Einführung in das Handelsrecht

Einführung in das Handelsrecht. Wer ist Kaufmann? Was ist ein Handelsgewerbe? Abgrenzung zur Partnerschaft nach PartGG, Fortführung, Haftung, Firmierung.

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Rechtsgebiet Handelsrecht
Ø Lesezeit 6 Minuten
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Der nachfolgende Artikel führt in das Handelsrecht ein. Im Wege von drei Fallkonstellationen wird die für eine Klausur wichtige Frage der Anwendbarkeit von Handelsrecht thematisiert und gutachterlich gelöst.

Die wichtigste Frage, die sich zunächst stellt, ist die grundsätzliche Anwendbarkeit von Handelsrecht. Die Vorschriften des HGB sind anzuwenden, wenn ein Kaufmann handelt. Begonnen werden muss deshalb mit der Prüfung der Kaufmannseigenschaft. Wie in vielen anderen Gesetzen finden sich die maßgeblichen Vorschriften zur Anwendbarkeit zu Beginn des Gesetzes in den §§ 1 und 2 HGB.

1. Der Kaufmann und das Handelsgewerbe

Fall 1:

A betreibt ein Sonnenstudio mit einer Sonnenbank. Er hat keine Angestellten und nur drei Kunden pro Tag. Das erwirtschaftete Geld sammelt er in einer Schublade. Eine Registrierkasse hat er nicht.

Ist A Kaufmann im Sinne des Handelsrechts?

a) Kaufmannseigenschaft nach § 1 HGB

Nach § 1 I HGB ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist nach § 1 II HGB jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

A betreibt hier ein Gewerbe, da es sich bei der (zeitlich begrenzten) Vermietung der Sonnenbank um eine erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Betätigung am Markt handelt.

Problematisch ist, ob das Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs besteht.

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Für die Frage, ob ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, lässt sich keine exakte Begriffsbestimmung, sondern nur eine typologische Umschreibung geben. Die Erforderlichkeit richtet sich nach Kriterien und Indizien wie der Zahl und Art der Geschäfte, der Höhe von Kapital und Umsatz, der Zahl der Beschäftigten, der Vielfalt von Erzeugnissen, Leistungen und Geschäftsbeziehungen, der Teilnahme am Wechselverkehr, der Aufnahme und Gewährung von Krediten usw. Maßgeblich ist letztlich das Gesamtbild.

Gegen die Kaufmannseigenschaft des A nach § 1 HGB spricht hier, dass seine gewerbliche Tätigkeit lokal begrenzt ist. Zudem ist davon auszugehen, dass er mit drei Kunden am Tag einen relativ geringen Umsatz erzielt. Weiterhin beschäftigt A keine Mitarbeiter. Schließlich besteht offenkundig keine Notwendigkeit einer kaufmännischen Buchführung.

Nach alledem lässt sich die Erforderlichkeit kaufmännischer Einrichtungen verneinen. A betreibt daher kein Handelsgewerbe nach § 1 HGB.

b) Kaufmannseigenschaft des A nach § 2 HGB

A ist auch kein sogenannter Kannkaufmann nach § 2 HGB. Nach dieser Vorschrift können Kleingewerbetreibende von der Möglichkeit Gebrauch machen, durch Eintragung in das Handelsregister den Status als Kaufmann nach § 2 HGB zu erlangen. Vor dem Zeitpunkt ihrer Eintragung gelangen die handelsrechtlichen Sondervorschriften allerdings nicht zur Anwendung. Auch eine Rückwirkung bezogen auf den Zeitpunkt der Anmeldung scheidet aus.

Zwar ist A mangels Eintragung in das Handelsregister kein Kannkaufmann nach § 2 HGB; er könnte den Antrag auf Eintragung aber jederzeit noch stellen, um künftig als Kaufmann am Rechtsverkehr teilzunehmen.

2.  Die freien Berufe und das Handelsrecht

Fall 2:

Die Ärzte B und C betreiben eine Gemeinschaftspraxis. Da sie von einem befreundeten Juristen den Begriff „Partnerschaftgesellschaftsgesetz“ gehört haben, stellen sich die beiden nun die Frage: Sind wir Kaufleute nach dem HGB, wenn wir eine (formell wirksame) Partnerschaft gegründet haben?

Grundsätzlich haben Ärzte eine Gewinnerzielungsabsicht und auch einen gewissen Umsatz. Zudem haben sie eine große Anzahl von Patienten, die sie behandeln. Die Abrechnungen mit den einzelnen Krankenkassen erfordern auch einen erheblichen bürokratischen Aufwand, so dass die zwei Ärzte wohl ein Handelsgewerbe nach den oben genannten Voraussetzungen im Sinne des § 1 HGB betreiben würden.

Mit Inkrafttreten des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) am 01.07.1995 hat sich der Gesetzgeber entschieden, dass Angehörige der Freien Berufe eine Partnerschaft als eigene Gesellschaft gründen können. Unter die Freien Berufe fallen nach § 1 II 2 PartGG auch Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Diese üben ausdrücklich nach der gesetzgeberischen Intension kein Handelsgewerbe aus, vgl. § 1 I 2 PartGG. Damit sind sie keine Kaufleute im Sinne des HGB.

Exkurs zum Handelsrecht:

Angesichts der weiten Fassung des § 1 II 2 PartG, wonach beispielsweise auch Fahr- oder Tanzschulen unter die Freien Berufe fallen, wird zum Teil vertreten einen gewissen Überschneidungsbereich freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit anzuerkennen (vgl. etwa MüKo zum BGB, 7. Auflage 2017, § 1 PartGG Rn 16). In diesen Fällen stünde es den Freiberuflern hiernach offen, auch eine Personengesellschaft als Handelsgesellschaft zu gründen (OHG oder KG) – mit der Folge, dass dann über § 6 I HGB die Vorschriften über Kaufleute Anwendung fänden.

Dass die Angehörigen der Freien Berufe grundsätzlich dem PartGG unterliegen, führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen bei der Haftung für Verbindlichkeiten der Partnerschaft. Zwar scheidet eine Inanspruchnahme nach § 17 II HGB (anwendbar auf Kaufleute), § 128 HGB  (anwendbar auf die OHG) und §§ 161 II, 128 HGB (anwendbar auf die KG) aus. Die Haftung ergibt sich jedoch aus § 8 I 1 PartGG, wonach die Partner der Partnerschaft als Gesamtschuldner (§ 421 BGB) für Verbindlichkeiten haften.

3. Der Apotheker und die Firmierung nach Handelsrecht

Zuletzt geht es um einen Apotheker und seine Firmenbezeichnung.

Ein Apotheker hat eine Gewinnerzielungsabsicht. Seine selbständige Tätigkeit ist auf Dauer angelegt. Er hat grundsätzlich mehrere Angestellte, verschiedene Medikamente von unterschiedlichen Herstellern und ist damit sowohl seiner Art als auch seinem Umfang nach als Handelsgewerbetreibender im Sinne von § 1 HGB einzustufen. Der Apotheker lässt sich daher als typisches Grundbeispiel eines Kaufmanns bezeichnen. Die Hauptaufgabe des Apothekers ist es zwar, in beratender Funktion seinen Kunden bei der Suche nach und beim Umgang mit Medikamenten behilflich zu sein. Zugleich generiert er dabei jedoch einen gewissen Umsatz, von dem er seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Bei einem Kaufmann gilt das Firmenrecht der §§ 17 ff. HGB. Die Firma ist immer der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt, § 17 I HGB. Zu beachten ist auch die Eignung der Firma zur Kennzeichnung der Kaufmanns („Unterscheidungskraft“) und das Verbot von Angaben, die den angesprochenen Verkehrskreis irreführen, § 18 I, II HGB.

Wie ein Einzelkaufmann firmieren muss, ist § 19 I Nr. 1 HGB zu entnehmen. Hiernach muss die Firma des Kaufmanns die Bezeichnung „eingetragener Kaufmann“ enthalten oder zumindest die entsprechende Abkürzung (Bsp.: Mayer Apotheke e. Kfm.).

Im vorliegenden Fall ist die Firma identisch mit dem Inhaber der Apotheke. Sollte der Apotheker Mayer seine Apotheke veräußern wollen, sind die Vorschriften der §§ 21 ff. HGB zu beachten. In unserem Fall könnte die Apotheke, sofern Herr Mayer einwilligt, unter dem alten Namen fortgeführt werden. Zugleich könnte (muss aber nicht) der neue Inhaber aufgezeigt werden, § 22 I HGB (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 39. Auflage 2020, § 22 Rn 15).

Beispiel: Die Mayer Apotheke wird von Herrn Müller gekauft. Dann hieße die Apotheke fortan entweder weiterhin „Mayer Apotheke e. Kfm.“ oder – mit Nachfolgevermerk – „Mayer Apotheke Inh. Müller e. Kfm.“).

Wichtige Bedeutung für Klausuren hat in diesem Fall noch § 25 I HGB, wonach der Erwerber für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers voll haftet.

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