Neue Examensbedingungen in Bayern
Überblick über die neue Examensbedingungen; Auswirkungen auf die Klausurbearbeitung; Vor- und Nachteile
Das Landesjustizprüfungsamt Bayern bedient sich seit dem März-Prüfungstermin 2015 neuer Prüfungsbedingungen: Statt bisher loser Blätter werden nun Hefte ausgeteilt. Diese aktuelle Meldung hat besonders Examenskandidaten, die kurz vor ihren schriftlichen Prüfungen stehen, in Aufruhr versetzt. Wir haben uns beim Landesjustizprüfungsamt nach den Gründen für die Neuerungen erkundigt. Dort wurde uns mitgeteilt, man habe das Für und Wider der Änderungen sorgfältig abgewogen und sehe in der neuen Formalie keine allzu starken Einschränkungen, sondern eine Erleichterung. Wir haben für Euch die Neuerungen auf den Punkt gebracht und deren Auswirkungen näher betrachtet:
Was ist neu?
• Durchnummerierte Hefte statt einzelner loser Blätter • Jedes Heft hat 56 Seiten und muss beidseitig beschrieben werden • Die einzelnen Blätter sollen dabei stärker sein als bisher, damit der Stift beim Schreiben nicht durchdrückt • Ist ein Heft voll, kann in einem neuen Heft weitergeschrieben werden • Seiten dürfen aber weder rausgerissen, noch eingefügt werden • Verweise innerhalb der Klausur bleiben zulässig • Ein Auslosen der Sitzplätze zu Beginn eines jeden Prüfungstages ist nicht mehr erforderlich und entfällt • Jeder bekommt einen festen Sitzplatz
Die Auswirkungen:
Ein positiver Aspekt der neuen Prüfungshefte ist natürlich, dass einzelne Seiten bei der Bearbeitung nicht herunterfallen oder gar verloren gehen können. Hierdurch wird ein wesentlicher, potentieller Streitpunkt vermieden. Die Behauptung, Seite 1a wäre nicht mehr da, ist ausgeschlossen.
Zu bedenken sind jedoch die Auswirkungen der Neuerungen auf die Arbeitsweise des Prüflings. Dieser ist es von der Klausurbearbeitung gewohnt, einzelne Blätter auszutauschen oder gar eine Klausurlösung noch einmal völlig „umschmeißen“ zu können. Derartiges war bislang im Examen auch ohne weiteres möglich – ohne dass der Korrektor dies mitbekommen hat. Das durchnummerierte Heft lässt eine solche Korrektur nicht mehr zu. Durch dessen Transparenz ist es dem Korrektor hier vielmehr möglich, sämtliche Streichungen und nachträgliche Änderungen des Prüflings nachzuvollziehen. Etwaige Unsicherheiten des Prüflings werden auf diese Weise zwangsläufig offenbar.
In einer juristischen Examensklausur ist eine Prüfungsaufgabe in fünf Stunden zu bewältigen. Mit welchem Vorgehen der Prüfling diese Aufgabe bewältigt, war ihm bislang selbst überlassen. Mit den neuen Prüfungsheften wird diese Freiheit des Prüflings in der Klausurbearbeitung eingeschränkt.
• Möchte der Prüfling in der Urteilsklausur den Tatbestand am Ende schreiben, müssen zuvor entsprechende Seiten freigelassen werden. Ebenso besteht eine Einschränkung bei Klausuren mit Fragestellungen (Steuerrecht oder Strafrecht mit StPO-Teil). Soll dem Korrektor gezeigt werden, dass Teil 2 vor Teil 1 bearbeitet wurde, da zu viel Platz gelassen wurde? Zeigt dies Unsicherheiten?
• Die (inhaltliche) Flexibilität des Prüflings wird stark eingeschränkt. Man denke an mehrfache inzidente Prüfungen oder an das Abfertigen einer strafrechtlichen Abschlussverfügung, wo es oftmals nach Erstellung der Gliederung dann doch sinnvoller erscheint, das Verfahren teilweise einzustellen. Entsprechendes gilt auch etwa bei familienrechtlichen Beschlüssen. Denn Lösungsskizze hin oder her, oft kommen bei der Reinschrift Geistesblitze, die die Lösungsskizze verändern.
• Der schnelle Bearbeiter, der früher fertig ist, kann nicht sich nicht mehr wie bisher um Äußeres kümmern.
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Die neue Regelung dürfte wohl bei den Examenskandidaten nicht unbedingt auf Gegenliebe stoßen. An sich spricht sicherlich nichts gegen ein gebundenes Heft. Praktikabler wäre es jedoch, wenn die Option bestünde, die Seiten nur einseitig zu beschreiben, einzelne Seiten zu entfernen oder nachträglich hinzuzufügen. Dies würde der Übersichtlichkeit bei Verfassung der Arbeit und letzten Endes auch bei der Korrektur dienen.
Dass sich die neue Regelung auch auf den Examensschnitt auswirkt, ist hingegen kaum zu erwarten. Denn Fakt ist, dass jeder Prüfungskandidat mit der Regelung konfrontiert wird und diese für jeden gleichermaßen neu ist.
Zu hoffen bleibt, dass zumindest Verweisungen nicht negativ gewertet werden. Denn hierdurch kann der Prüfling auch bei Verwendung eines gebundenen Hefts relativ flexibel, wenn auch transparent, agieren.
In diesem Sinne wünschen wir allen Examenskandidaten viel Erfolg bei ihren Prüfungen.
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