Die juristische Ausbildung
Prüfungsvorbereitung ohne Examinatorien und ohne Repetitor.Vorschläge für die Eigenarbeit und private Gruppenarbeit im Jura-Studium.
An dieser Stelle möchten wir einige Anmerkungen zur gegenwärtigen Lage der juristischen Ausbildung machen. An einigen Universitäten gibt es immer noch überfüllte Lehrveranstaltungen, zu wenig Klausurenkurse, fehlende Examinatorien und Repetitorien, welche ein zügiges Studium erschweren. Immer noch absolvieren die Studierenden das Studium in Überlänge. Und dennoch schneiden am Ende viele mit schlechten Examensergebnissen ab. Die aufgeführten Unzulänglichkeiten bestehen trotz Einführung der Studiengebühren im Großen und Ganzen fort. Damit ist gleichzeitig bewiesen, dass Geld alleine nicht zur Behebung aller Übel beitragen kann. Die Probleme liegen an anderer Stelle und sind mit zusätzlichen Geldmitteln allein nicht in den Griff zu bekommen. Es sind andere Maßnahmen nötig. Um das deutlich zu machen, werden die oben aufgeführten Stichworte nun näher analysiert.
Überfüllte Lehrveranstaltungen
Zweifellos sieht es erschreckend aus, wenn eine juristische Vorlesung von vierhundert und mehr Studierenden besucht wird, wie das an großen Universitäten vorkommen kann. Auf der anderen Seite macht es keinen Unterschied, ob in einer Vorlesung vierhundert oder auch nur zwanzig Studierende sitzen. Beide Veranstaltungen sind zu voll. Jede Lehrveranstaltung mit über fünfzehn Teilnehmern ist zu voll. Denn auf den einzelnen Studierenden kann dann schlicht nicht mehr individuell eingegangen werden.
Die juristischen Vorlesungen und Übungen waren in diesem Sinne schon immer überfüllt. Dies fiel nur deshalb nicht besonders auf, weil vieles von dem, was der Dozent in der Vorlesung erzählt, auch in Büchern und Skripten steht. Damit ist es für denjenigen Studierenden, welcher aufgrund des überfüllten Hörsaals wenig von der Vorlesung mitbekommen hat, jederzeit abrufbar. Lediglich bei den Seminaren bemüht man sich um eine sinnvolle Begrenzung der Teilnehmerzahl.
Qualität der Klausurenkurse
Man kann durch das regelmäßige Schreiben von Klausuren grundsätzlich das Klausurenschreiben lernen und üben. Dies setzt voraus, dass der Bearbeiter eine umfassende Korrektur seiner Klausur erhält. Diese muss geeignet sein, ihn materielle, formelle und strukturelle Fehler erkennen zu lassen. Leider sind die Korrektoren an vielen Universitäten auf das Auffinden von „Problemen“ fixiert. Diese werden sodann nach einer mehr oder weniger brauchbaren Musterlösung beim Bearbeiter „abgehakt“. Die herkömmliche Art der Korrektur von Klausuren ist somit nicht mehr die Regel.
Ob der Bearbeiter mit seiner Klausur gezeigt hat, dass er über methodische Fähigkeiten verfügt, ist der Korrektur meistens nicht mehr zu entnehmen. Dafür müsste man bei der Korrektur regelmäßig weit ausholen, u.U. bis zu den allerersten Anfängen des juristischen Studiums. Und dafür ist schon allein der Rand nicht breit genug. Auch der tüchtigste und engagierteste Korrekturassistent kann zu einer Klausur nur einen Bruchteil dessen sagen, was hierzu eigentlich gesagt werden müsste.
Die Besprechung der Klausur ist schließlich auch wenig hilfreich. Was nützt es dem Studierenden, der es methodisch falsch gemacht hat, wenn ein Dozent ihm sagt, wie er selbst es materiell richtig machen würde? Einzig eine ausgefeilte Musterlösung, welche auf alle möglichen Lösungswege eingeht und gleichzeitig Hinweise auf die methodische Herangehensweise an die Lösung des Sachverhalts enthält, verspricht einen Lerngewinn im Rahmen des juristischen Studiums.
Examinatorien und Repetitorien
Bei diesen Veranstaltungen für die Examenssemester steht der Hochschuldozent vor einem Dilemma. Soll er die einzelnen Rechtsgebiete systematisch oder fragmentarisch (zB anhand aktueller Rechtsprechung) behandeln? Entscheidet er sich für das erstere, dementiert er sich selbst. Denn die verschiedenen Rechtsgebiete wurden ja regelmäßig von ihm bereits früher systematisch behandelt, etwa in den Grundkursen. Also entscheidet er sich für das fragmentarische Vorgehen. Das entspricht allerdings nicht den Bedürfnissen der Studierenden in dieser Phase ihres Studiums. So entsteht eine Lücke, welche traditionell der Repetitor ausfüllt. Er empfiehlt den Studierenden im Regelfall alles beiseite zu legen, was sie bisher gelernt haben und fängt ganz neu an. Das wiederum signalisiert Mängel in der juristischen Ausbildung an der Hochschule, die in dieser Hinsicht eine eher unzureichende Grundlage für das Examen bietet. Nun kann man sich sagen, dass dies schon immer so war, aber wirklich beruhigend ist das nicht.
Überlänge des Studiums
Die Studienordnungen sehen durchweg eine Freischussmöglichkeit bei der juristischen Ausbildung vor. Das bedeutet eine Studiendauer von sieben Semestern. Im Schnitt dauert das Studium aber etwa 12 Semester. Längere Studienzeiten sind nicht selten. Wie erklärt sich das? Die Antwort fällt nicht schwer. Viele Studierende absolvieren nicht ein Jurastudium, sondern drei ganz verschiedene Studien.
Das erste Studium findet an der Hochschule statt. Es ist ausschließlich auf den Erwerb der Zwischenprüfung oder Abschlussprüfung, der Scheine sowie der Schwerpunktprüfung ausgerichtet. Da für die Zwischenprüfung, die Schwerpunktprüfung und auch für die Scheine grundsätzlich nur punktuelle Bereiche gelernt werden, merkt der Studierende bald, dass er keine ausreichende Grundlage dafür hat seine juristische Ausbildung mit einem guten Examen abzuschließen.
Also geht er für ein bis zwei Jahre zum Repetitor, der ihn ganz neu ausbildet. Nach Abschluss dieses Zweitstudiums sieht der Studierende, dass er noch immer nicht examensreif ist. Jetzt beginnt er ein einsames Drittstudium von nochmals ein bis zwei Jahren. Er setzt sich an seinen Schreibtisch und tut das, was er von Anfang an hätte machen sollen: Er entwickelt Lernaktivitäten, indem er zB Karteikarten anlegt, Übersichtsgrafiken entwirft und dergleichen mehr.
Zählt man alles zusammen, kommt man auf eine Dauer des durchschnittlichen juristischen Studiums von fünf bis acht Jahren oder zehn bis sechzehn Semestern. Es ist kein Wunder, dass ein Studierender, der sich nach zwölf Semestern zum Examen meldet glaubt, er habe sich beeilt.
Schlechte Examensergebnisse
Die Examina, welche den Abschluss des Studiums darstellen, fallen schlecht aus. Rund ein Drittel der Kandidaten fällt durch. Und der überwiegende Teil derer, die das Examen bestehen, erhält ein derart schlechtes Zeugnis, dass man für die spätere Berufsausübung das Schlimmste befürchten muss. Es gibt wohl keinen Prüfer, der nicht wieder und wieder die deprimierende Erfahrung macht, dass Kandidaten mit einem knappen „Ausreichend“ durch das mündliche Examen gelassen werden. Eigentlich müsste man ihnen die Eignung für einen juristischen Beruf absprechen. Aber wer mag schon so grausam sein den Kandidaten durchfallen zu lassen, wenn dieser ein ergrauter Veteran ist, der nach zwanzig Semestern seiner juristischen Ausbildung im zweiten Anlauf im schriftlichen Examen die Mindestpunktzahl geschafft hat, und wenn überdies draußen vor der Tür der Ehegatte des Kandidaten mit angstvollen Kindern wartet.
Fazit und Vorschläge
Die Effizienz und der Erfolg des Jura Studiums hängen aufgrund des oben Gesagten in einem entscheidenden Ausmaß von den eigenen Lernaktivitäten ab. Je früher man sich im Laufe seines Studiums aktiv darum bemüht, eine eigene Lernplanung für das Jurastudium zu entwickeln, desto eher stellt sich das für die Lösung von Examensklausuren unabdingbare Strukturdenken ein.
Eigene Lernplanung
Die eigene Lernplanung kann sich zB am Thema der aktuellen Klausur aus dem Examensklausurenkurs der Universität orientieren. So kann das Thema der Examensklausur im Examensklausurenkurs zB „Leistungsstörungsrecht“ sein. Dies kann man zum Anlass nehmen sich mit Leistungsstörungen zu beschäftigen.
Dabei empfiehlt sich zuerst die rein „technische“ Vorgehensweise. D.h., man schreibt in der ersten Phase alle Anspruchsgrundlagen aus dem Leistungsstörungsrecht auf ein Blatt Papier und markiert diese in einer Taschenbuch-Textausgabe des BGBs. Die selber herausgearbeiteten Anspruchsgrundlagen kann man mit Hilfe von gängigen Skripten zum Leistungsstörungsrecht auf ihre Richtigkeit hin überprüfen.
Im nächsten Schritt legt man für jede einzelne Anspruchsgrundlage ein einzelnes Blatt an und notiert dort die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen kann man mit Hilfe von Skripten auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Nach der Erstellung der Anspruchsgrundlagen sucht man sich aus dem Internet die entsprechenden Unterlagen vom Repetitorium heraus – falls man schon eines besucht haben sollte – oder aus Ausbildungszeitschriften wie der JuS oder der JURA einschlägige Fälle zum Thema „Leistungsstörungsrecht“. Diese Fälle versucht man sodann mit Hilfe seiner selbst erstellten Anspruchsgrundlagen zu lösen. Danach wird die eigene Ausarbeitung mit den Lösungsanmerkungen der Klausur verglichen.
Nach diesem Schritt kann man sich weitere Klausuren zum Thema „Leistungsstörungsrecht“ vornehmen oder man geht zum nächsten Thema über. Bei der Themenauswahl kann man sich wiederum an der nächsten ausgegebenen Examensklausur orientieren. Oder man sucht sich selber – unabhängig vom Klausurenkursthema – ein Gebiet aus (zB „Gewährleistungsrechte„).
Wichtig ist, dass man sich für die selbst erstellten Prüfschemata zu den einzelnen Anspruchsgrundlagen einen eigenen Ordner zulegt. In diesen kommen alle selbst erstellten Arbeitsunterlagen. Was selbst erarbeitet worden ist, kann auch schneller wiederholt werden. Aus diesem Grunde kann der Ordner jederzeit für ein eigenes Schnell-Repetitorium im weiteren Verlauf der eigenen juristischen Ausbildung genutzt werden.
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Ein weiterer, effektiver Weg des in Eigenarbeit betriebenen Teils des Jura-Studiums besteht in der Bildung einer Arbeitsgruppe. Eine Arbeitsgruppe sollte zum einen eine Art eigenes Repetitorium darstellen, in welchem jeder Teilnehmer im Turnus einmal die Rolle des Repetitors übernimmt. Dies kann in der Form geschehen, dass abwechselnd einer aus der Gruppe ein vorher festgelegtes Thema – zB. Irrtumslehre im Strafrecht – vor den anderen referiert und diese daraufhin Fragen stellen dürfen. Nach dem Vortrag weiß man, ob man das vorgetragene Thema auch verstanden hat. Zum anderen dient die Gruppe als Diskussionsforum, in welchem sich jeder Teilnehmer in der juristischen Argumentation schulen kann. Gerade das Argumentieren sowie die juristische Diskussion kommen in der juristischen Ausbildung generell zu kurz.
Schließlich kann die Arbeitsgruppe dazu eingesetzt werden im Team Fälle zu lösen. So kann ein Teilnehmer der Gruppe einen Fall mit Musterlösung vorbereitet haben und bei der nächsten Sitzung seinen Mitstreitern den Fall zur Lösung vorlegen. Derjenige Teilnehmer, welcher die Musterlösung zum Fall durchgearbeitet hat, kann in die Diskussion lenkend eingreifen und damit den Teilnehmern, welche den Fall lösen müssen, auf die Sprünge helfen. So viele Vorteile die Arbeitsgruppe auch aufweist, so schwierig kann es manchmal sein eine solche zu gründen. Die Bildung einer Arbeitsgruppe kann sich bisweilen als ein langwieriges Unterfangen darstellen, wovon man sich aber nicht entmutigen lassen darf. So sollten alle Beteiligten des privaten Repetitoriums ernsthaft an regelmäßigen Treffen interessiert sein und nicht die vereinbarten Termine nach Lust und Laune platzen lassen. Wenn man aber im Laufe seiner juristischen Ausbildung einmal ernsthafte Mitstreiter gefunden hat ist es empfehlenswert, die Arbeitsgruppe nicht über drei Teilnehmer hinaus anwachsen zu lassen. Denn ein vernünftiges Arbeiten sowie eine effiziente juristische Ausbildung bei einer höheren Teilnehmerzahl ist in der Regel nicht zu gewährleisten.
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