Strafrecht AT Basics Anstiftung, Error in persona, aberratio ictus
Prüfschema und Aufbau in der StGB-Klausur beim Zusammentreffen aller drei Rechtsinstitute.
Im Folgenden ein Fall zur Verdeutlichung des Aufbaus der Problembereiche Anstiftung, error in persona sowie aberratio ictus. Die Lösung will den Schwerpunkt auf den Aufbau in der Klausur legen. Aus diesem Grunde wird auf eine Darstellung der Meinungsstreite verzichtet.
Fall
A will C töten, dies aber nicht selber machen. Er bietet B 30 Euro dafür, dass er C tötet. B will sich das Geld verdienen, erschiesst aber den D, welcher an Stelle des C an der Stelle saß, wo ihm der B auflauerte. Strafbarkeit von A und B nach § 212 I StGB ?
Lösung
A. Strafbarkeit des B gemäß § 212 I StGB
I. Tatbestandsmäßigkeit
B hat den D und damit einen Menschen getötet. Gem. § 25 I 1,1.Alt. StGB ist Täter, wer die Tat selbst begeht. Insofern kommt eine Strafbarkeit des B aufgrund einer eventuellen Gehilfeneigenschaft nicht mehr in Betracht.
B müsste Vorsatz in Bezug auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gehabt haben. Hier dachte B, der von ihm getötete D wäre der C. Dieser Irrtum schließt den Vorsatz nicht nach § 16 I StGB aus, da der B nicht über die objektiven Umstände der Tat irrt. Vielmehr handelt es sich bei D um einen Menschen, welches B auch erkannt hat und dessen Tod bereits den objektiven Tatbestand des § 212 I StGB erfüllt. Der Irrtum über die Identität der erschossenen Person stellt lediglich einen error in persona dar, welcher unbeachtlich ist. Damit handelte B vorsätzlich.
II. Rechtswidrigkeit
Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich.
III. Schuld
B hat ebenfalls schuldhaft gehandelt.
Mithin hat sich B eines Totschlages nach § 212 I StGB strafbar gemacht.
B. Strafbarkeit des A gemäß §§ 212 I,26 StGB
I. Tatbestandsmäßigkeit
a.) Tatbestandsmäßige, rechtswidrige Vortat (limitierte Akzessorietät) = liegt in Form des § 212 I StGB bei B vor.
b.) Anstiftungshandlung
A hat bei B den Täterwillen (animus auctoris) hervorgerufen.
a.) Vorsatz bezüglich der Haupttat
A kannte die Umstände der Tat des B und wollte auch, dass sie so abläuft. Allerdings wollte er das C und nicht D getroffen wird. Fraglich ist, wie sich der für den B unbeachtliche error in persona auf den Anstifter auswirkt. Da der Anstifter die Umstände der Tat nicht genauso überblicken kann, wie der Täter selber ist die Verwechslung des Tatobjektes durch B nicht von seinem Vorstellungsbild umfasst. Vielmehr stellt die Verwechslung des Tatobjekts durch B für den A eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf dar, welche als aberratio ictus dann nach § 16 I StGB zum Ausschluss des Vorsatzes führt, wenn die Abweichung so wesentlich ist, dass unter normalen Umständen mit ihr nicht mehr gerechnet werden muss. Das an einer Stelle, wo man eine Person vermutet jemand anderes sitzt, ist nicht unwahrscheinlich. Aus diesem Grunde handelt es sich bei der Verwechslung der Tatobjekte durch B um eine unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf, mit welcher der A noch rechnen musste. Damit liegt kein Fall des § 16 I StGB vor und A handelte vorsätzlich in Bezug auf die Haupttat.
b.) Vorsatz bezüglich der Anstiftungshandlung
A hatte auch Vorsatz in Bezug auf seine Anstiftungshandlung.
II. Rechtswidrigkeit
Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich.
III. Schuld
A hat auch schuldhaft gehandelt.
Damit hat sich A einer Anstiftung zum Todschlag nach §§ 212 I,26 StGB strafbar gemacht.
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