Warum ist das Jura-Studium so schwierig?
Wissenswertes zum extrem hohen Schwierigkeitsgrad des Jura-Studiums und Hinweise auf hilfreiche Methoden.
Es hat sich außerhalb der Universitäten und Prüfungsämter zwar schon herumgesprochen, doch kann es nicht schaden, es noch einmal zu wiederholen, da viele es noch nicht gehört haben: das Jurastudium ist einer der schwierigsten Studiengänge überhaupt! Man sieht es ihm nicht ohne weiteres an, da das Tätigkeitsprofil von Anwälten, Richtern und Staatsanwälten dem Laien längst nicht so bedrohlich erscheint wie etwa das von Medizinern, Physikern oder Mathematikern, die zu den anerkannten Eierköpfen mit weithin als schwierig und anstrengend anerkanntem Studium zählen dürfen. Doch die Rechtswissenschaften, die nach außen hin so harmlos, langweilig und vertrocknet wirken, haben es faustdick hinter den Ohren! Der nachfolgende Artikel hebt gezielt die Schwierigkeiten dieses Studienganges heraus, so dass er sich notwendigerweise zum Teil wie Panikmache anhört. Doch selbstverständlich hat das Juristendasein auch seine schönen Seiten, diese sind nur nicht Gegenstand dieser Betrachtung…
Der Wolf im Schafspelz
Jura wirkt für den Laien, der gerade sein Abitur gemacht hat und sich leicht ratlos nach einem Studienfach umsieht, wie die perfekte Verlegenheitslösung. Man benötigt (außer einer guten Durchschnittsnote für den numerus clausus) keine besonderen Voraussetzungen, denn man braucht dabei keine Sonderfertigkeiten wie Physik, Mathematik, Biologie, Chemie, Geographie oder Religion; mit anderen Worten: Spezialwissen ist nicht erforderlich. Und Anwälte und Richter sind doch immer reich, oder? Oder? Außerdem hält sich seit ewigen Zeiten die Ansicht, Jura sei das perfekte studium generale, und dass man mit einem Abschluss sehr, sehr viele Optionen offen hätte. Dem Anschein nach also wirklich das perfekte Verlegenheitsstudium, denn man kann die endgültige Entscheidung, was man mit seinem Leben anfangen soll, noch etwas nach hinten verschieben. Nun, die meisten dieser Erwägungen haben tatsächlich Hand und Fuß – solange man denn den Abschluss macht und mit dem Studium gut vorankommt. Leider vergessen die meisten, darauf hinzuweisen, dass dies viel schwieriger ist, als es scheint!
Hinter der harmlosen (und meist unzutreffenden) Fassade mit riesigen, gemütlichen Bibliotheken, wohlgefüllten Schreibtischen, dicken Gesetzestexten, spannenden Rededuellen vor Gericht und fetten Honoraren lauert ein Monstrum. Denn die Anforderungen, welche die Rechtswissenschaft an diejenigen stellt, die sie beherrschen wollen, sind unendlich viel höher, als die meisten sich träumen lassen. Man muss sich mit einer komplizierten und lebensfremden Denkmethodik vertraut machen, um die Vielfalt der möglichen Lebenssachverhalte in die Begrifflichkeiten und Kategorien der Rechtswissenschaft hineinquetschen zu können. Den Argumentationen der Richter und Gelehrten können Laien (und das sind zu Beginn unweigerlich so gut wie alle Studenten) nur sehr schwer folgen, und ebenso schwierig gestaltet sich selbst mit Kommentar und Lehrbuch die Entschlüsselung der Systematik, die im Gewirr der Gesetze und ihren Vorschriften verborgen ist. Die Fälle sind für Anfänger meist bestenfalls verwirrend, schlimmstenfalls völlig unverständlich, und die Qualität der Ausbildung ist in der Regel so bescheiden, dass man genötigt ist, sich allein zu behelfen. Damit kann man jedoch grandios scheitern, da so gut wie niemand gewillt zu sein scheint, darzulegen, was hier eigentlich gespielt wird und worauf es ankommt, so dass man eine Menge Zeit und Arbeit verplempern kann, ohne doch je auf einen grünen Zweig zu kommen. Mit anderen Worten: viele, die das Studium aus Verlegenheit begonnen haben, um eine ruhige Kugel zu schieben und womöglich auf eine zündende zu Idee warten, finden sich womöglich unversehens in einem kafkaschen Albtraum wieder. (Und das ist gar nicht mal so abwegig, denn auch Kafka war Jurist.) Mögen Mathematik, Medizin oder Physik auch mehr Vor- und Spezialkenntnisse erfordern – die Rechtswissenschaft steht ihnen in Sachen Abstraktheit, Arbeitspensum und Komplexität in nichts nach.
Gefahr eines Schreckens ohne Ende
Doch damit nicht genug, denn neben den Vorlesungen und Übungsfällen muss der Ernstfall vorbereitet werden, sprich die Klausuren und Hausarbeiten für die Scheine und – letzten Endes – die letzte Grenze namens Examen. Weil die Übungsfälle so schwierig und unverständlich wirken, haben viele von vornherein schon einen Heidenrespekt vor den Klausuren und werden übernervös, so dass sich Fehler noch leichter einschleichen. Und da die Bewertungskriterien von außen kaum durchschaubar sind, fällt es schwer, festzustellen, was man eigentlich verkehrt macht, während die Korrektoren und der Professor weiterhin scheinbar unverständliches Zeug von sich geben und wenig hilfreich sind. Im schlimmsten Fall taumelt man von einer Niederlage zur nächsten, ohne recht zu wissen, wie man aus dieser Phase ständiger Nackenschläge bei absoluter Erfolglosigkeit herauskommen soll. Das ist nicht gut für das Selbstwertgefühl, was wiederum nicht hilfreich für Motivation und Arbeitsmoral ist. Wenn man, so wie leider viel zu viele angehende Juristen, nicht irgendwie herausfindet, wie man diesen Kreislauf durchbrechen kann, steigt die Belastung für Geist und Nerven irgendwann so sehr an, dass man anfällig für psychische Erkrankungen wird, die bei Jurastudenten erheblich verbreiteter als in so gut wie jedem anderen Studiengang sind.
Examen als Initiationsritus
Zum Glück kann man die Scheine beliebig oft wiederholen, so dass hartnäckige Naturen auch bei gleichbleibend schlechtem Verlauf nach und nach ihre Fahrkarten für das Examen zusammenbekommen. Doch dann droht die letzte (bzw. vorletzte) Hürde: das Examen selbst. Hier gibt es nur zwei (bestenfalls drei) Versuche, und die hohen Durchfallquoten und verbreiteten Schauergeschichten, von denen viele auch noch stimmen, sind wenig geeignet, die Moral zu heben. Natürlich will man sich gut vorbereiten, und das erfordert Zeit. Doch wenn die Noten in den Probeklausuren nicht besser werden, neigt man dazu, den Zeitpunkt immer weiter hinauszuzögern, und verliert sich womöglich in einem Teufelskreis: die Noten bleiben schlecht, also muss man mehr arbeiten. Da man aber nicht weiß, was man anders machen soll, nützt das nichts, Erfolgserlebnisse bleiben aus, so dass man unterm Strich auf der Stelle tritt und immer mehr Zeit verliert, bis man sich für einen völligen Versager hält und das Examen nur in immer weitere Ferne rückt.
Diese Ordnung der Dinge entspringt nur zum Teil der überalterten Studienordnung oder einfacher Unfähigkeit, vielmehr ist das Studium wenigstens teilweise spezifisch darauf ausgelegt, Bewerber mit einer hohen Stresstoleranz und Belastbarkeit zu begünstigen, die entscheidungsfreudig sind und sich selbst zu helfen wissen – Eigenschaften, die ein Spitzenjurist auf jeden Fall benötigt, ganz egal in welchem Feld er tätig wird. Die scheinbar (oder tatsächlich) willkürlichen Benotungen und Bewertungen, die gezielte Vernebelung der entscheidenden Fertigkeiten und Kenntnisse sowie die Wolke aus Furcht und Panik, die um die Examina wabert, dienen zumindest auch als eine Art Initiationsritus. Ein entscheidendes Werkzeug ist dabei die Prüfungsangst, die zwar überall vorkommt, doch im Examen und im Jurastudium eine Sonderrolle spielt. Denn die Prüfungsangst wird hier gezielt geschürt, um ein zusätzliches Auslesekriterium zu schaffen und unerwünschte Kandidaten auszusieben. Die Glücklichen, die erfolgreich aus diesem Fegefeuer hervorgehen, fühlen sich dagegen wie erlöst, dass sie es vermocht haben, durch diese Hölle zu kommen, und schreiben ihren Erfolg gern auch der offenkundigen Güte des Prüfungssystems zu. Denn von der Siegerseite aus wirkt dieses sehr viel weniger furchteinflößend, und obendrein schützt es die Erfolgreichen aufgrund der hohen Durchfallquoten vor allzu viel Konkurrenz – selbst wenn sie diesen Mechanismus nicht durchschauen.
Ausbildung und Berufswahl
Angesichts dieser vielen Hürden verwundert es, dass weiterhin so viele Abiturienten in die Rechtswissenschaft drängen. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem wahren Massenstudiengang entwickelt, wobei böse Zungen bereits vor hundert Jahren und bei einem winzigen Bruchteil der heutigen Studentenzahlen behaupteten, der Studiengang sei überlaufen. Dabei bleibt der Bedarf an Juristen von Seiten der Justiz und Verwaltung in etwa gleich, so dass sich ein starker Überschuss gebildet hat, der nur geringe Chancen hat, jemals den Beruf zu ergreifen, auf dessen Ausübung die Ausbildung ausgerichtet ist: das Richteramt. Mit dem Beruf des Staatsanwalts verhält es sich ähnlich, und dank des riesigen Überschusses können Gerichte und Staatsanwaltschaften sich die Kandidaten mit den besten Noten und Lebensläufen herauspicken. Das sind in etwa 5-10% der Volljuristen, der Rest muss sich anderweitig behelfen. Die meisten versuchen sich als Anwälte, gehen zu Unternehmen oder Versicherungen – oder machen etwas völlig anderes. Und meist verdienen nur die erfolgreichen Anwälte wirklich gut, oder diejenigen, die das Glück haben, in einer großen Sozietät weit oben mitzuspielen. Das sind dann wiederum meist diejenigen mit den besten Noten, so dass ein großer „Bodensatz“ zurückbleibt, der es vergleichsweise schwer hat.
Nicht hilfreich ist auch die Entwicklung des Studienganges im Hinblick auf die Bologna-Reformen, bei denen das Jurastudium auf Bachelor- und Masterformat umgestellt werden soll, was der bisherigen Form der Ausbildung gründlich zuwiderläuft und daher auch erst sehr schleppend umgesetzt wurde. Da helfen auch die neuen wohlklingenden akademischen Titel für Absolventen des ersten Staatsexamens nicht weiter, denn diese befähigen hierzulande weder zum Richteramt, noch ermöglichen sie eine Zulassung als Anwalt. Wer das volle Programm will, muss sich also nach wie vor durch das Referendariat kämpfen, dass mit den veränderten Anforderungen für die Klausuren und dem zweiten Staatsexamen für Vorgeschädigte noch einmal neue Schrecken bereithält.
Wer also sein Brot mit der Rechtswissenschaft verdienen oder ihr aus anderen Gründen nahe treten möchte, der sollte sich gut überlegen, ob er das tatsächlich möchte. Ganz abgesehen von allen übrigen Erwägungen ist die überwiegende Mehrzahl der Juristen, welche die Ausbildung abgeschlossen haben, nämlich der Ansicht, dass sie für den Fall, noch einmal vor diese Wahl gestellt zu werden, wohl lieber etwas anderes studieren würden.
Zusammenfassung
Der hohe Schwierigkeitsgrad des Jurastudiums ergibt sich somit hauptsächlich aus folgenden Faktoren:
- geringer Bekanntheitsgrad des Schwierigkeitsgrades
- abstrakte und wenig eingängige Strukturen
- hoher Arbeitsaufwand und großer Stress
- Notwendigkeit des Erlernens einer scheinbar lebensfremden Denkweise
- schlechte Ausbildungsqualität mit teils gezieltem Schüren von Verwirrung und Ängsten
- scheinbar (und tatsächlich) willkürliche Bewertungs- und Prüfungsergebnisse
- extrem anspruchsvolle Examina
Aufgrund all dieser Schwierigkeiten sollte die Rechtswissenschaft keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden – sie ist viel schwieriger, als sie aussieht.
Seit altersher ist einer der gebräuchlichsten Auswege aus dieser Zwickmühle der Gang zum Repetitor, wobei man allerdings auch dort nicht mit Wunderheilungen rechnen darf. Der Nutzen der gängigen Massenrepetitorien ist oft beschränkt, da man dort leicht in der Masse untertauchen und/oder untergehen kann, so dass der Vorteil gegenüber einer gewöhnlichen (und kostenlosen) Übung oder Vorlesung praktisch wegfällt. Die Standardrepetitorien bieten meist gute Klausurenkurse an, doch viel besser als das eigentliche Repetitorium, wenngleich etwas kostspieliger, ist der Einzelrepetitor, der sich sehr viel intensiver um die Probleme im Einzelfall kümmern kann.
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