Beteiligung an einer Schlägerei – § 231 StGB

Dieser Beitrag soll einen einfachen Einstieg hinsichtlich der Vorschrift der Beteiligung an einer Schlägerei bieten, ohne auf die Erläuterung wesentlicher Grundsätze verzichten zu müssen.

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht
Ø Lesezeit 8 Minuten
Foto: Anastase Maragos/unsplash.com

Daher bietet dieser Text zunächst ein Prüfungsschema zur Norm der Beteiligung an einer Schlägerei mit Erläuterungen zu jedem einzelnen Tatbestandsmerkmal und Wiederholungsfragen. Zur Abrundung der Thematik folgt sodann eine Checkliste im Schnellüberblick, um abschließend kurz und prägnant die wesentlichen Inhalte dieser Vorschrift aufzulisten

A. Allgemeines

Die Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 StGB stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar. Demnach soll der besonderen Gefahr, die sich aus physischen Auseinandersetzungen mehrerer Personen ergibt, Rechnung getragen werden. In diesem Zusammenhang reicht es für eine Bestrafung nach dieser Vorschrift aus, wenn es im Zuge der Beteiligung an einer Schlägerei zum Eintritt einer schweren Folge (Tod eines Menschen beziehungsweise schwere Körperverletzung) kommt.

B. Prüfungsschema – Beteiligung an einer Schlägerei – § 231 StGB

A. Tatbestand

I. Objektive Tatbestand

1. Beteiligung an einer Schlägerei
2. Beteiligung an einem von mehreren verübten Angriff

II. Subjektive Tatbestand

Täter handelt mit Wissen und Wollen. Dolus eventualis ist ausreichend.

B. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

Durch Schlägerei oder Angriff verursachter Tod / verursachte schwere Körperverletzung, § 226 StGB

C. Rechtswidrigkeit

D. Schuld

C. Prüfung – Beteiligung an einer Schlägerei § 231 StGB – im Detail

A. Tatbestand

I. Objektive Tatbestand

1. Beteiligung an einer Schlägerei

Fraglich ist, was unter der Beteiligung an einer Schlägerei zu verstehen ist.

Hierbei muss es sich um eine Auseinandersetzung zwischen mindestens drei Personen handeln. In Zuge dieser Auseinandersetzung fügen sich diese Personen gegenseitig Körperverletzungen (§ 223 StGB) zu. Befinden sich zwei Personen in einer kämpferischen Situation und ein Dritter tritt in der Art hinzu, dass dieser den Kampf lediglich anfeuert, ist keine Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 StGB gegeben.

★ Wichtiger Hinweis

Sollte ein Beteiligter lediglich aus Notwehr oder Nothilfe handeln, gilt der Tatbestand trotzdem als erfüllt. Dies gilt auch für den schuldlos Agierenden. Im Gegensatz dazu handelt jemand gerade nicht tatbestandlich, wenn er sich lediglich passiv verhält (beispielsweise Schutzwehr).

2. Beteiligung an einem von mehreren verübten Angriff

Ferner könnte der Tatbestand dadurch erfüllt sein, indem mehrere einen Angriff verübt haben. Diese Variante liegt dann vor, wenn mindestens zwei Personen in einer feindseligen Willensrichtung auf den Körper eines Dritten einwirken. Allerdings ist in diesem Zusammenhang kein mittäterschaftliches Agieren notwendig.

★ Wichtiger Hinweis

Allerdings müssen doch zumindest ein paar wenige, einheitliche Elemente gegeben sein. So sollen die Angreifer eine gewisse Einheitlichkeit bezüglich Angriffs, Angriffsgegenstand und Angriffswillen vorweisen. Zudem gilt es noch zu beachten, dass hinsichtlich dieser Tatbestandsvariante auch die schlichte Verfolgung des Opfers als ausreichend angesehen werden kann.

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  1. Wichtig: In Klausur unterscheiden zwischen Schlägerei und an einem von mehreren verübten Angriff

  2. Merke: Bei an einem von mehreren verübten Angriff: bloße Verfolgung des Opfers kann ausreichend sein: daher zunächst keine Körperverletzung notwendig = Unterschied zur Schlägerei

  3. Merke: Keine mittäterschaftliche Begehungsweise notwendig

II. Subjektive Tatbestand

Der Täter muss mit Wissen und Wollen bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale gehandelt haben. Dolus eventualis ist ausreichend. An dieser Stelle gilt es noch zu beachten, dass der Täter keine subjektive Verbindung hinsichtlich der schweren Folge aufweisen muss und es sich lediglich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit handelt (h.M).

B. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

Durch Schlägerei oder Angriff verursachter Tod / durch Schlägerei od. Angriff verursachte schwere Körperverletzung, § 226 StGB

I. Gefahrzusammenhang

Hierbei gilt es zu überprüfen, ob ein spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Schlägerei oder Angriff und der schweren Folge gegeben ist.

Daher muss sich die einhergehende Gefährlichkeit der Schlägerei -beziehungsweise des Angriffes – in der schweren Folge bemerkbar machen.

Würde demnach ein unbeteiligter Beobachter einer Schlägerei, wegen extremer Aufregung einen Herzinfarkt erleiden und daran versterben, könne ein diesbezüglicher Gefahrzusammenhang nicht bejaht werden.

II. Problem: Beteiligungszeitpunkt

Ferner stellt sich die Frage, welcher Zeitpunkt für eine Beteiligung ausschlaggebend ist.

Ansicht 1:

Einer Ansicht nach, spielt für das Bejahen einer Beteiligung, der Zeitpunkt des Tätereinschreitens keinerlei Bedeutung, sodass der Tatbestand auch dann erfüllt sei, wenn der Täter erst nach Verursachung der schweren Folge ins Geschehen eingegriffen hat.

Ansicht 2:

Andere wollen dagegen eine Strafbarkeit gemäß § 231 StGB verneinen, soweit der Täter erst nach Verursachung der schweren Folge eingeschritten ist.

Mögliche Stellungnahme: Wenn man bedenkt, dass § 231 StGB gerade die besondere Gefahr, welche sich aus einer Beteiligung an einer Schlägerei ergeben kann, bestrafen möchte, so dürfe § 231 StGB nicht erfüllt sein, wenn schon der Gefahrzusammenhang zwischen Schlägerei und schweren Folge fehlt. Dieser Zusammenhang würde demnach fehlen, wenn der Täter erst nach Eintritt der schweren Folge hinzutritt.

★ Wichtiger Hinweis

Da im Strafrecht der Grundsatz in „dubio pro reo“ ein gewichtiges Argument darstellt, gilt der Täter sodann freizusprechen, wenn der Zeitpunkt seines Einschreitens völlig unklar ist. Allerdings soll es für eine Beteiligung ausreichend sein, wenn der Täter noch vor Eintritt der schweren Folge vom Geschehen Abstand genommen hat.

★ Noch wichtigerer Hinweis

Zu der oben dargestellten, möglichen Stellungnahme, lässt sich durchaus auch anderes vertreten. Schließlich spricht für die erste Ansicht, dass durch den Straftatbestand des § 231 StGB gerade der Unübersichtlichkeit einer einhergehenden Schlägerei Rechnung getragen werden soll und daher – um Beweisschwierigkeiten aus dem Weg gehen zu können – der Eintrittszeitpunkt keine Rolle spielen kann.

Jura Individuell Hilfestellung: Wie man sich letztlich entscheidet, sollte nicht von Belang sein, wenn man all diese Gedankenvarianten anspricht und nachvollziehbar dazu Stellung bezieht. Wichtig ist immer, dass problematische Konstellationen hinreichend ausführlich dargestellt werden.

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  1. Problemschwerpunkt = oftmals der Beteiligungszeitpunkt

  2. Wichtig: verschiedene Ansichten sollten dann ausführlich dargestellt sein

  3. Stellungnahme: wichtig – Die vorher dargestellten Ansichten ausführlich beleuchten und bei Entscheidung nachvollziehbar argumentieren

C. Rechtswidrigkeit

Hierbei sind die allgemeinen Grundsätze anzuwenden. Dies ergibt sich auch aus § 231 Abs. 2 StGB. Dort heißt es: „wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist.“ Durch diese Formulierung soll lediglich darauf hingewiesen werden, dass Rechtfertigungsgründe durchaus zum Tragen kommen können. Allerdings gilt es zu beachten, dass eine denkbare Einwilligung – aufgrund nicht disponibler Rechtsgüter wie beispielsweise Leben oder der Schutz vor schweren Verletzungen – keine Anwendung finden kann. Da eine Schlägerei mit einer unberechenbaren Gefährdung von Personen einherginge, würde zudem eine Unvereinbarkeit mit den guten Sitten gemäß § 228 StGB vorliegen.

D. Schuld

Auch hier sind die allgemeinen Entschuldigungsgründe denkbar, was sich ebenfalls aus der Formulierung des § 231 Abs. 2 StGB ergibt.

D. Täterschaft und Teilnahme

Auch eine Teilnahme wäre denkbar. Diese soll beispielsweise schon bei psychischen Unterstützungsmaßnahmen einschlägig sein. Aber auch das Abhalten von Nothelfern kann für eine Teilnahme ausreichend sein.

E. Konkurrenzen

Je nach Fallkonstellation besteht die Möglichkeit, dass § 231 StGB in Tateinheit zu §§ 211 und 223 ff StGB steht.

F. Wiederholungsfragen – Beteiligung an einer Schlägerei, § 231 StGB

Frage 1: Bei § 231 StGB handelt es sich um ein klassisches Erfolgsdelikt. Richtig oder falsch ?

Frage 2: Tritt ein Dritter derartig hinzu, dass dieser einen Kampf lediglich anfeuert, muss man von einer Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 StGB ausgehen. Richtig oder falsch ?

Frage 3: Der Täter muss nicht vorsätzlich hinsichtlich der schweren Folge gehandelt haben. Richtig oder falsch ?

Frage 4: Ein von Mehreren verübter Angriff, setzt ein mittäterschaftliches Agieren voraus. Richtig oder falsch ?

Frage 5: Bezüglich § 231 StGB wäre eine Teilnahme denkbar. Richtig oder falsch ?

Frage 6: Der Beteiligungszeitpunkt in Bezug auf § 231 StGB sollte in einer Klausur nur kurz Erwähnung finden. Richtig oder falsch ?

G. Lösungen

Frage 1: Falsch. Bei der Beteiligung an einer Schlägerei nach § 231 StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.

Frage 2: Falsch. In einer solchen Konstellation reicht das bloße Anfeuern nicht für eine Beteiligung an einer Schlägerei aus.

Frage 3: Richtig. § 231 StGB verlangt kein vorsätzliches Handeln des Täters in Bezug auf die schwere Folge.

Frage 4: Falsch. Ein mittäterschaftliches Handeln im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB wird hierbei nicht vorausgesetzt.

Frage 5: Richtig. Auch eine Teilnahme kann bezüglich § 231 StGB in Frage kommen. Daher kann eine psychische Unterstützungsmaßnahme, beispielsweise wie das anfeuernde Zurufen, als Teilnahmehandlung anzusehen sein.

Frage 6: Falsch. Der Beteiligungszeitpunkt spielt im Rahmen des § 231 StGB eine gewichtige Rolle, sodass man hinsichtlich dieser Problematik nicht auf Lücke lernen sollte und in der Klausur gegebenenfalls ausführlich dazu Stellung nehmen kann.

H. Jura Individuell Schnellcheck, § 231 StGB

  • Die Beteiligung an einer Schlägerei stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar

  • Unterscheiden zwischen Beteiligung an einer Schlägerei und an einem von mehreren verübten Angriff

  • Kein Vorsatz hinsichtlich der schweren Folge erforderlich – objektive Bedingung der Strafbarkeit

  • Vorliegen eines Gefahrzusammenhangs zwischen Schlägerei / Angriff und der schweren Folge

  • Beteiligungszeitpunkt ist umstritten

  • Formulierung in § 231 Abs. 2 StGB gibt lediglich einen Hinweis bezüglich der Möglichkeit von Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen

  • Auch bei § 231 StGB ist eine Teilnahme denkbar

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