Das Abstraktionsprinzip
Das Abstraktionsprinzip in der praktischen Anwendung. Auswirkungen auf die Prüfung der Anspruchsgrundlagen in der Klausur.
Probleme bei der praktischen Anwendung des Abstraktionsprinzips ergeben sich für viele Klausurbearbeiter bei der Prüfung von Anspruchsgrundlagen aus dem Sachenrecht wie z. B. dem § 985 BGB oder dem § 894 BGB. Dieser Artikel versucht am Beispiel des § 985 BGB sowie des § 894 BGB eine Hilfestellung für die praktische und richtige Umsetzung des Abstraktionsprinzips zu geben.
§ 985 BGB
Das Problem entsteht beim Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB und dort beim Wort „einig“ sein. Nach § 985 BGB kann der Eigentümer vom Besitzer Herausgabe der Sache verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Eigentümer sein Eigentum an der Sache nach § 929 S. 1 BGB wirksam auf den Besitzer übertragen hat.
Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB
Dazu muss der Eigentümer die Sache dem Besitzer übergeben haben und Eigentümer und Besitzer müssen sich darüber „einig“ sein, dass das Eigentum an der übergebenen Sache übergehen soll.
„Übergabe“ nach § 929 S. 1 BGB
Die „Übergabe“ stellt einen rein tatsächlichen Akt dar, welcher sich darin erschöpft, dass der Veräußerer keinen Besitz mehr an der Sache ausübt und der Erwerber die tatsächliche Sachherrschaft nach § 854 BGB erhält. Die Formen der mittelbaren Besitzbegründung mögen für diesen Beitrag ausgeblendet werden.
„Einigung“ nach § 929 S. 1 BGB
Weiterhin müssen sich Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang „einig“ sein. Diese Einigung ist auf keinen Fall rein tatsächlicher Natur, sondern stellt einen Vertrag dar.
Art des Vertrages bei „Einigung“ nach § 929 S. 1 BGB
Der Hauptfehler in der Klausurbearbeitung besteht nun darin, dass man sich als Bearbeiter auf den zwischen Veräußerer und Erwerber geschlossenen Kaufvertrag beruft. Der Vertrag, welcher bei § 929 S. 1 BGB zu prüfen ist, hat mit dem Kaufvertrag nichts zu tun.
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Bei Amazon kaufen„Einigung“ durch Verfügungsvertrag („dinglicher Vertrag“)
Im Rahmen des § 929 S. 1 BGB muss der Veräußerer ein Angebot nach § 145 BGB dahingehend abgeben, dass er das Eigentum an der übergebenen Sache übertragen will. Der Erwerber nimmt dieses Angebot auf Eigentumsübergang nach § 147 BGB an. Damit wird ein Vertrag geschlossen, dessen Inhalt darin besteht, dass das Eigentum übergeht. Diesen Vertrag nennt man das Verfügungsgeschäft. Unter einer Verfügung versteht man u. a. die Übertragung von Rechten und genau dies geschieht hier durch den Abschluss des Vertrages nach § 929 S. 1 BGB. Das Verfügungsgeschäft ist also ein Rechtsgeschäft, mit dem ein Recht wie das Eigentum übertragen wird.
Abgrenzung Verfügungsvertrag vom Verpflichtungsgeschäft
Davon zu unterscheiden ist das Verpflichtungsgeschäft, in welchem sich die Vertragsparteien lediglich zu bestimmten Handlungen verpflichten. So verpflichtet der Kaufvertrag nach § 433 BGB den Verkäufer, einen weiteren Vertrag abzuschließen, welcher zum Eigentumsübergang an der zu verkaufenden Sache führt. Beim Verpflichtungsgeschäft in Gestalt des Kaufvertrages wird demnach noch kein Recht übertragen, sondern es werden zwischen den Parteien lediglich Pflichten begründet, welche auch eine spätere Eigentumsübertragung des Veräußerers verbindlich festlegen.
Nach § 929 S. 1 BGB erforderlicher Vertrag ist nie Verpflichtungsgeschäft
Da bei der Prüfung des § 929 S. 1 BGB der Vertragsschluss zu einem Eigentumsübergang führen muss, kann der in § 929 S. 1 BGB zu prüfende Vertrag niemals der schuldrechtliche Vertrag (z. B. Kaufvertrag) sein, da dieser ja nur eine Verpflichtung zur Eigentumsübertragung zum Inhalt hat, nicht aber die Übertragung des Eigentums selbst. Aus diesem Grunde muss man zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennen.
Bedeutung des Trennungsprinzips
Das besagt auch das mit dem Abstraktionsprinzip einhergehende Trennungsprinzip. Nach dem Trennungsprinzip muss zwischen dem Vertrag, welcher die Pflichten zu Handlungen wie z. B. der Eigentumsübertragung begründet und dem Vertrag, welcher in Erfüllung dieser Pflichten eine Rechtsübertragung zum Inhalt hat, wie z. B. der Verfügungsvertrag im Rahmen des § 929 S. 1 BGB, unterschieden werden. Damit darf der Kaufvertrag in keiner Weise bei der Prüfung des Vorliegens eines Vertrages auf Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB erwähnt werden. Warum trotzdem immer wieder viele Klausurbearbeiter den Kaufvertrag bei der Prüfung des Eigentumsübergangs nach § 929 S. 1 BGB anführen, hängt wohl damit zusammen, dass der Verfügungsvertrag, welcher im § 929 S. 1 BGB geprüft werden muss, im BGB nicht ausdrücklich geregelt ist. Dies führt zu weiteren Irritationen.
Bedeutung des Abstraktionsprinzips
Das Abstraktionsprinzip sagt jetzt in Ergänzung des Trennungsprinzips lediglich, dass der Verpflichtungsvertrag, wie z. B. der Kaufvertrag, in seiner Wirksamkeit vom Verfügungsgeschäft wie z. B. dem Vertrag auf Eigentumsübergang im § 929 S. 1 BGB, unabhängig ist. So kann ein Kaufvertrag z. B. wegen Eigenschaftsirrtums nach § 119 I BGB angefochten werden, was nach erklärter Anfechtung zur Nichtigkeit des Kaufvertrages führt. Der Verfügungsvertrag als dinglicher Vertrag besteht davon unabhängig weiter. Ob er ebenfalls angefochten werden kann, muss getrennt geprüft werden.
§ 894 BGB
- wird ausgeführt –
Anmerkung
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Zu diesem Artikel gibt es einen ergänzenden Klausurfall sowie einen weiteren Aufsatz zu den neutralen Geschäften beschränkt Geschäftsfähiger.
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