Überblick Deliktstypen und Deliktsarten

Unterschiedliche Deliktstypen. Tatbestände werden in verschiedene Deliktsarten eingeteilt, um ein übersichtliches und systematisiertes StGB zu schaffen.

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht
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Dieser Beitrag befasst sich mit den unterschiedlichen Deliktstypen und soll damit einen leichteren Einstieg in das Strafrecht bieten. Grundsätzlich werden Tatbestände in verschiedene Deliktsarten eingeteilt, um ein übersichtliches und systematisiertes Strafgesetzbuch zu schaffen. Infolgedessen werden hier die wichtigsten Deliktstypen dargestellt und mit Beispielen erläutert.

A. Allgemeines

Alle im StGB aufgeführten Straftatbestände lassen sich in Verbrechen und Vergehen unterteilen. Ob es sich bei einer Straftat um ein Verbrechen oder ein Vergehen handelt, verrät § 12 StGB. Gemäß § 12 Abs. 1 StGB sind Verbrechen rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Nach § 12 Abs. 2 StGB sind Vergehen rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. § 12 Abs. 3 StGB besagt, dass Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, für die Einteilung außer Betracht bleiben. Demnach bleibt eine tatbestandliche Handlung entweder als Verbrechen oder Vergehen bestehen, auch wenn die Handlung beispielsweise durch einen milderen oder besonders schweren Fall erfasst wird.

Anders zu behandeln wären Qualifikationen und Privilegierungen, da diese Tatbestandsqualität aufweisen und zu einer Strafrahmenverschiebung führen können.

Beispiel: Die Urkundenfälschung nach § 267 StGB ist ein Vergehen. Die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande gemäß § 267 Abs. 4 StGB ist allerdings ein Verbrechen. § 267 Abs. 4 StGB stellt nämlich eine Qualifikation dar, die zu einer höheren Strafandrohung führt.

B. Die verschiedenen Deliktsarten/Deliktstypen im Überblick

Allgemeindelikt: Ein solches Delikt kann von jedermann verwirklicht werden. Dies stellt den Regelfall dar. Der Täter muss demzufolge keine besondere Eigenschaft aufweisen, um einen Straftatbestand dieser Deliktsart zu verwirklichen. Das Gesetz verwendet bei dieser Art von Delikt schlicht die Formulierung „wer“ .

Beispiel: § 267 Abs. 1 StGB

Sonderdelikt: Das Gegenstück zum Allgemeindelikt bildet das Sonderdelikt. Hierbei kann nur derjenige zum Täterkreis gehören, der die vom Gesetz genannten Eigenschaften besitzt. Folglich muss der Täter spezifische Eigenschaften aufweisen. Bei dieser Deliktsart wird weiterhin zwischen einem echten Sonderdelikt und einem unechten Sonderdelikt unterschieden. Entsprechend kann ein echtes Sonderdelikt nur derjenige verwirklichen, dem eine besondere Verpflichtung auferlegt ist. Fehlt diese besondere Verpflichtung/Eigenschaft, ist kein echtes Sonderdelikt gegeben.

Beispiel: Körperverletzung im Amt, § 340 StGB

Ein unechtes Sonderdelikt stellt wiederum ein Allgemeindelikt dar. Erfolgt die tatbestandliche Erfüllung dieser Deliktsart allerdings durch einen Sonderpflichtigen, so kommt es zur Anwendung einer besonderen Rechtsfolge. In den meisten Fällen sieht das Gesetz dann eine Straferhöhung vor.

Beispiel: § 258 a StGB

Eigenhändiges Delikt: Hierbei nimmt der Täter die tatbestandliche Handlung in eigener Person vor. Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft sind ausgeschlossen.

Beispiel: Falsche uneidliche Aussage, § 153 StGB

Erfolgsdelikt: Ein solcher Tatbestand verlangt den Erfolg eines bestimmten Ereignisses. Es wird dabei eine Handlung beschrieben, die einen bestimmten und ausdrücklich genannten Erfolg herbeiführen soll.

Beispiel: § 212 StGB:  „wer einen Menschen tötet” ⇒ damit ist der Tod als der notwendige Erfolg anzusehen.

Tätigkeitsdelikte: Zur Tatbestandserfüllung ist kein Erfolg notwendig. Ausreichend ist dabei schon das im Gesetz geschriebene Tätigwerden. Dementsprechend wird hierbei keine Kausalität zwischen Handlung und Erfolg vorausgesetzt.

Beispiel: §§ 153 ff. StGB

Verletzungsdelikt: Die Erfüllung des Tatbestandes ist dann gegeben, wenn es zu einer tatsächlichen Verletzung des geschützten Rechtsgutes gekommen ist.

Beispiel: § 212 StGB ⇒ Durch die Tötung kommt es zu einer Verletzung des geschützten Rechtsgutes (Leben).

Gefährdungsdelikt: Um die Verwirklichung eines Gefährdungsdeliktes zu erreichen, genügt es, das geschützte Rechtsgut in Gefahr zu bringen. Eine tatsächliche Rechtsgutverletzung wird nicht vorausgesetzt. Allerdings muss zwischen abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikten unterschieden werden. Bei abstrakten Gefährdungsdelikten sind alle Verhaltensweisen mit Strafe zu bedrohen, die das unter Schutz gestellte Rechtsgut generell gefährden können. Bei konkreten Gefährdungsdelikten ist die Gefährdung eines geschützten Rechtsgutes bereits eingetreten. Die Wahrscheinlichkeit einer echten Rechtsgutverletzung ist in einem solchen Fall hoch.

Beispiel (abstraktes Gefährdungsdelikt) : Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB; Vollrausch, § 323 a StGB

Beispiel (konkretes Gefährdungsdelikt) : Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315 b StGB

Begehungsdelikt/Unterlassungsdelikt: Beim Begehungsdelikt ist für den tatbestandlichen Erfolg ein aktives Tun von wesentlicher Bedeutung. Demgegenüber spricht man von einem Unterlassungsdelikt, wenn ein Untätigbleiben zur Tatbestandsverwirklichung führt. Diesbezüglich sind echte und unechte Unterlassungsdelikte zu unterscheiden. Man spricht von einem echten Unterlassungsdelikt, wenn ein Unterlassen schon vom gesetzlichen Tatbestand ausdrücklich unter Strafe gestellt wird. Folglich besteht eine Handlungspflicht für jedermann. Das unechte Unterlassungsdelikt ist gegeben, wenn der Untätige trotz Garantenstellung eine ihm mögliche Handlung nicht vornimmt und damit den tatbestandlichen Erfolg nicht verhindert. Demnach sind dabei die Voraussetzungen des § 13 StGB ausschlaggebend. Es besteht also gerade keine Handlungspflicht für jedermann.

Beispiel (Begehungsdelikt) : A schlägt dem B mit der Faust ins Gesicht. § 223 StGB ist verwirklicht.

Beispiel (echtes Unterlassungsdelikt) : A überschlägt sich mit dem Auto und verletzt sich dabei schwer. B hat dies beobachtet, lässt den A allerdings einfach zurück. Hier wäre der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung, § 323 c StGB, zu prüfen.

Beispiel (unechtes Unterlassungsdelikt) : Der Vater beobachtet, wie seine kleine Tochter in den Pool fällt und lässt diese ertrinken. Als Vater hat man eine Garantenstellung gegenüber seinen Kindern inne. Der Vater ist seiner Tochter nach § 13 StGB besonders verpflichtet. Zu prüfen wäre demnach zumindest eine Strafbarkeit nach §§ 212, 13 StGB.

Vorsatztat: Laut § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln zu bestrafen, soweit das Gesetz nicht selbst auch das fahrlässige Handeln ausdrücklich unter Strafe stellt.

Beispiel: Eine Vorsatztat wäre demnach eine Körperverletzung nach § 223 StGB. Allerdings ist auch eine fahrlässige Körperverletzung strafbar, da das Gesetz durch § 229 StGB die fahrlässige Körperverletzung ausdrücklich mit Strafe bedroht.

Vollendete Tat: Eine vollendete Tat liegt vor, sobald alle Merkmale eines Unrechtstatbestandes erfüllt wurden.

Beispiel: A möchte B töten und schießt auf B. Stirbt B, so liegt ein vollendeter Totschlag nach § 212 StGB vor. Stirbt B nicht, kann § 212 StGB nur noch als Versuch gegeben sein.

Versuchte Tat: Hierbei handelt es sich um das Deliktsstadium zwischen einer straflosen Tatvorbereitung und Tatvollendung. Kennzeichnend dabei ist, dass oftmals noch nicht jedes Tatbestandsmerkmal verwiklicht wurde. Ein Versuch kann allerdings auch dann gegeben sein, wenn noch keines der Tatbestandsmerkmale erfüllt ist. Denn nach § 22 StGB kommt es nur darauf an, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat.

Beispiel: A klingelt bei B an der Haustüre, um diesen, sobald er die Tür öffnet, sofort mit dem Messer niederzustechen. B ist jedoch nicht zu Hause. Hier könnte der versuchte Totschlag einschlägig sein, ohne dass nur ein Tatbestandsmerkmal erfüllt wurde. Dabei kann ein unmittelbares Ansetzen bejaht werden, da aus Tätersicht eine räumlich-zeitliche Nähebeziehung zwischen dem Täter und Opfer hergestellt wurde.

Qualifikation/Privilegierung: Sind unselbständige Abwandlungen des Grundtatbestandes. Dies bedeutet, dass sie auf den Grundtatbestand aufbauend diesen lediglich erweitern. Bei Qualifikationen treten zum Grundtatbestand schärfende Umstände hinzu und bei Privilegierungen treten erleichternde Umstände hinzu.

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Beispiel: Die gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs 1 Nr. 2, 1. Alt. StGB bildet die Qualifikation zum Grundtatbestand der einfachen Körperverletzung nach § 223 StGB. Strafschärfender Umstand ist hier die Begehung der Körperverletzung mittels einer Waffe. Als Priviligierung kann § 216 StGB gegenüber § 212 StGB angesehen werden. Dabei wird ein erleichternder Umstand angenommen, da die Tötung auf Verlangen geschieht.

Erfolgsqualifikation: Auch hier sieht der Gesetzgeber eine Strafschärfung vor. In einem solchen Fall muss der Täter durch die Verwirklichung des Grundtatbestandes – mindestens durch fahrlässiges Verhalten – eine besondere Folge der Tat herbeigeführt haben.

Beispiel: Körperverletzung mit Todesfolge gem. § 227 StGB.

Zustandsdelikt/Dauerdelikt: Wesentlich für die Unterscheidung dieser beiden Deliktstypen ist die zeitliche Komponente. Ein Zustandsdelikt ist gegeben, sobald der tatbestandliche Erfolg herbeigeführt wurde. Demnach hat man einen widerrechtlichen Zustand geschaffen. Ein Zustandsdelikt ist mit dem tatbestandlichen Erfolgseintritt vollendet und zumeist auch beendet. Bei einem Dauerdelikt führt der Täter einen andauernden rechtswidrigen Zustand herbei und beseitigt diesen nicht. Eine Beendigung tritt erst nach Aufhebung des rechtswidrigen Zustandes ein. Die Unterscheidung dieser Deliktstypen gewinnt vor allem dann an Bedeutung, sobald eine mögliche Strafbarkeit später hinzutretender Dritte zu überprüfen wäre.

Beispiel: Die Freiheitsberaubung gem. § 239 StGB stellt ein Dauerdelikt dar. Die Körperverletzung nach § 223 StGB ist ein Zustandsdelikt. Denn dieser Tatbestand ist mit der Herbeiführung des Erfolges vollendet und zugleich beendet.

Unternehmensdelikte: Bei solchen Delikten ist schon der Versuch einer Rechtsgutverletzung als vollendete Tat anzusehen. Findet man im Gesetzestext die Formulierung „unternehmen”, so handelt es sich um ein echtes Unternehmensdelikt. § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB führt zu einer Gleichbehandlung zwischen Versuch und Vollendung. Die Konsequenz davon ist, dass die Strafmilderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 2 StGB nicht mehr anwendbar ist und der Rücktritt gemäß § 24 StGB ebenfalls nicht mehr seine Wirkung entfalten kann. Beim unechten Unternehmensdelikt fehlt die Formulierung „unternehmen”. Der Tatbestand beschreibt allerdings typische Versuchshandlungen. Ob es sich dann wirklich um ein unechtes Unternehmensdelikt handelt, kann immer nur durch Auslegung ermittelt werden.

Beispiel: Echtes Unternehmensdelikt, § 82 StGB; unechtes Unternehmensdelikt, § 257 StGB

Offizialdelikte: Darunter sind Straftaten zu verstehen, die von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu verfolgen sind.

Beispiel: Alle Verbrechen wie zum Beispiel Mord, Totschlag, Raub sowie nicht alle, aber die meisten Vergehen, wie beispielsweise Diebstahl, Urkundenfälschung und Betrug.

Strafantragsdelikte: Voraussetzung für die Verfolgung einer solchen Straftat ist ein Antrag des Antragsberechtigten. Jedoch sind absolute und relative Antragsdelikte zu unterscheiden. Absolute Antragsdelike setzen stets einen Antrag voraus, um eine strafrechrechtliche Verfolgung herbeiführen zu können. Hingegen können relative Antragsdelikte entweder auf Antrag oder von Amts wegen verfolgt werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht wird.

Beispiel: Hausfriedensbruch, § 123 StGB (absolutes Strafantragsdelikt); Sachbeschädigung, § 303  und § 303 c StGB (relatives Strafantragsdelikt)

Privatdelikte: Bei dieser Deliktsart kann der Geschädigte ohne vorherige Beteiligung von Polizeibehörde oder Staatsanwaltschaft gegen den Schädiger vorgehen. Jenes geschieht meist, wenn kein öffentliches Interesse besteht. Ist ein öffentliches Interesse gegeben, so kommt es von Seiten der Staatsanwaltschaft zur Erhebung einer öffentlichen Klage.

Beispiel: Sachbeschädigung, § 303 StGB; Nötigung, § 240 StGB

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