Ritalin im Jurastudium

Wissenswertes zu Wirkungsweise, Nutzen und Problemen des Medikaments Ritalin für Jurastudenten mit ADHS.

Datum
Rechtsgebiet Juristische Ausbildung
Ø Lesezeit 8 Minuten
Foto: Bernard Chantal/Shutterstock.com

Kaum ein Begriff ist mit der Aufmerksamkeitsdefizit- bzw. Hyperaktivitätsstörung (ADHS) so sehr verbunden wie Ritalin. Dieses Medikament enthält den Wirkstoff Methylphenidat und ist das geradezu sprichwörtliche Gegenmittel zu ADHS. Was sich für Außenstehende leicht dahersagt, kann für die Betroffenen ein wahrer Segen sein und in vielen Situationen einen beträchtlichen Unterschied darstellen. Deshalb ist es angezeigt, das Medikament im Hinblick auf das Studium im Allgemeinen und das Jurastudium im Besonderen etwas genauer zu betrachten.

I. Grundsätzliches

Zunächst ein paar Fakten. Methylphenidat wurde 1944 erstmals synthetisiert und ist unter vielen Handelsnamen bekannt, von denen Ritalin, Medikinet und Concerta hierzulande die Bekanntesten sein dürften. Es ist ein Wiederaufnahmehemmer der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin, d.h. nach seiner Einnahme steht dem zentralen Nervensystem von beiden Stoffen mehr zur Verfügung, was im Regelfall anregend und aufputschend wirkt und auch das Empfinden von Schmerzen, Hunger und Durst mindert. Tatsächlich ist das Wirkprinzip von Methylphenidat dem von Kokain ähnlich, aber schwächer ausgeprägt.

Für ADHS-Patienten ist jedoch nicht diese Eigenschaft der Substanz entscheidend, sondern vielmehr die Wirkung, die sie in ihrem speziellen Fall entfaltet. Das Hauptproblem der vielen Erscheinungsformen von ADHS ist die Schwierigkeit, längere Zeit aufmerksam und konzentriert zu bleiben, oft verbunden mit einer körperlichen Unruhe und gesteigerten Impulsivität. Bei der Einnahme von Methylphenidat kommt es jedoch im Gegensatz zur erwartenden aufputschenden Wirkung im Gegenteil zu einem Nachlassen genau dieser Symptome, daher auch die Bezeichnung paradoxe Wirkung. In der Tat ist die beruhigende Wirkung zuweilen so stark, dass manche ADHS-Patienten Methylphenidat als Einschlafhilfe nehmen. Der auslösende Mechanismus ist immer noch nicht genau erforscht, wird aber gern mit der Wirkung verglichen, die eine Sehhilfe auf die Behebung einer Sehschwäche hat.

Die Dosierung liegt pro Einnahme in der Regel zwischen 5 und 20 mg des Wirkstoffs und die Wirkung hält zwischen drei und fünf Stunden an. Neben der Standard-Tablettenform gibt es auch retardierte Kapseln, die eine insgesamt höhere Wirkstoffmenge zeitversetzt abgeben und so für eine langanhaltende Wirkung sorgen, was insbesondere bei schwereren Beeinträchtigungen durch ADHS vorteilhaft ist. Die maximale Höchstdosis liegt bei etwa 1 mg/kg Körpergewicht pro Tag.

Man kann sich leicht vorstellen, welchen Wert ein derartiges Medikament für von ADHS betroffene Studenten im Allgemeinen haben kann. Eine der häufigeren Auswirkungen der Störung ist z.B. die Tendenz zur Vergesslichkeit oder zum Verzetteln in zahllose Aktivitäten, oft ohne sie jemals befriedigend zu Ende zu führen. Eine zumindest zeitweise Behebung dieser und anderer Schwächen, die mit ADHS einhergehen, ist für Studenten, die sich so etwas eigentlich nicht leisten können, ein Geschenk des Himmels.

1. Zum Gebrauch

Methylphenidat ist zwar ein leistungsfähiges und nützliches Medikament gegen die ADHS-Symptomatik, aber weit davon entfernt, ein Allheilmittel zu sein. Da ADHS eine hohe Komorbidität mit anderen psychischen Auffälligkeiten, Störungen und sogar Erkrankungen aufweist und ADHS-Betroffene aufgrund ihrer Andersartigkeit manchmal soziale Schwierigkeiten haben, ist insbesondere bei mittleren und schweren Ausprägungen oft auch eine begleitende Psychotherapie angebracht. Außerdem wurde ADHS insbesondere früher als Modediagnose gehandelt und musste als Lückenbüßer für nicht erkannte andere Probleme oder Erklärung für sonst nicht erklärbare Auffälligkeiten herhalten.

Weiterhin sind die Nebenwirkungen zu beachten. Vielfach gibt es besonders zu Anfang der Behandlung Magen-Darm-Probleme und Herz-Kreislauf-Probleme sowie eine Vielzahl möglicher neurologischer Symptome. Zur Dämpfung von Appetit, Durst und Schmerzgefühl treten insbesondere zu Anfang der Anwendung oft Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit, Nervosität und Übelkeit sowie eine Vielzahl weiterer neurologischer Probleme, die zum Glück meist selten auftreten. Aufgrund seiner aufputschenden Wirkung bei Nicht-ADHS-Betroffenen ist Methylphenidat in missbräuchlicher Anwendung bei manchen Studenten als Mittel zur Leistungssteigerung beliebt und gilt als eine Art „Kokain für Arme“. Studien gehen davon aus, dass zwischen drei und 19% der Studenten den Wirkstoff zur Leistungssteigerung einnehmen.

Zu guter Letzt: die Einnahme von Methylphenidat allein löst für ADHS-Betroffene noch keine Probleme – der Anwender muss weiterhin alle Probleme angehen, vor denen auch Nicht-Anwender stehen. Es wird nur etwas leichter, da die ADHS-typischen Schwierigkeiten gemildert werden oder ganz entfallen, sonst nichts.

2. Der Rebound-Effekt

Zum Ende der Wirkungsdauer hin ist bei vielen Betroffenen zu beobachten, dass die durch das Medikament unterdrückten ADHS-Symptome sich für kurze Zeit über das normale Maß verstärken. Dieser sogenannte Rebound (Zurückprall- oder Abprall)-Effekt kann recht hinderlich werden, wenn er einen im falschen Moment erwischt, aber durch erneute Einnahme von Methylphenidat rasch wieder abgestellt werden.

II. Spezifisches zum Jurastudium

Zum Einstieg: Die Wirkungen des Wirkstoffs lesen sich wie eine Wunderwaffe zur Leistungssteigerung im Jurastudium und für ADHS-Patienten kann man auch tatsächlich von einem kleinen Wunder sprechen. Es sollte jedoch klar sein, dass ein Missbrauch des Medikaments durch Nicht-ADHS-Patienten nicht zu vergleichbaren Wirkungen führt, sondern eher einem Kokainrausch mit all seinen Vor- und Nachteilen gleicht, eingeschlossen längerfristigen schädlichen Auswirkungen auf die Psyche und das zentrale Nervensystem. Außerdem fällt Metylphenidat unter das Betäubungsmittelgesetz, insbesondere der Handel und der gewerbsmäßige Handel sind mit Freiheitsstrafen bewehrt.

1. Die Anwendung im Studium

Zwar weist ADHS eine große Vielzahl von Schweregraden und Erscheinungsformen auf, jedoch lassen sich einige einfache Regeln zum Gebrauch aufstellen.

  • Die zeitliche Wirkungsdauer als auch die Tageshöchstdosis sind beschränkt, also sollte die Einnahme sparsam erfolgen.
  • Ein verbreitetes Problem für ADHS-Betroffene ist die Schwierigkeit, eine brauchbare Tages- und Arbeitsorganisation herzustellen. Insofern bietet sich die Einnahme von Methylphenidat zu festen Zeiten als Tagesstrukturierungsmaßnahme an, um günstige Voraussetzungen zum Arbeiten und Lernen zu schaffen, die es auszunutzen gilt, solange die Wirkung anhält.
  • Für Klausuren ist Methylphenidat von besonderem Nutzen. Gerade weil ADHS-Patienten von den bei vielen Jura-Studenten verbreiteten Problemen mit dem Erlernen des Klausurenschreibens und dem Entwickeln des notwendigen Durchhaltevermögens besonders betroffen sind, empfiehlt sich die Anwendung in der Klausur. Insbesondere aufgrund der oft nicht ausreichenden Wirkungsdauer in Fortgeschrittenen- und Examensklausuren ist ggf. manchmal mehr als eine Dosis erforderlich, um den gegen Ende zu erwartenden Rebound-Effekt im Schach zu halten.
  • Da sich Methylphenidat störend auf Ruhe und Erholung auswirken kann, kann es angezeigt sein, es am Abend wegzulassen – es sei denn, dass man zum Typus „Eule“ gehört und nachts besser arbeitet. Auch in diesem Fall kann es jedoch trotz aller Widerstände vorteilhaft sein, sich auf den Vormittag zu verlegen, da Vorlesungen, Übungen und ganz besonders Prüfungen auf so etwas leider keinerlei Rücksicht nehmen.
  • Methylphenidat macht einen nicht zum Überflieger, sondern stellt lediglich so etwas wie Waffengleichheit mit Nicht-ADHS-Betroffenen her.

 2. Die Anwendung im Examen

Für das Examen gilt im wesentlichen das Gleiche wie für das Studium. Jedoch ist der Einsatz von Methylphenidat hier sogar noch wichtiger, da es hier um alles geht – und man in dieser entscheidenden Situation keinesfalls Nachteile in Kauf nehmen sollte, insbesondere da bei ADHS-Betroffenen aufgrund früherer Erfahrungen Ängste und nicht zuletzt Prüfungsängste nicht selten sind. Gerade in diesem Fall stärkt es einem fraglos den Rücken, wenn man sich die typischen ADHS-Symptome im entscheidenden Moment zuverlässig vom Hals halten kann.

III. Ergebnis

Die korrekte Verwendung von Methylphenidat kann für ADHS-Betroffene einen beträchtlichen Unterschied ausmachen. Trotz möglicher Nebenwirkungen und Risiken befreit es den Anwender von den beim Lernen und bei Prüfungen meist äußerst hinderlichen Auswirkungen der ADHS und stellt so etwas wie Waffengleichheit mit „normalen“ Kommilitonen her. Durch sorgfältige Planung der Einnahme können Arbeits- und Prüfungsphasen ohne Beeinträchtigung vorbereitet und gesteuert werden. Man sollte sich jedoch nicht dem Trugschluss hingeben, dass allein die Einnahme einer kleinen Tablette alle Studienprobleme im Alleingang löst! Sie hilft lediglich dabei, die Aufgaben und Probleme ohne Beeinträchtigung lösen zu können.

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