Klausurtechnik – BGB
Schrittweise Erstellung der Lösung einer Klausur durch Obersatz, Definition, Subsumtion und Konklusion anhand eines Falles im Zivilrecht
Neben dem materiellen Wissen ist die Beherrschung der Klausurtechnik im juristischen Studium unabdingbare Voraussetzung. Der folgende Beitrag zeigt anhand eines Falles aus dem Zivilrecht, wie eine Lösung durch strikte Anwendung von Obersatz, Definition, Subsumtion und Konklusion schrittweise erstellt wird. Die einzelnen Arbeitsschritte werden dabei jeweils getrennt dargestellt. Der Beitrag gilt als Ergänzung der Aufsätze „Gutachtenstil in Klausur und Hausarbeit“ sowie „Gutachtentechnik Öffentliches Recht“.
Obersatz
Fall: A kauft von B eine Vase. A kann zahlt den Kaufpreis, aber B übergibt dem A die Vase nicht.
Welche Ansprüche hat der A gegen den B?
A könnte gegen den B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Vase gemäß § 433 I 1 BGB.
I. Anspruch entstanden
Es müsste ein Anspruch entstanden sein.
Kaufvertrag
A und B müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben.
1) Willenserklärung des A
- Der A müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Definition
- Subsumtion
- Konklusion
2) Willenserklärung des B
- Der B müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Definition
- Subsumtion
- Konklusion
II. Anspruch erloschen
Weiterhin könnte der Anspruch des A gegen B durch Erfüllung erloschen sein gemäß § 362 BGB.
Erfüllung gemäß § 362 BGB
- Dazu müsste der B die Leistung den B bewirkt haben gemäß § 362 BGB. (Obersatz)
- Definition
- Subsumtion
- Konklusion
III. Anspruch einredebehaftet
Der Anspruch des A gegen B könnte dauerhaft einredebehaftet sein
Verjährung gemäß § 214 BGB
- Der Leistungsanspruch des A gegen B könnte verjährt sein gemäß § 214 BGB. (Obersatz)
- Definition
- Subsumtion
- Konklusion
Definition
A könnte gegen den B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Vase gemäß § 433 I 1 BGB.
I. Anspruch entstanden
Es müsste ein Anspruch entstanden sein.
Kaufvertrag
A und B müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben.
1) Willenserklärung des A
- Der A müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definiton)
- Subsumtion
- Konklusion
2) Willenserklärung des B
- Der B müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definition)
- Subsumtion
- Konklusion
II. Anspruch erloschen
Weiterhin könnte der Anspruch des A gegen B durch Erfüllung erloschen sein.
Erfüllung gemäß § 362 BGB
-
-
- Dazu müsste der B die Leistung den B bewirkt haben gemäß § 362 BGB. (Obersatz)
- Erfüllung ist die Schuldtilgung durch bewirken der geschuldeten Leistung. (Definition)
- Subsumtion
- Konklusion
-
III. Anspruch einredebehaftet
Der Anspruch des A gegen B könnte dauerhaft einredebehaftet sein.
Verjährung gemäß § 214 BGB
- Der Leistungsanspruch des A gegen B könnte verjährt sein gemäß § 214 BGB. (Obersatz)
- Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung von etwaigen Hemmungen und Tatbeständen eines Neubeginns abgelaufen ist. (Definition)
- Subsumtion
- Konklusion
Subsumtion
A könnte gegen den B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Vase gemäß § 433 I 1 BGB.
I. Anspruch entstanden
Es müsste ein Anspruch entstanden sein.
Kaufvertrag
A und B müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben.
1) Willenserklärung des A
- Der A müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definition)
- Vorliegend wollte der A eine Vase von dem B kaufen. Durch die Zahlung des Kaufpreis wird man davon ausgehen können, dass er in den Kaufvertrag eingewilligt hat. (Subsumtion)
- Konklusion
2) Willenserklärung des B
- Der B müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definiton)
- Laut vorliegendem Sachverhalt gibt der B ein Angebot zum Kauf eines Fahrrades ab und nimmt auch die Geldleistung entgegen. (Subsumtion)
- Konklusion
II. Anspruch erloschen
Weiterhin könnte der Anspruch des A gegen B durch Erfüllung erloschen sein.
Erfüllung § 362 BGB
- Dazu müsste der B die Leistung den B bewirkt haben gemäß § 362 BGB. (Obersatz)
- Erfüllung ist die Schuldtilgung durch bewirken der geschuldeten Leistung. (Definition)
- Laut Sachverhalt hat der B die Vase noch nicht an den A geleistet. (Subsumtion)
- Konklusion
III. Anspruch einredebehaftet
Der Anspruch des A gegen B könnte dauerhaft einredebehaftet sein.
Verjährung gemäß § 214 BGB
- Der Zahlungsanspruch könnte verjährt sein gemäß § 214 BGB. (Obersatz)
- Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung von etwaigen Hemmungen und Tatbeständen eines Neubeginns abgelaufen ist. (Definition)
- Laut Sachverhalt sind keine Indizien gegeben, dass die Verjährung bereits eingesetzt hat. (Subsumtion)
- Konklusion
Konklusion
A könnte gegen den B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Vase gemäß § 433 I 1 BGB.
I. Anspruch entstanden
Es müsste ein Anspruch entstanden sein.
Kaufvertrag
A und B müssten einen Kaufvertrag geschlossen haben.
1) Willenserklärung des A
- Der A müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definiton)
- Vorliegend wollte der A eine Vase von dem B kaufen. Durch die Zahlung des Kaufpreis wird man davon ausgehen können, dass er in den Kaufvertrag eingewilligt hat. (Subsumtion)
- Somit hat der A einen Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben. (Konklusion)
2) Willenserklärung des B
- Der B müsste eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages gegeben haben. (Obersatz)
- Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. (Definition)
- Laut vorliegendem Sachverhalt gibt der B ein Angebot zum Kauf eines Fahrrades ab und nimmt auch die Geldleistung entgegen. (Subsumtion)
- Somit hat der B eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages abgegeben. (Konklusion)
Somit haben A und B einen Kaufvertrag geschlossen.
Somit hat A gegen B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung gemäß § 433 I 1 BGB.
II. Anspruch erloschen
Weiterhin könnte der Anspruch des A gegen B durch Erfüllung erloschen sein.
Erfüllung gemäß § 362 BGB
- Dazu müsste der B die Leistung den A bewirkt haben gemäß § 362 BGB. (Obersatz)
- Erfüllung ist die Schuldtilgung durch bewirken der geschuldeten Leistung. (Definition)
- Laut Sachverhalt hat der B die Vase noch nicht an den A geleistet. (Subsumtion)
- Somit hat der B die die Leistung nicht an den A bewirkt gemäß § 362 BGB. (Konklusion)
Somit ist der Anspruch des A gegen B noch nicht erloschen.
III. Anspruch einredebehaftet
Der Anspruch des A gegen B könnte dauerhaft einredebehaftet sein.
Verjährung gemäß § 214 BGB
- Der Zahlungsanspruch könnte verjährt sein gemäß § 214 BGB.
- Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung von etwaigen Hemmungen und Tatbeständen eines Neubeginns abgelaufen ist.
- Laut Sachverhalt sind keine Indizien gegeben, dass die Verjährung bereits eingesetzt hat.
- Somit ist eine Verjährung des Anspruches des A gegen B nicht gegeben.
Somit ist der Anspruch nicht einredebehaftet.
Somit hat der A gegen B einen durchsetzbaren Anspruch auf Leistung gemäß § 433 I1 BGB
Fall
A verkauft an den volljährigen B ein Fahrrad im Wert von 500,00 €. Der A übergibt das Fahrrad dem A. Der B hat das Fahrrad aber noch nicht bezahlt. Was A nicht weiß der B ist geschäftsunfähig gemäß § 104 Nr. 2 BGB.
Hat der A einen Anspruch auf Herausgabe gemäß § 985 BGB?
Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB
Der A könnte gegen den B einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrrades gemäß § 985 BGB haben.
- Sache
Das Fahrrad müsste eine Sache sein.
Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand gemäß § 90 BGB.
Das Fahrrad ist zweifelsfrei ein körperlicher Gegenstand.
Somit ist das Fahrrad eine Sache.
- Eigentümer
Der A müsste Eigentümer der Sache sein.
Eigentum ist das absolute Recht an einer Sache. Der Eigentümer kann mit Sache nach Belieben verfahren gemäß § 903 BGB.
Vorliegend tritt der A als Verkäufer der Sache auf. Da im Sachverhalt keine weitere Indizien gegeben sind, dass der A nicht Eigentümer ist, ist davon auszugehen, dass der A Eigentümer ist.
Der A könnte aber das Eigentum an dem Fahrrad verloren haben, in dem der A es an den B gemäß § 929 S.1 übereignet haben könnte.
a) bewegliche Sache
Dazu müsste es sich um eine bewegliche Sache handeln.
Das Fahrrad ist eine bewegliche Sache (s.o.)
Somit ist eine bewegliche Sache gegeben.
b) Einigung
Weiterhin müsste zwischen A und B eine dingliche Einigung über den Eigentumsübergang getroffen worden sein.
Dazu müssten zwei Willenserklärungen abgegeben worden sein.
aa) Willenserklärung des A
Der A müsste eine Willenserklärung zur Eigentumsübergabe an den B abgeben haben
Eine Willenserklärung ist die Willensäußerung einer Person, die unmittelbar auf den Eintritt einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist.
Vorliegend stimmt der A durch die Übergabe des Fahrrades an den B wenigstens konkludent einer Einigung zu.
Somit ist eine Willenserklärung des A gegeben.
bb)Willenserklärung des B
Weiterhin müsste der B der Einigung über die Übereignung des Fahrrades zugestimmt haben.
Vorliegend gibt der B keine Willenserklärung ab. Durch die Annahme des Fahrrades könnte die Einigung konkludent erfolgt sein.
Problematisch ist vorliegend aber, dass der B gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig ist.
Eine Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist gemäß § 105 I BGB ex tunc unwirksam.
Im vorliegend Fall wurde durch den B eine konkludente Willenserklärung abgeben. Gemäß § 105 I BGB ist diese Willenserklärung unwirksam.
Wenn es sich aber bei dem Geschäft, um ein Geschäft des täglichen Lebens handelt, welches mit geringwertigen Mitteln bewirkt werden kann und Gegenleistung und Leistung bewirkt sind, so gilt der Vertrag als geschlossen gemäß § 105 a S. 1 BGB.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Fahrrad im Wert von 500€. Eine Sache im Wert von 500€ ist kein Gegenstand, welche mit geringen Mitteln bewirkt werden kann. Außerdem wurde im vorliegenden Fall die Gegenleistung durch den B noch nicht bewirkt.
Somit liegt kein Fall des § 105 a S.1 vor.
Somit ist die abgegebene Willenserklärung des B unwirksam.
Somit liegt keine Einigung zur Übereignung des Fahrrades von A an B vor.
Somit ist eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB nicht gegeben.
Somit ist der A weiterhin Eigentümer der Sache.
- Besitzer
Der B müsste Besitzer der Sache gewesen sein.
Besitzer ist derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache hat gemäß § 854 BGB.
Der A hat das Fahrrad an den B übergeben. Der A gibt gemäß § 856 I BGB den Besitz an der Sache auf und der B erwirbt den Besitz gemäß § 854 I BGB, in dem er sie tatsächliche Gewalt über das Fahrrad hat.
Somit ist der B Besitzer der Sache.
- Recht zum Besitz.
Weiterhin könnte der B ein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB haben.
Laut Sachverhalt liegen aber keine Indizien vor, die ein Recht zum Besitz begründen könnten.
Somit liegt kein Recht zum Besitz vor.
Somit hat der A gegen den B einen Anspruch auf Herausgabe gemäß § 985 BGB
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Zur Ergänzung siehe auch die Beiträge „Gutachtenstil in Klausur und Hausarbeit“, „Gutachtentechnik öffentliches Recht“ sowie „Gesetzesauslegung – Fälle zur Methodenlehre“.
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