Strafrecht AT Basics Aufbau Erlaubnistatbestandsirrtum
Aufbau Erlaubnistatbestandsirrtum, Prüfung und Aufbau in der StGB-Klausur, Strafbarkeit, Tatbestandsmäßigkeit, Tatbestand subjektiv und objektiv, Vorsatz
Dieser Beitrag soll zeigen, wie man den Erlaubnistatbestandsirrtum in einer kurzen Fassung in einer Klausur aufbaut. Aus diesem Grund wurde auf die ausführliche Darstellung von Meinungsstreitigkeiten verzichtet.
Fall
A kommt von einer Party nach Hause. Mitbewohner B hält ihn für einen Einbrecher. B schlägt ihn mit der Faust bewusstlos. Danach erkennt er seinen Mitbewohner am Boden liegen. Dass es sich um seinen Mitbewohner handelt, hätte B feststellen können. Strafbarkeit des B ?
Lösung
Strafbarkeit des B nach § 223 I StGB
I. Tatbestandsmäßigkeit
Körperliche Misshandlung durch bewusstlos schlagen des A durch B
B hatte Vorsatz in Bezug auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale
II. Rechtswidrigkeit
Die Voraussetzungen des § 32 I StGB liegen nicht vor, da es objektiv an einem „Angriff“ durch A fehlt.
III. Schuld
Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass B dachte, es läge ein Angriff vor.
Hier handelt es sich um einen Irrtum über das Vorliegen eines Merkmales eines Rechtfertigungsgrundes. Diesen Irrtum nennt man Erlaubnistatbestandsirrtum. Die rechtlichen Auswirkungen eines solchen Irrtums sind im Gesetz nicht geregelt.
- Bevor die rechtlichen Auswirkungen dieses Irrtums geklärt werden können, müsste der von B vorgestellte Sachverhalt tatsächlich von § 32 I StGB gerechtfertigt sein. Wenn es sich bei A tatsächlich, wie von B vorgestellt, um einen Einbrecher gehandelt hätte, so würde es sich um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff handeln, wobei die von B vorgenommene Verteidigungshandlung erforderlich gewesen wäre. Damit wäre die von B vorgestellte Handlung nach § 32 I StGB gerechtfertigt gewesen.
- Damit handelt es sich bei dem Irrtum des B um einen beachtlichen Erlaubnistatbestandsirrtum. Im Folgenden ist nun zu klären, welche rechtlichen Auswirkungen ein solcher Irrtum hat.
a.) Einerseits kann dieser Irrtum nach § 17 I StGB zu einem Ausschluss des Unrechtsbewusstseins führen, wenn er unvermeidbar war.
b.) Andererseits kann er unter analoger Anwendung des § 16 I StGB zu einem Ausschluss der Vorsatzschuld führen.
c.) Würde man den Erlaubnistatbestandsirrtum nach § 17 I StGB behandeln, so würde die Schuld des B nicht entfallen, da er für B vermeidbar war. Würde man auf den Irrtum des B den § 16 I StGB analog anwenden, dann hätte er ohne Vorsatzschuld und damit schuldlos gehandelt. Da beide Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist der Streit an dieser Stelle zu entscheiden. Für die analoge Anwendung des § 16 I StGB spricht, dass die objektiven Vorraussetzungen von Rechtfertigungsgründen mit den objektiven Tatbestandsmerkmalen von Straftatbeständen vergleichbar sind. Ein Irrtum über die objektiven Voraussetzungen von Rechtfertigungsgründen ist mit einem Irrtum über die Tatbestands-merkmale eines Straftatbestandes vergleichbar. Aus diesem Grund ist § 16 I StGB analog auf den Erlaubnistatbestandsirrtum anzuwenden. Mithin kommt es vorliegend nicht auf die Vermeidbarkeit des Irrtums durch B an. B hat unter analoger Anwendung des § 16 I StGB ohne Vorsatzschuld und damit schuldlos gehandelt. B hat sich nicht nach § 223 I StGB strafbar gemacht.
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