Psychische Probleme im Jurastudium
Eine Übersicht über gängige psychische Probleme und Störungen, die aufgrund des lang andauernden Stresses im Jurastudium und im Examen auftreten können.
Das Jurastudium ist einer der härtesten Ausbildungsgänge überhaupt und verlangt den Studenten sehr viel ab. Ganz abgesehen von der riesigen Arbeitsleistung, den teils miserablen Studienbedingungen, dem schwierigen Anforderungsprofil und der in anderen Studiengängen geradezu indiskutablen Benotung lauern die Examina, die über Sein und Nichtsein entscheiden, erst ganz am Schluss, sodass eine langanhaltende psychische Dauerbelastung durch Stress, Erschöpfung und Angst als völlig normal angesehen werden kann. Leider kommt damit nicht jeder gut zurecht, sodass der Stress sich in vielerlei Problemen entlädt und durch die offenbar bewusst geschürte Prüfungsangst noch zusätzlich angefacht wird und bei manchen dieser Dauerstress zu psychischen Krankheiten führt. Das betrifft jedoch keineswegs nur Wackelkandidaten, die sich vor dem Durchfallen fürchten, sondern auch solche Studenten, die sich auf der Jagd nach immer besseren Noten zu viel abverlangen. Ich möchte auf einige der häufigsten Probleme eingehen und Hinweise zu ihrer Überwindung geben, die mir selbst weitergeholfen haben. Dies ist jedoch nur eine sehr oberflächliche Übersicht und erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder Wissenschaftlichkeit.
Schlafstörungen
Stress und Schlafstörungen treten sehr oft gemeinsam auf und wenn das Nervensystem keine nächtliche Erholungspause mehr bekommt, kann der Stress noch schlechter bewältigt werden. Die Störungen, die am Schlafen hindern können, sind dabei vielfältig. Bei einigen kommen beispielsweise tagsüber verdrängte Probleme im Moment der Muße an die Oberfläche und rauben einem die Ruhe, andere können ihre Gedanken nicht abstellen und grübeln beständig über dieses und jenes nach, wieder andere werden von Albträumen und Angstattacken aus dem Bett getrieben, sobald sie eingeschlafen sind.
Es gibt Mittel und Wege, sich solcher Probleme zu erwehren. Manche sind präventiver Natur, andere dienen hingegen der Bekämpfung akuter Schlaflosigkeit. Zur chemischen Keule sollte man besser nur im Ausnahmefall greifen, da sie unterliegende Schwierigkeiten nicht beseitigen kann – aber wenn man nur die Wahl zwischen pharmazeutischem und gar keinem Schlaf hat, fällt die Entscheidung schon leichter.
Präventive Maßnahmen
Vermehrtes Auftreten von Schlaflosigkeit lässt sich mitunter recht einfach bekämpfen. Eine mögliche Maßnahme ist es z.B., ab einem bestimmten Zeitpunkt, etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen, keine anspruchsvollen geistigen Aufgaben mehr anzugehen – egal ob Freizeitvergnügen oder Arbeit. Das gibt dem Geist mehr Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen und sich nicht an Problemen festzufressen. Eine weitere Maßnahme ist ausreichend Bewegung, um zur Müdigkeit des Geistes auch die des Körpers treten zu lassen. Und da Bewegung der Gesundheit auch sonst förderlich ist und den Geist entspannen hilft, ist sie gleich in mehrfacher Hinsicht zu empfehlen. Des Weiteren hilft es, nicht mit leerem oder zu vollem Bauch ins Bett zu gehen und vor dem Einschlafen noch etwas Entspannendes zu tun. Auf jeden Fall muss die Schlafgelegenheit bequem sein. Manchmal helfen kleine Einschlafrituale dabei, sich vom Lärm der Welt zu distanzieren und Ruhe zu finden.
Bekämpfen akuter Schlaflosigkeit
Tritt der Fall dennoch ein, dass der Schlaf nicht kommen will oder kann, gibt es ebenfalls einfache Gegenmaßnahmen. In der Regel hilft es nicht, einfach stur liegenzubleiben und auf Biegen und Brechen auf den Schlaf zu warten. Stattdessen sollte man lieber aufstehen oder zumindest einen anderen Ort wie den Sessel oder das Sofa aufsuchen. Dort sollte man dann etwas tun; was genau, ist relativ egal. Ob nun Fernsehen, Lesen, Musik hören, im Internet surfen, abwaschen – alles ist zweckdienlich, um den Geist abzulenken und womöglich für weitere Ermüdung zu sorgen. Wer unter Zwangsgrübeln oder Angstattacken leidet, dem können Verdrängungsstrategien, wie sie auch zur Behandlung von Zwangsstörungen Verwendung finden, dabei helfen, die unerwünschten Endlosschleifen der Gedanken aus dem Gleis zu werfen: löst Kopfrechenaufgaben, sagt euch Gedichte auf, bildet Assoziationsketten mit dem Alphabet o.ä.: alles, was den Kopf anstrengt und die anderen Gedanken zu verdrängen hilft, ist geeignet. Will der Schlaf des Nachts partout nicht kommen, kann man sich am Tag zum Ausgleich etwas hinlegen, sollte aber nach Möglichkeit nicht den Tag zur Nacht machen, da sonst der ganze Tagesrhythmus durcheinander geraten könnte. Die bessere Alternative ist meistens, sich irgendwie durch den Tag zu kämpfen und darauf zu setzen, dass die Erschöpfung irgendwann ihr Werk tut und die folgende Nacht erholsamer macht.
Bei hartnäckigen Schlafstörungen empfiehlt sich der Gang zum Arzt. Ein ausreichendes Maß an Schlaf ist sehr wichtig und permanenter Schlafmangel macht die Psyche bereits nach kurzer Zeit in hohem Maße verwundbar, was bei einem Ausbildungsgang wie Jura keinesfalls einfach hingenommen werden darf.
Sozialer Rückzug und Einsamkeit
Wer ein so enormes Arbeitspensum zu bewältigen hat wie ein angehender Jurist, muss zeitweise die Einsamkeit suchen. Insbesondere Wackelkandidaten neigen dazu, sich noch tiefer als andere in Arbeit zu vergraben, um ihre Defizite ausgleichen zu können. Das hat jedoch auch seine Tücken, denn wer es damit zu weit treibt, riskiert zu vereinsamen und tut sich und seinen Aussichten auf ein bestandenes Examen damit meist keinen Gefallen.
Gerade bei den bereits erwähnten Wackelkandidaten kann eine Kettenreaktion in Gang kommen. Dieser liegt folgende Logik zugrunde: Aufgrund schlechter Noten muss mehr gearbeitet werden und das erfordert mehr Zeit, sodass man kaum mehr vor die Tür kommt. Mehr Arbeit und weniger Umgang mit anderen Menschen bedeuten aber auch mehr Stress, was wiederum dazu führen kann, dass die Arbeitsmoral und die Psyche Schaden nehmen und die Noten nicht besser oder sogar noch schlechter werden. Gemäß der beschriebenen Logik hagelt es dann eben noch mehr Arbeit und noch weniger Auslauf, usw. ad infinitum.
Ein gesunder Geist ist jedoch in aller Regel auf ein Mindestmaß an Umgang mit anderen Menschen angewiesen, denn der Mensch ist nunmal ein soziales Lebewesen. Mit Online-Begegnungen ist es dabei meist nicht getan, denn diese sind bestenfalls ein schwacher Ersatz. Viel wichtiger ist es, mit echten Menschen, die einem etwas bedeuten, etwas zu erleben, um sich nicht in einem selbstgesponnenen Kokon aus Einsamkeit und schlechtem Gewissen zu verlieren, ohne dass dies der Arbeitsleistung und den Noten zugutekäme; eher ist das Gegenteil der Fall.
Was tut man dagegen? Sehr einfach: raus aus der Bude und etwas erleben, aus sich herausgehen und auch mal einen draufmachen. Alles, was Spaß macht, einen unter Leute bringt, legal ist und nicht zu viel Zeit kostet, ist auch erlaubt. Von allzu weitgehenden Exzessen, insbesondere zusammen mit Alkohol, sollte man jedoch tunlichst die Finger lassen: die Gehirnzellen braucht man später noch, und mit Alkoholismus ist ebenfalls nicht zu spaßen. Davon soll später noch die Rede sein.
Ruhelosigkeit
Ein gängiges Problem, das gern gemeinsam mit sozialem Rückzug, Schlafstörungen und Stress einhergeht, ist Ruhelosigkeit. Wer viel zu tun hat und von knappen Terminen und Ängsten geplagt wird, versucht dies oft durch hektische Betriebsamkeit und immer mehr Arbeit zu kompensieren. Das kann allerdings dazu führen, dass sich dieser ständige Alarmzustand irgendwann verselbstständigt und es zunehmend schwerer fällt, überhaupt noch Ruhe zu finden. Die entsprechenden Gedanken graben sich einem schnell fließenden Fluß gleich ein tiefes Bett, aus dem sie nicht mehr so leicht verdrängt werden können. Typischerweise fällt es dann schwer, die aufgewühlten Gedanken zur Ruhe zu bringen und an etwas anderes zu denken als an Probleme jeder Art, schlechte Noten und Gewissensbisse, die einen daran hindern, Entspannung, Freude oder gar Schlaf zu finden. Der ständige Zustand des Aufgedrehtseins wird womöglich zum Selbstzweck und man wagt gar nicht mehr, sich nicht zwanghaft mit irgendetwas zu beschäftigen, da man – nicht ganz zu Unrecht – fürchtet, dann in ein tiefes Loch zu fallen. Dieses Loch gibt es tatsächlich, jedoch besteht es nicht aus den Schrecken des Nichtstuns und seinen Folgen, sondern aus dem Gefühl der Leere, dass mit dem plötzlichen Bruch mit der eingerissenen, suchtartigen Verhaltensweise einhergeht, eine Art horror vacui. Einen temporären Ausweg bietet lediglich das Vermeidungsverhalten, das den Tatendrang und die Gewissensbisse zeitweise zu betäuben hilft, aber kaum zur Behebung von Erschöpfung und Müdigkeit beitragen kann.
Das überlastete Nervensystem reagiert auf die Überlastung mit Stresssymptomen, welche die Effizienz und Leistungsfähigkeit herabsetzen. Doch da man keine Memme sein will und dringend weitermachen muss, steuern viele einfach durch und verschlimmern die Sache damit zusätzlich. Der beständige Spannungs- und Stresszustand kann sich bis zum Bruchpunkt zuspitzen, wenn nachhaltige psychische Erschöpfung und völlige Überforderung ihren Tribut fordern und zum Zusammenbruch führen.
Soweit darf man es nicht kommen lassen. Zwar sind Karriere und Studium sehr wichtig, doch lohnt es sich nicht, psychische Erkrankungen und die damit einhergehenden Probleme, die das eigene Seelenleben in einer Abfolge persönlicher Höllenritte verwandeln können, zu riskieren. Viel besser ist es, gar nicht erst so weit zu gehen und sich im Zweifel auch mal gegen die Arbeit und für die Erholung zu entscheiden. Ohne eine halbwegs intakte Psyche ist der Gang in die Prüfungen und ins Berufsleben ohnehin wenig aussichtsreich, weshalb man diese Investitionen in sein eigenes Wohlbefinden durchaus auch vor sich selbst und anderen rechtfertigen kann.
Die zwanghafte Beschäftigung mit Problemen oder der Arbeit sowie die Unfähigkeit, zur Ruhe zu kommen, lassen sich mit dem oben beschriebenen Verdrängungstechniken ausbremsen, mit deren Hilfe man die kreisenden Gedanken aus dem Gleis werfen und leichter zur Ruhe kommen kann. Wichtig ist allerdings auch, dass man dies nutzt, um sich beruhigen zu können und danach nicht sofort in das Muster zurückzufallen.
Eine weitere Möglichkeit ist das Festlegen eines Zeitpunkts, ab dem man sich nicht mehr mit Problemen befasst – irgendwann muss auch Schluss sein mit Sorgen, Nöten und Problemen, um dem Geist Gelegenheit zur Erholung zu geben. Nach diesem Zeitpunkt wird nichts Anstrengendes mehr getan, nichts mehr rasch nachgesehen oder schnell zusammengestellt, weder für die Arbeit noch für das Studium – oder gar die Freizeit. Beim Surfen im Internet bleibt man dann gerne irgendwo hängen und saugt mehr und mehr Informationen in sich hinein und dann ist es wieder nichts mit der Ruhe. Am besten sollte man lesen oder fernsehen, aber keine Dokumentationen, Reportagen oder Nachrichten, sondern lieber Geschichten jeder Art, ob nun Film, Serie oder Buch. Alles, was von der Realität und ihren drängenden Schwierigkeiten ablenkt, ist gestattet. Das schafft mehr Distanz und erleichtert es, zum Ende des Tages herunterzukommen.
Auch Sport und Bewegung eignen sich gut dazu, die Gedanken aus ihren festgefahrenen Bahnen zu werfen. Für solche Zwecke sind abwechslungsreiche und gesellige Sportarten vorzugswürdig, da bei einsamen und monotonen Abläufen die Gedanken wieder mehr Gelegenheit haben, in ihr altes Muster zurückzufallen.
Ständige Anspannung und Verdauungsstörungen
Stress löst eine Reihe von Reaktionen aus, die dem frühen Menschen das Überleben in Grenzsituationen erleichtern sollten. Dazu gehört auch eine Unterfunktion des Verdauungssystems, das beim Kampf des Urmenschen mit dem so gern bemühten Säbelzahntiger nicht benötigt wurde und daher schwächer mit Blut versorgt wird, weswegen diese Muskulatur sich weniger bewegt. Der Überlebensmechanismus aus grauer Vorzeit sah jedoch keine jahrelangen, psychischen Dauerbelastungen vom Kaliber bevorstehender Examensprüfungen vor und wenn der Stress sich zum Dauerzustand verfestigt, der keinen besonderen Auslöser mehr bedarf, kann das zu erheblichen Verdauungsproblemen führen. Die unterversorgte Verdauung ist empfindlich und kann die ihr zugewiesene Aufgabe nicht mehr so gut erfüllen. Außerdem ist sie anfälliger für Entzündungen und andere Störungen. Dementsprechend führt Dauerstress oft zu Verdauungsproblemen: von der Gastritis über ständige Übelkeit, Durchfall und Erbrechen bis hin zu ausgewachsenen Essstörungen. Letztere haben aber meist nichts mit Zwangsstörungen (s.u.) zu tun, sondern entstehen, weil man vor lauter Nervosität und Übelkeit nichts mehr herunterbringt.
In die gleiche Kategorie fällt ständige Muskelanspannung, die in Kampf- und Fluchtsituationen ebenfalls von Vorteil sein kann. Die Muskeln sind stärker durchblutet und auf dem Sprung, um rascher reagieren zu können. Besonders der Bauch verspannt sich oft, da das Verdauungssystem ohnehin mit reduzierter Leistung arbeitet und man so besser auf Treffer in diese empfindliche Region vorbereitet ist. Bei Dauerbelastung kann sich auch dieser ursprüngliche Überlebensmechanismus gegen einen wenden, zu schmerzhaften Verkrampfungen führen und eine Entspannung verhindern.
Wieder einmal gilt es, Körper und Geist aus den tief eingegrabenen Pfaden zu werfen und mit etwas völlig anderem abzulenken. Sport und Bewegung, Ablenkung und Geselligkeit sind wertvolle Hilfen, die durch Entspannungs- und Verdrängungstechniken ergänzt werden können. Wird es zu unangenehm, sollte man sich professionelle Hilfe suchen.
Suchtproblematiken
Da Jura ein stressiges und anstrengendes Geschäft ist, greifen nicht wenige Juristen zu verschiedenen Substanzen, um sich besser entspannen zu können oder mehr Leistung zu erbringen. Die überquellenden Aschenbecher in Gerichtsgebäuden sprechen eine deutliche Sprache, und sowohl Kokain wie auch das eigentlich zur Behandlung von ADS vorgesehene, etwas schwächere Ritalin, das ähnlich leistungssteigernd wirkt, sind beliebte Aufputschmittel und Leistungsdrogen. Insbesondere Kokain wirkt sich mit der Zeit verheerend auf das Nervensystem aus. Zur Illustration halte man sich beispielsweise den Werdegang eifriger Konsumenten wie Charlie Sheen vor Augen. Marihuana steigt zwar allmählich zur weithin gesellschaftlich akzeptierten Entspannungsdroge auf, birgt allerdings ebenfalls einige Risiken. Allzu regelmäßiger Konsum hat nachteilige Auswirkungen auf das ganze zentrale Nervensystem und es besteht die Möglichkeit von Flashbacks und anderen Wirkungen, die Marihuana insbesondere im Straßenverkehr zum unberechenbaren Risiko machen. Noch schlimmer sind Extasy und vergleichbare sogenannte Partydrogen, deren Wirkungen auf das zentrale Nervensystem geradezu verheerend sein können. Zu katastrophal wirkenden Drogen wie Heroin, Amphetaminen oder Chrystal Meth brauchen wir hier vermutlich kein Wort zu verlieren… bloß Finger weg von dem Zeug.
In den letzten Jahren hat gerade der Missbrauch von Alkohol erheblich zugenommen. Dank seiner entspannenden und enthemmenden Wirkung eignet er sich ziemlich gut dazu, sich scheinbar von allem zu lösen und den Geist auf Urlaub zu schicken. Jedoch kann Alkohol trotz seiner gesellschaftlichen Akzeptanz und weiten Verbreitung auch zu erheblichen Problemen führen. Ganz abgesehen von möglichen Alkoholvergiftungen, dem Massensterben von Gehirnzellen bei jedem Rausch und Gefahren für den Straßenverkehr ist das Suchtpotential nicht zu unterschätzen, sodass auch hier zur Vorsicht geraten wird. Alkoholismus ist nicht ohne Grund seit Jahrhunderten eine Volkskrankheit.
Die Gefahren der Drogensucht in jeder Form sind allgemein bekannt. Jedoch geht die Problematik von Abhängigkeiten weit über den bloßen Missbrauch von Drogen hinaus, sondern erstreckt sich auf fast alle denkbaren Betätigungen. Neben dem physischen Suchtpotential vieler Drogen ist das psychische Suchtpotential von Tätigkeiten wie Wetten platzieren ebenfalls nicht zu unterschätzen. Hier entsteht die Abhängigkeit eher durch endogene Prozesse, die den Verstand abhängig von der Reizung des Belohnungszentrums im Gehirn durch die suchtbesetzte Tätigkeit machen. Ganz vorn in der Reihe dieser Tätigkeiten steht z.B. Spielsucht. Beinahe jedes exzessiv betriebene Verhalten kann Suchtpotential entfalten.
Zwangs- und Essstörungen
Starker Stress, Angst und Depressionen können sich auch in Zwangsstörungen äußern. Die Genese und die Erscheinungsformen solcher Störungen sind ungeheuer vielfältig, jedoch haben sie meist etwas mit dem sogenannten magischen Denken zu tun, nach dessen Logik das Ausführen einer Handlung oder das Denken eines Gedankens verhindert, dass unerwünschte Ereignisse oder Gedanken eintreten. Das kann sich dann verselbstständigen und der Kontrolle des Betroffenen völlig entgleiten. Als Beispiel kann hier der Fernsehdetektiv Adrian Monk dienen, der unentwegt von einer Vielzahl solcher und anderer psychischer Störungen geplagt wird.
Der Zwangsstörungen ähnlich, aber von anderer Natur, sind Essstörungen wie Magersucht und Bulimie, bei denen die Gedanken des Betroffenen stets zwanghaft um das Thema Essen kreisen. Beide Probleme können aufgrund der sehr komplexen Problematik und Symptomatik hier nur kurz angerissen werden. Ersteres kombiniert eine gestörte Selbstwahrnehmung und zwanghaftes Abnehmen sowie eine ebenso zwanghafte Kontrolle des eigenen Körpergewichts, letzteres stellt eine Kombination aus Heißhungerattacken und Handlungen zur Vermeidung einer Gewichtszunahme dar, sprich Erbrechen, Abführen, Extremdiäten usw. Zwangs- und Essstörungen bedürfen auf jeden Fall einer ärztlichen Behandlung, da nicht nur ihre Symptome äußerst störend wirken können, sondern auch stets auf tiefsitzende Probleme hindeuten, die behoben oder wenigstens gelindert werden sollten.
Angststörungen und Depressionen
Über Prüfungsangst wurde auf dieser Seite schon öfters geschrieben. Die Furcht vor Prüfungen und Prüfungssituationen ist mehr oder weniger normal, jedoch kann sie sich bei längerer Fortdauer und starkem Stress zu einer psychischen Störung auswachsen: der Angststörung. Diese spielt auch aufgrund der wohl absichtlich geschürten Prüfungsangst und der speziellen Bedingungen des Jurastudiums in diesem Ausbildungsgang eine bedeutsamere Rolle als in anderen Studiengängen.
Angst ist ein wichtiger Überlebensmechanismus und ein starkes Gefühl. Sie kann sich aber auch verselbständigen oder immer weiter wachsen, sodass sie fast ständig empfunden wird, unangemessen intensiv ist oder auch ohne konkreten Anlass wie aus heiterem Himmel über den Betroffenen herfällt. Die Ängste können dabei alle möglichen Auslöser haben und verschieden wirken. Oft halten sie fast ständig an und überdecken beinahe alle anderen Gefühle. Manche Angststörungen haben einen fest definierten Kern, andere dagegen erstrecken sich unspezifisch auf alle Lebensumstände. Eine andere Ausformung ist die Panikstörung, bei der sich die aufgestaute Angst in Panikattacken entlädt, die meist ohne ersichtlichen äußeren Grund auftreten. Derartige Störungen treffen oft zusammen mit Depressionen auf; eine sehr unheilvolle Kombination. Eine weitere Auswirkung kann sein, dass Angst nicht nur andere Emotionen dämpft und überdeckt, sondern auch Gefühle wie Hunger, Durst, Müdigkeit und Erschöpfung. Wenn Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Schlafen und Erholung deshalb nicht mehr befriedigt werden und das nicht einmal bemerkt wird, treibt das den psychischen Druck nur noch mehr in die Höhe und verschärft das Problem.
Angststörungen müssen behandelt werden. Es darf nicht hingenommen werden, dass die Angst das gesamte Leben beherrscht und den Betroffenen langsam aber sicher auffrisst. Außerdem droht die ohnehin bereits vorhandene und gewollte Prüfungsangst durch sie schier unerträglich zu werden, sodass das Bestehen der Prüfung ganz abgesehen von den erheblichen Behinderungen bei der Vorbereitung auch durch die lähmende Angst behindert zu werden droht.
Kurzzeitige Maßnahmen zur Linderung von Dauerängsten und Panikattacken liegen im Verdrängen von Zwangsgedanken durch die beschriebenen Übungen wie Kopfrechnen etc. Außerdem kann man der Furcht auch Ortsveränderungen und angenehmere Tätigkeiten entgegensetzen. Hat sich die Angststörung jedoch schon zu weit entwickelt, bringen diese Maßnahmen allein oft nicht mehr weiter und man sollte sich dringend in Behandlung begeben.
Auch Depressionen sind ein regelmäßig anzutreffendes Phänomen bei starkem Stress. Die ständige Belastung, wiederholte Rückschläge oder die Furcht vor schlechten Noten oder dem Durchfallen sorgen dafür, dass negative Gefühle und wenig hilfreiche Gedankengänge sich verselbstständigen können und die Stimmung beständig in den Keller drücken. Mit fortschreitender Dauer fällt es immer schwerer, die Gedanken aus dem Dauertief herauszulösen und man verliert jede Antriebskraft. Das bei Depressionen herrschende ständige Gefühl hat Joanne K. Rowling in ihrer Harry Potter-Reihe sehr treffend geschildert – das Gefühl, das Menschen befällt, wenn ein Dementor sich nähert: als ob man niemals wieder Freude empfinden könnte. Vermutlich wusste sie, wovon sie sprach, denn genau so fühlt es sich an.
Zwar macht fast jeder irgendwann eine depressive Episode durch, doch sollte dieser Zustand gerade nicht auf die leichte Schulter genommen werden, wenn dieser sich verfestigt und verschlimmert. Auch hier ist dringend der Gang zum Arzt angeraten. Depressionen erschweren nicht nur das Lernen und Arbeiten, sondern schmälern die Aussichten im Examen enorm.
Zu guter Letzt
Die möglichen Auswirkungen von Langzeitstress und Prüfungsangst lesen sich fürchterlich. Doch da ich einiges davon am eigenen Leibe erfahren musste, kann ich nur sagen, dass sie sich noch viel schlimmer anfühlen, sobald man sie sich eingefangen hat. Es hat jedoch keinen Sinn, deshalb in Panik zu verfallen. Stattdessen gilt es, sich dem Stress und der Furcht zwischenzeitlich immer wieder zu entziehen und sie zu bekämpfen, Rückhalt zu finden und die Psyche intakt zu halten, sodass man möglichst unbeschädigt an die Arbeit und ins Examen gehen kann.
Doch so schlimm sich das alles auch liest und etwas nach Panikmache klingt: ich halte die Warnung dennoch für wichtig, da Juristen mit ihrer oft so miserabel gemanagten Ausbildung und dem extremen Stresspotential gegenüber solchen Problemen anfälliger sind als andere Studenten. Wer Bescheid weiß, kann hoffen, sie zu vermeiden – und kann sich helfen und helfen lassen, falls sie ihn ereilen.
Auf jeden Fall sollte man den Ball flach halten, sich nicht zuviel abverlangen oder sich verrückt machen. Je entspannter ihr mit all dem Stress und den Problemen umgehen könnt, desto besser.
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