Die Hypothek in der Klausur

Gutgläubigen Hypothekenerwerb durch fingierte Forderung. Einreden aus Vertrag gegen die gutgläubig erworbene Hypothek. Wettlauf der Sicherungsgeber.

Datum
Rechtsgebiet Sachenrecht
Ø Lesezeit 5 Minuten
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Gutgläubiger Erwerb der Hypothek

Bei der Immobiliar-Klausur mit der Hypothek als Schwerpunkt muss man zwei Anspruchsgrundlagen unterscheiden. Die Ansprüche aus der Forderung, welche durch die Hypothek gesichert wird, und die aus der Hypothek. Während in der Klausur die Forderung meistens durch verschiedene Zahlungen erfüllt wird, stellt sich bei der Hypothek das Problem, ob sie in Höhe des Betrages der durch Erfüllung erloschenen Forderung gutgläubig erworben werden kann.

Hier muss der Bearbeiter erklären, dass die Hypothek akzessorisch ist (§ 1153 BGB) und damit nur mit einer Forderung zusammen entstehen kann. Da die zu sichernde Forderung aber bereits erfüllt ist, erwirbt man bei einem gutgläubigen Erwerb einer Hypothek also keine Forderung. Es entsteht nur eine abstrakte Forderung. Diese hat nur den Zweck, als „Stütze“ für die Hypothek zu dienen. Da eine Hypothek aufgrund ihrer Akzessorietät nur zusammen mit einer Forderung enstehen kann, wird für den Zeitpunkt des gutgläubigen Hypothekenerwerbs gem. §§ 1138, 1158 S. 1 BGB eine abstrakte Forderung „fingiert“. So stellt man den Hypothekenerwerb sicher. Diese fingierte Forderung hat mit der schuldrechtlichen Forderung, für welche die Hypothek ursprünglich bestellt worden ist, nichts zu tun (vgl. § 405 BGB). Denn es fehlt an einem tauglichen Rechtsscheinträger. Es ist eine inhaltsleere Forderung, die nur als Stütze für den Hypothekenerwerb dienen soll.

Einreden und Einwendungen gegen gutgläubig erworbene Hypothek

Nach dem gutgläubigen Hypothekenerwerb stellt sich dann das Problem, inwieweit man die Einreden gegen die Forderung auch gegen die gutgläubig erworbene Hypothek geltend machen kann. Damit der gutgläubige Erwerb hier Sinn ergibt und nicht leer läuft, muss es so sein, dass die gegen die Forderung geltend zu machenden Einreden – wie die Erfüllung der Forderung gem. § 362 BGB – nicht der gutgläubig erworbenen Hypothek entgegengehalten werden können. Aus diesem Grunde erklärt § 1157 S. 2 BGB den § 892 BGB auch in Bezug auf die Einreden und Einwendungen für anwendbar.

Das bedeutet, dass der gutgläubige Erwerber einer Hypothek auch die gegen die Forderung bestehenden Einreden und Einwendungen gutgläubig „wegerwerben“ kann. Wenn der Erwerber der Hypothek demnach nichts von den Einreden und Einwendungen gegen die durch die Hypothek gesicherte Forderung weiß, dann kann der Schuldner der Forderung diese Einreden und Einwendungen auch nicht gegen die gutgläubig erworbene Hypothek geltend machen.

Gutgläubiger Erwerb der hypothekarisch gesicherten Forderung?

Die Hypothekenklausur thematisiert gelegentlich die Frage, ob neben der Hypothek auch die gesicherte Forderung, wie zum Beispiel eine Darlehensforderung, gutgläubig erworben werden kann. Das muss man mit dem Argument verneinen, dass Forderungen keinen Rechtsschein erzeugen – im Gegensatz zur Hypothek. Letztere steht nämlich im Grundbuch und ihr steht damit das Grundbuch als Rechtsscheinsträger und als Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb zur Verfügung.

Wettlauf der Sicherungsgeber

Ein klassisches Problem in der Hypothekenklausur ist der sog. „Wettlauf der Sicherungsgeber“. Darunter versteht man die Sicherung einer schuldrechtlichen (Darlehens-)Forderung sowohl durch eine Hypothek als auch durch eine Bürgschaft. Sowohl Bürge als auch Hypothekenschuldner sind schuldnerfremde Personen. Wenn der Schuldner der Forderung nicht zahlt, kann der Gläubiger sowohl Befriedigung aus der Bürgschaft suchen, als auch aus der Hypothek in das Grundstück des Hypothekenschuldners vollstrecken.

Um die Vollstreckung in sein Grundstück zu verhindern, kann der Hypothekenschuldner auf seine Hypothek zahlen. Mit der Zahlung geht die zu sichernde schuldrechtliche Forderung auf den Hypothekenschuldner über. Mit der Forderung gehen nach §§ 412, 401 BGB die Sicherungsrechte an der Forderung und damit auch die Bürgschaft auf den Hypothekenschuldner über. Damit kann der Hypothekenschuldner, wenn er als Sicherungsgeber zuerst auf die von ihm bestellte Sicherheit zahlt, Regress bei dem Bürgen nehmen. Der Bürge wäre allein der Benachteiligte.

Im umgekehrten Fall kann der Bürge auf seine Bürgschaft zahlen, wenn er von dem Gläubiger in Anspruch genommen wird. In diesem Fall geht wegen § 774 BGB die zu sichernde Forderung und mit ihr gem. §§ 412, 401 BGB die bestellten Sicherheiten und damit auch die Hypothek auf den Bürgen über. Bei dieser Konstellation kann der Bürge beim Hypothekenschuldner Regress nehmen, indem er in dessen Grundstück vollstreckt.

Lösung der Rechtsprechung über den Gesamtschuldnerausgleich

Hier zeigt sich, dass die Frage, welcher Sicherungsgeber besser gestellt ist, im Endeffekt davon abhängt, wer zuerst wegen seiner Sicherheit vom Gläubiger in Anspruch genommen wird. Eben jener kann sodann den zweiten Sicherungsgeber in Regress nehmen; daher auch der Begriff „Wettlauf der Sicherungsgeber“. In letzter Konsequenz hängt es demnach vom Zufall ab, welcher Sicherungsgeber letztlich „den Kürzeren zieht“. Um dies zu verhindern, vertritt die Rechtsprechung die Ansicht, dass die Regelungen über Gesamtschuldner gem. §§ 421 ff. BGB auf beide Sicherungsgeber Anwendung finden sollen. Damit kann der in Anspruch genommene Sicherungsgeber den nicht in Anspruch genommenen Sicherungsgeber gem. § 426 BGB nur in Höhe der Hälfte der gesicherten Forderung auf Regress in Anspruch nehmen. Nur diese Konstellation verhindert einen Wettlauf der Sicherungsgeber und stellt damit eine gerechte Lösung dar.

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Anmerkung

Zu dem Thema dieses Artikels kann ein vertiefender Crashkurs gebucht werden.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem im Blog-Beitrag „Vorstellung der Hypotheken-Klausur“ aufgeführten Problembereichen der Hypothek. Weitere Artikel zum Thema „Immobiliarsachenrecht“ sind der Artikel über die „Grundschuldklausur“, der Artikel über die „Vormerkungsklausur„, „Klausurfall zur Auflassungsvormerkung“ und „Wettlauf der Sicherungsgeber„. Für eine Übersicht aller Beiträge und Klausurfälle siehe unter „Artikel„.

Näheres zur verfassungsrechtlichen Bedeutung des Eigentums: „Das Eigentum Art. 14 I 1 GG„.

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