Schweigen als Willenserklärung
Schweigen als Willenserklärung im Rechtsverkehr mit Beispielen und Erklärungen
Die Aufsatzreihe zur Willenserklärung behandelt bereits die wichtigsten Probleme in Bezug auf die Willenserklärung. Eine Thematik, die in Klausuren immer wieder gerne auftaucht, soll an dieser Stelle aber noch gesondert behandelt werden. Der erste Teil der Aufsatzreihe zur Willenserklärung informiert bereits darüber, dass es eines objektiven Erklärungstatbestands bedarf, damit eine Willenserklärung überhaupt existiert. Angedeutet wurde an dieser Stelle ebenfalls, dass in Ausnahmefällen auch einem Schweigen Erklärungsgehalt zukommen kann. Obgleich man das Schweigen einer Person grundsätzlich als rechtliches Nullum betrachtet und es daher keinerlei Wirkung entfaltet, gibt es von diesem Grundsatz wie immer Ausnahmen. Diese wollen wir an dieser Stelle aufarbeiten.
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Bei Amazon kaufenI) Grundsatz Schweigen als rechtliches Nullum
Grundsätzlich stellt das Schweigen auf eine Erklärung wie oben erwähnt ein rechtliches Nullum dar. Es entfaltet keine Wirkung. Der Erklärungstatbestand einer Willenserklärung, also der objektive Teil, wird meist ausdrücklich gesetzt. Das kann durch eine Unterschrift unter einem Vertrag geschehen oder konkludent, wie etwa durch Nicken auf ein Vertragsangebot. Konkludent bedeutet insofern, dass eine Person zwar nicht ausdrücklich ihren Willen erklärt. Der Wille manifestiert sich aber im Endeffekt aus der Sicht eines objektiven Betrachters in irgendeiner Form (schlüssiges Verhalten). Dass das Schweigen einer Person keine Wirkung entfaltet, hat der Gesetzgeber in § 241 a BGB für einen Verbrauchsgüterkauf sogar ausdrücklich niedergeschrieben.
II) Schweigen als Erklärung
Nun kann dem Schweigen jedoch ausnahmsweise doch Erklärungsgehalt zukommen. Es sind hierbei mehrere Fallgruppen zu unterscheiden:
1) Vereinbarter Erklärungswert bei Schweigen
Zunächst einmal kann es ja sein, dass die Vertragsparteien dem Schweigen des anderen einvernehmlich einen Erklärungswert beigemessen haben. Denn das ist aufgrund der Privatautonomie grundsätzlich möglich.
✱ Fallbeispiel
A bietet dem X seinen Gebrauchtwagen zum Preis von 5.000 Euro zum Kauf an. X sagt zu A, dass er gerne eine Woche darüber nachdenken wolle. Sollte der A aber bis dahin nichts von ihm hören, so sehe er den Vertrag als geschlossen an.
Hier ist kein Grund dafür ersichtlich dem Schweigen des X keinen Erklärungsgehalt beizumessen. Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte und der Grundsatz der Privatautonomie gebieten es quasi dem Schweigen einen Erklärungsgehalt beizumessen. Daher kann man bei einem Schweigen nach dem Ablauf einer Woche von einer Willenserklärung ausgehen.
2) Gesetzlich geregelte Fälle
Nun gibt es darüber hinaus aber auch Fälle, in welchen das Gesetz dem Schweigen einer Person einen Erklärungsgehalt beimisst. Insofern gibt es sowohl Vorschriften, die bei Schweigen einer Partei eine Zustimmung fingieren als auch solche, die dann eine Ablehnung annehmen.
a) Schweigen als Zustimmung
Dem Schweigen kommt zum Beispiel eine Zustimmung zu in den §§ 416 I S. 2, 455 S. 2, 516 II S. 2, 1943 oder auch 149 S. 2 BGB oder § 362 I S. 2 HGB. In diesen Fällen sieht der Gesetzgeber vor, dass auch Schweigen als Zustimmung gelten soll. Die Auflistung ist sicherlich nicht abschließend, sondern soll nur einige Beispiele anführen.
b) Schweigen als Ablehnung
Auf der anderen Seite finden sich im Gesetz auch Normen, die dem Schweigen eine Ablehnungswirkung beimessen: So zum Beispiel §§ 108 II S. 2, 177 II S. 2, 451 I S. 2 oder § 415 II S. 2 BGB.
III) Achtung bei § 151 BGB
★ Wichtiger Hinweis
Vorsicht ist bei § 151 BGB geboten. In dieser Vorschrift wird festgelegt, dass ein Vertrag auch dann zu Stande kommen kann, wenn dem Empfänger die Annahme eines Angebotes nicht zugeht. Wichtig ist, dass diese Vorschrift in keinem Fall auf die Erklärung an sich verzichtet, sondern ausschließlich auf deren Zugang beim Empfänger. Es handelt sich bei dieser Vorschrift also nicht um einen Fall des gesetzlich normierten Schweigens. Die Erklärung muss schon geäußert werden. Lediglich der Zugang der Erklärung beim Empfänger wird entbehrlich.
IV) Das kaufmännische Bestätigungsschreiben
Einen Sonderfall des Schweigens als Zustimmung stellt das sogenannte kaufmännische Bestätigungsschreiben dar. Dieses findet sich auch immer gerne in Klausuren . Hierbei handelt es sich um ein Schreiben eines Kaufmannes an einen anderen Kaufmann. (Nach einer Minderansicht reicht es schon, dass der Empfänger kaufmannsähnlich auftritt.) In dem Schreiben wird zur Beweissicherung der Inhalt eines angeblich geschlossenen Vertrages wiedergegeben. Widerspricht in einem solchen Fall der Empfänger diesem Schreiben nicht unverzüglich, so ist anerkannt, dass der Vertrag mit dem Inhalt des Bestätigungsschreiben als geschlossen gilt. Insofern handelt es sich nicht um eine gesetzliche Regelung, sondern vielmehr um Gewohnheitsrecht. An dieser Stelle soll auf das kaufmännische Bestätigungsschreiben nur kurz hingewiesen werden. Zur ausführlichen Darstellung empfiehlt es sich in einem Lehrbuch nachzulesen. Insbesondere sollte man sich den Unterschied zwischen einer Auftragsbestätigung und einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben zu Gemüte führen. Diese beiden Schreiben darf man nicht miteinander verwechseln.
Anmerkungen
Besuchen Sie auch unsere weiteren Artikel zum Thema Willenserklärung: „Wirksamwerden einer Willenserklärung„, „Haftung im Gefälligkeitsverhältnis„, „Bestandteile einer Willenserklärung„, „Auslegung einer Willenserklärung„, „Auslegung von Testamenten„
siehe auch: Klausur Forderungsabtretung
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