Schreiben einer Jura-Klausur – Ablauf
Beschreibung des realen Ablaufes einer Juraklausur sowie praxisnahe Tipps aus eigener Erfahrung für die Fertigung der Klausur.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den realen und chronologischen Ablauf einer Jura Klausur. Er enthält Verhaltenstipps und Empfehlungen für das Schreiben der Klausur.
Am Tag vor der Klausur
Am Tag vor der Klausur sollte man sich die Gesetzestexte bereitlegen und nachschauen, ob es sich um den jeweils aktuellsten Gesetzestext handelt. Außerdem sollte man im Gesetzestext nachschauen, ob alle selber gemachten Kommentierungen erlaubt sind. Ob und in welchem Umfang Kommentierungen erlaubt sind, erfährt man beim Klausur stellenden Lehrstuhl oder Zwischenprüfungsamt. Bei Examensklausuren gibt das Justizprüfungsamt Auskunft. In vielen Bundesländern werden von den Prüfungsämtern Informationsblätter herausgegeben, welche die zulässigen Kommetierungen näher beschreiben.
Des weiteren sollte der Klausurenschreiber sich vergewissern, wann und wo die Klausur stattfindet und prüfen, ob die Verkehrsmittel, die ihn am nächsten Tag zum Klausurtermin bringen sollen, zuverlässig sind.
Weiterhin sollte der Prüfling den Personalausweis sowie den Studentenausweis bereitlegen, denn meist werden diese Dokumente von den Aufsichtspersonen kontrolliert.
Außerdem muss man sich bei Abschlussklausuren oder Examensklausuren vergewissern, ob das Prüfungsamt Reinschriftpapier für die Prüfung zur Verfügung stellt oder ob man selber das Papier mitbringen muss. Bei dem Reinschriftpapier ist darauf zu achten, dass das Papier einen Korrekturrand (ca. 7cm) hat.
Am Tag der Klausur
Ankunft am Prüfungsort
Am Prüfungssaal angekommen muss der Prüfling dann einen Sitzplatz einnehmen. Sollte es bei der Prüfung einen Sitzplan geben (hängt meist an der Tür vor dem Prüfungssaal), muss der zugewiesene Platz eingenommen werden. Ist kein Sitzplan gegeben, so ist ein beliebiger Platz im Saal einzunehmen. Zu beachten ist dabei, dass meist vom Prüfungsamt verlangt wird, dass eine Reihe vor und hinter einem freigelassen und rechts und links ein Platz Abstand zum Sitznachbarn gehalten werden muss.
Hat man den Sitzplatz eingenommen, sollte der Klausurenschreiber die Gesetzestexte, das Schreibzeug, das Papier sowie Personal- und Studentenausweis auf den Platz legen.
Alle anderen Sachen (wie Jacke, Rucksack, Tasche, Handy) sind an die Garderobe zu hängen oder in die freie Reihe vor dem eigenen Sitzplatz zu legen.
Wichtig ist, dass das Handy ausgeschaltet wird, denn wenn dieses während der Prüfung klingelt, kann das als Täuschungsversuch geahndet werden.
Weiterhin sollte man sich auch klar sein, dass jegliche andere Störung die von dem Prüfling ausgeht und zu einer Beeinträchtigung der anderen Kommilitonen führt, ebenfalls zu einer Bewertung mit 0 Notenpunkten führen kann.
Nachdem der Prüfling alles an seinen Platz geräumt und das Handy ausgeschaltet hat, muss er auf den Klausurenaufseher warten, bis dieser die Einleitung zur Klausur vornimmt.
Die Anfertigung der Klausur
Der Klausurenaufseher wird eine kurze Einleitung zum Prüfungsablauf geben. Danach werden die Klausuren verdeckt ausgeteilt. Wichtig ist hier, dass die Klausur noch nicht aufgedeckt wird. Ein frühzeitiges Aufdecken kann zu einer Ahnung durch den Klausurenaufseher führen und als Täuschungsversuch gewertet werden, was wiederum zur Folge hat, dass die Klausur mit 0 Notenpunkten bewertet wird.
Nachdem der Aufseher die Bearbeitungszeit und den Bearbeitungsbeginn bekanntgegeben hat, kann die Klausur aufgedeckt werden.
Nun sollte man nicht sofort mit dem Lesen des Sachverhaltes beginnen, sondern sich zuerst die Fragestellung durchlesen, damit man im Anschluss beim Lesen des Sachverhaltes schon gezielt nach Problemen und verwirklichten oder zu prüfenden Tatbeständen suchen kann.
Sollten beim ersten Lesen schon Tatbestände ersichtlich sein, die erfüllt sein könnten oder zu prüfen sind, so sollte der Prüfling am Rand des Sachverhaltes sich die zu den Tatbeständen gehörenden Paragraphen notieren. Weiterhin sollten wichtige Merkmale oder Probleme mit dem Textmarker verdeutlicht werden.
Wurde der Sachverhalt ein erstes mal gelesen, so muss er ein zweites mal sorgfältig gelesen werden, damit man den Sachverhalt richtig versteht und Teile des Sachverhaltes nicht überliest. Sollten beim zweiten Lesen des Sachverhaltes Probleme oder Tatbestände ersichtlich werden, so sind diese zu notieren.
Sind im Sachverhalt Mehrpersonenverhältnisse gegeben, ist es ratsam, sich eine Personenskizze anzufertigen. Dabei sollte der Prüfling Notizen über die einzelnen Personen machen und ebenso das Verhältnis zwischen den beteiligten Personen notieren. Gegebenenfalls ist dabei auch das rechtliche Verhältnis zu den Personen zu skizzieren.
Weiterhin sollte man auch einen Zeitstrahl anfertigen, falls es im Sachverhalt eine Vielzahl von Daten gibt. Bei diesem Zeitstrahl notiert man dann in einer geordneten Reihenfolge das jeweilige Datum mit dem dazugehörigen Ereignis.
Nachdem man den Sachverhalt ein zweiten mal durchgelesen und einen möglichen notwendigen Zeitstrahl oder eine Personenskizze angefertigt hat, beginnt man mit der Erstellung einer Lösungsskizze.
Die Lösungsskizze hat zur Aufgabe, eine Gliederung vorzunehmen, die angibt, welche Tatbestände geprüft werden. Dabei werden die unproblematischen Tatbestände grob notiert und nur die Tatbestände, bei denen ein Theorienstreit oder ein sonstiges Problem auftritt, werden detaillierter behandelt.
Die Lösungsskizze darf aber nicht mehr als 20% der Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen, damit genügend Zeit für die Reinschrift des Gutachtens bleibt.
Ist die Lösungsskizze fertiggestellt, beginnt der Prüfling mit der Reinschrift.
Dabei sind zuerst auf dem Reinschriftpapier, soweit kein Mantelbogen gegeben ist, bei dem man seine Daten eintragen kann, die persönlichen Daten des Bearbeiters (Name, Adresse, Matrikelnummer) sowie die Bezeichnung der Klausur und der Klausurensteller aufzuschreiben (z.B.: 1. Klausur im Strafrecht für Anfänger bei Herrn Prof. Dr. Müller). Dieses erste Blatt bildet das Deckbaltt der Klausur.
Nachdem das Deckblatt angefertigt wurde, wird auf der nächsten Seite des Reinschriftpapiers mit dem Gutachten begonnen. Dabei ist es wichtig, dass auf der ersten Bearbeitungsseite der Reinschrift die Überschrift „Gutachten“ steht, da ein solches auch angefertigt wird.
Außerdem ist auf jeder Seite der Bearbeitung der Name des Prüflings sowie die fortlaufende Seitenzahl zu notieren.
Jura Individuell-Hinweis: Die Beschriftung von Klausuren mit dem Namen des Prüflings gilt i.d.R. für das Anfertigen von universitären Abschluss- oder Scheinklausuren. Dies gilt jedoch nicht bei Examensklausuren; dort bleiben die Klausuren anonym, eine Zuordnung erfolgt über den Mantelbogen. Zudem wird teilweise im Staatsexamen auch das Beschriften mit Seitenzahlen nicht mehr verlangt. Beispielsweise gibt es in Bayern neuerdings vorbeschriftete Prüfungshefte.
Die Blätter der Gliederung und/oder Lösungsskizze können ebenfalls mit Seitenzahlen versehen werden. In diesem Fall werden sie Bestandteil der Klausur und damit ebenfalls korrigiert. Diese Vorgehensweise bietet sich an, wenn in der Lösungsskizze Gedanken des Bearbeiters enthalten sind, welche er aus zeitlichen Gründen nicht in die Reinschrift der Klausur mit aufnehmen konnte. Die Nummerierung der Seitenzahlen der Gliederung schließt sich in diesem Fall an die letzte Seite der Klausurreinschrift an. Hatte z. B. die letzte Seite der Klausur die Seitenzahl 24, so schließt die Nummerierung der Skizze mit der Seitenzahl 25 an.
Danach beginnt man mit der Reinschrift. Wichtig ist, dass man sich die Zeit auch hier richtig einteilt. Die Probleme, die der Sachverhalt aufwirft, müssen ausführlichst diskutiert und es muss der Gutachtenstil eingehalten werden. Unproblematische Tatbestände hingegen können mit dem Urteilsstil schnell abgearbeitet werden.
Sollte der Bearbeiter der Klausur vor Ende der Bearbeitungszeit fertig werden, empfiehlt es sich, diese Zeit zu nutzen und das angefertigte Gutachten nochmals auf Fehler zu korrigieren und auch nochmals zu schauen, ob die Probleme der Klausur richtig bearbeitet worden sind.
Weiterhin ist zu beachten, dass in den letzten 10 Minuten vor Ende der Bearbeitungszeit nicht mehr abgegeben werden darf.
Wird durch den Klausuraufseher das Ende der Bearbeitung verkündet, muss der Bearbeiter sofort aufhören, denn beendet der Prüfling seine Arbeit nicht und schreibt weiter, kann die Klausur mit 0 Notenpunkten bewertet werden.
Nach Ende der Bearbeitung muss die Klausur beim Aufseher abgegeben werden oder der Klausuraufseher sammelt diese ein.
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Zur Ergänzung dieses Aufsatzes siehe auch die in den Kategorien Juristische Ausbildung und Examensvorbereitung erschienenen Beiträge.
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