Verwechslungen kommen. Diese Vorschrift behandelt stets die versuchte Anstiftung und nicht die Anstiftung zum Versuch!
Hier zum Beitrag: § 159 StGB, Versuchte Anstiftung zur Falschaussage
VI. § 160 StGB (Verleitung zur Falschaussage)
Aufgrund der Eigenhändigkeit von Aussagedelikten, kann keine klassische mittelbare Täterschaft nach § 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB Anwendung finden. Um diese Lücke zu schließen, hat der Gesetzgeber daher § 160 StGB eingeführt. Hierbei sind also diejenigen Fälle erfasst, in denen der Täter einen anderen zu einer der Taten nach § 153, § 154 oder § 156 StGB verleitet.
Hier zum Beitrag: § 160 StGB, Verleitung zur Falschaussage – Schema
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Hierbei geht es um die fahrlässige Begehung bestimmter Taten, nämlich den §§ 154 – 156 StGB. Der Täter muss die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lassen. Grundsätzlich gilt, dass die zu vernehmende Person versucht die Erinnerung ordnungsgemäß anzuspannen. Dabei sind auch eigene mögliche Fehlerquellen zu berücksichtigen.
Beispiele für fahrlässiges Handeln in diesem Zusammenhang:
- Täter verkennt die Unrichtigkeit seiner gemachten Angaben.
- Täter ist sich nicht über die genaue Reichweite seiner Wahrheitspflicht bewusst.
Wann allerdings in diesem Zusammenhang von Fahrlässigkeit auszugehen ist, hängt davon ab, welcher Sorgfaltspflicht der Zeuge unterliegt. Der Zeuge unterliegt beispielsweise bei einer bevorstehenden Vernehmung keiner Vorbereitungspflicht. Eine Ausnahme bilden jedoch sogenannte quasi-berufsmäßige Zeugen z.B. Polizeibeamte).
Wichtige Anmerkung
Möchte man vertiefteres Wissen bezüglich einzelner Voschriften erwerben, bietet Jura Individuell selbstverständlich auch Beiträge zu den relevantesten Vorschriften. In diesen Beiträgen sind detailierte Erläuterungen zu den einzelnen Normen für eine optimale Prüfungsvorbereitung zu finden.
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