Rechtsschein des Handelsregisters, § 15 HGB

Artikel über Rechtsschein des Handelsregisters in der juristischen Prüfung

Datum
Rechtsgebiet Handelsrecht
Ø Lesezeit 7 Minuten
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In § 15 HGB ist die Publizität des Handelsregisters geregelt. Publizität bedeutet soviel wie die „Bekanntmachung in der Öffentlichkeit.“ Da das Handelsregister ein öffentliches Verzeichnis ist, das für jeden einsehbar ist, hat es eine Publizitätswirkung und erzeugt damit einen Rechtsschein. Der Rechtsschein ist dabei der äußerliche Anschein, ob ein Recht besteht oder nicht. Je nachdem, ob eine bestimmte Tatsache nun im Handelsregister eingetragen ist oder nicht, unterscheidet man die negative Publizität nach § 15 I HGB und die positive Publizität nach § 15 III HGB. In der Klausur wird § 15 HGB relevant im Rahmen der Vertretungsmacht bei eintragungspflichtigen Tatsachen wie beispielsweise der Prokura gem. § 53 I HGB.

A. Negative Publizität, § 15 I HGB

Wenn eine Tatsache, die eigentlich in das Handelsregister eigetragen und bekannt gemacht werden muss (z.B. die Prokura nach § 53 I HGB), nicht eingetragen und bekanntgemacht wurde, spricht man von negativer Publizität nach § 15 I HGB. Ein Dritter muss also davon ausgehen, dass eine bestimmte Tatsache nicht besteht. Er muss beispielsweise annehmen, dass sein Vertragspartner keine Prokura erteilt bekommen hat und damit keine Vertretungsbefugnis besitzt. An dieser Stelle ist der Dritte somit als schutzwürdig anzusehen.

I. Voraussetzungen

Es muss sich um eine eintragungspflichtige Tatsache handeln, die nicht eingetragen und bekannt gemacht wurde (Rechtsscheinsträger). Ein Dritter ist dabei dann schutzwürdig, wenn er keine positive Kenntnis von der tatsächlichen Rechtslage hat und auch nicht anderweitig von dieser erfahren hat. Fahrlässige Unkenntnis, die vorliegt, wenn sich eine Tatsache geradezu aufdrängt, schadet hingegen nicht. Das Vertrauen auf den Rechtsschein muss nicht konkret kausal für das Handeln des Dritten gewesen sein (h.M.). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Dritte das Register eingesehen hat. Es genügt eine abstrakte Kausalität, bei der der Dritte darauf vertraut, dass die Tatsache nicht besteht. Abschließend muss das Handeln des Dritten innerhalb des Geschäfts- oder Prozessverkehrs vorgenommen worden sein. Hier muss eine Abgrenzung zum Delikt gem. §§ 823 ff. BGB vorgenommen werden, da es dort ein willensgesteuertes, freiwilliges Handeln nicht gibt. Da § 15 I HGB das abstrakte Vertrauen schützt, ist ein solches Handeln aber erforderlich.

II. Rechtsfolgen – Vertrauen auf den Rechtsschein

Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann nach § 15 I HGB derjenige, in dessen Angelegenheit die Sache einzutragen war, diese nicht dem Dritten entgegensetzen. Das bedeutet, dass das Vertrauen des Dritten auf das Nichtvorliegen einer bestimmten Tatsache – den Rechtsschein – zwingend geschützt werden muss. Es ist allerdings auch so, dass die Rechtsstellung des Dritten sich durch die Nichteintragung und damit durch den Vertrauensschutz nicht verschlechtern darf. Aus diesem Grund hat der Dritte ein Wahlrecht. Der Dritte kann demnach wählen, ob er den Vertrauensschutz des § 15 I HGB in Anspruch nehmen möchte oder nicht. Sehr umstritten ist die Frage, ob sich der Dritte teilweise auf den Vertrauensschutz berufen kann, teilweise aber auch auf die tatsächliche Rechtslage („Rosinentheorie“ des BHG). Diese Ansicht wird von Teilen der Lehre verneint, da ein solches Vorgehen deutlich über den Vertrauensschutz hinausgehen würde.

B. § 15 II HGB

In § 15 II HGB wird im Grunde der Regelfall beschrieben, dass eine eintragungspflichtige Tatsache in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht wurde. Der Kaufmann soll auf diese Weise geschützt werden, da die Eintragung und die Bekanntmachung ordnungsgemäß erfolgt sind.

I. Voraussetzungen

Es muss sich um eine eintragungspflichtige und richtige Tatsache handeln, die im Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht wurde. Außerdem muss, wie im Fall des § 15 I HGB auch, das Handeln des Dritten innerhalb des Geschäfts- oder Prozessverkehrs vorgenommen worden sein. Also ist auch hier eine Abgrenzung zum Delikt nach den §§ 823 ff. BGB vorzunehmen.

II. Rechtsfolgen – Vertrauen auf den Rechtsschein

Wenn die o.g. Voraussetzungen vorliegen, muss gem. § 15 II HGB der Dritte die Tatsache – den Rechtsschein – gegen sich gelten lassen. Das bedeutet, dass der Kaufmann an dieser Stelle schutzwürdig ist und sich der Dritte nicht darauf berufen kann, dass er nichts von der Eintragung wusste. Etwas anderes gilt nach § 15 II 2 HGB nur bis fünfzehn Tage nach der Bekanntmachung i.S.d. § 10 HGB, wenn der Dritte auch tatsächlich beweisen kann, dass er die Tatsache weder kannte noch aus irgendwelchen Gründen infolge von Fahrlässigkeit hätte kennen müssen. Da hier der Kaufmann als schutzwürdig anzusehen ist, darf sich seine Rechtsstellung durch die Eintragung nicht verschlechtern. Deshalb hat er ein Wahlrecht, ob er sich auf die eingetragene Tatsache beruft oder nicht.

C. Positive Publizität, § 15 III HGB

15 III HGB regelt die positive Publizität und damit den Fall, dass eine eintragungspflichtige Tatsache unrichtig bekannt gemacht wurde. Da sich der Wortlaut hier ausdrücklich auf die Bekanntmachung bezieht, sind verschiedene Fälle denkbar:

  • Die Eintragung ist richtig, die Bekanntmachung ist unrichtig.
  • Die Eintragung wurde nicht vorgenommen und bekanntgemacht wurde eine unrichtige Tatsache, die auch nicht eingetragen wurde.
  • Eintragung und Bekanntmachung stimmen zwar überein, sind jedoch beide unrichtig.
  • Eintragung und Bekanntmachung stimmen nicht überein, sind aber beide unrichtig.

In all diesen Fällen ist ersichtlich, dass der Dritte hier als schutzwürdig anzusehen ist.

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I. Voraussetzungen

Es muss sich auch hier um eine eintragungspflichtige Tatsache handeln. Bei der Eintragung einer unrichtigen Tatsache muss man sich abstrakt die Frage stellen, ob diese, wäre sie richtig, überhaupt eintragungspflichtig wäre. Die Eintragung kann hier im Grunde unrichtig sein, richtig sein oder gänzlich fehlen. Die Bekanntmachung dagegen muss unrichtig sein. Deshalb sind von § 15 III HGB auch nicht solche Fälle umfasst, in denen nur die Eintragung unrichtig ist, die Bekanntmachung aber entweder gar nicht oder richtig erfolgt ist. Eine Mindermeinung befürwortet hier zwar eine analoge Anwendung. Dies ist aufgrund des eindeutigen Wortlautes jedoch abzulehnen. Des Weiteren darf der Dritte nichts von der wahren Rechtslage wissen.

Er muss also bezüglich der unrichtig bekannt gemachten Tatsache gutgläubig sein. Wie bei § 15 I HGB ist nur positive Kenntnis relevant, fahrlässige Unkenntnis schadet hingegen nicht. Da auch hier lediglich das abstrakte Vertrauen geschützt wird, kommt es nicht darauf an ob der Dritte tatsächlich in das Handelsregister gesehen hat. Deswegen ist auch eine konkrete Kausalität nicht erforderlich. Es genügt eine abstrakte Kausalität, bei der der Dritte darauf vertraut hat, dass die Tatsache richtig bekannt gemacht wurde. Abschließend muss das Handeln des Dritten innerhalb des Geschäfts- oder Prozessverkehrs vorgenommen worden sein, weshalb eine Abgrenzung zum Delikt nach den §§ 823 ff. BGB vorgenommen werden muss.

Veranlasserprinzip

Eine Besonderheit des § 15 III HGB ergibt es dann, wenn der Betroffene von der unrichtigen Bekanntmachung nichts wusste, diese also nicht veranlasst hat. Teile der Literatur und Teile der Rechtsprechung wenden hier unter anderem das Veranlasserpprinzip an, wonach § 15 III nur dann zulasten des Betroffenen geht, wenn diesem die unrichtige Bekanntmachung zumindest mittelbar zurechenbar ist. Andernfalls würde möglicherweise eine völlig unbeteiligte Person zur Verantwortung gezogen werden, was an dieser Stelle nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein kann. Die Gegenmeinung geht an dieser Stelle streng nach dem Wortlaut vor und begründet dies damit, dass ein Unbeteiligter über § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Regress gegenüber dem jeweiligen Staat nehmen kann. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen, da selbst der Wortlaut die Passage „in dessen Angelegenheiten“ beinhaltet, was genau darauf hindeutet, dass ein Unbeteiligter nicht verantwortlich gemacht werden soll.

II. Rechtsfolgen – Vertrauen auf den Rechtsschein

Liegen alle Voraussetzungen vor, kann sich der Dritte nach § 15 III HGB auf die bekanntgemachte Tatsache – den Rechtsschein – berufen. Hierdurch wird dessen Vertrauen geschützt. Auch hier ist es jedoch so, dass sich die Rechtsstellung des Dritten durch die unrichtige Bekanntmachung nicht verschlechtern darf. Aus diesem Grund hat der Dritte ein Wahlrecht. Er kann also auch hier wählen, ob er den Vertrauensschutz des § 15 III HGB in Anspruch nimmt oder nicht.

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