Klausur beiderseitige Unmöglichkeit

Fallbeispiel mit Lösung zur beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit

Datum
Rechtsgebiet Kaufvertrag
Ø Lesezeit 20 Minuten
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Ausgangsfall

A und B schließen einen Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW. Bei A und B handelt es sich um Privatpersonen. Der Kaufpreis soll 3.000 Euro betragen (Marktwert 2.500 Euro). Die Haftung für Mängel wird im Kaufvertrag ausgeschlossen. B überlässt dem A das Fahrzeug, behält sich aber das Eigentum am PKW bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung durch A  vor. Als A das erste mal mit dem PKW auf der Straße fährt, kommt es zu einem Unfall mit einem Totalschaden und der PKW brennt komplett aus, so dass von dem Fahrzeug nichts mehr übrig bleibt. Ursächlich für den Verkehrsunfall waren die abgefahrenen Reifen des Fahrzeugs. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Verantwortlichkeit für den Unfall beide Parteien des Kaufvertrages trifft. Gehen Sie davon aus, dass den B eine Verantwortung in Höhe von 60% trifft, weil dieser den A unter Missachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht darauf aufmerksam machte, dass die Reifen abgefahren waren. Arglist ist ihm jedoch nicht vorzuwerfen. Gehen Sie weiterhin davon aus, dass den A eine Verantwortung in Höhe von 40 % trifft, weil dieser das Fahrzeug vor dem Beginn der Fahrt nicht auf seine Verkehrssicherheit hin geprüft hat. Dies ist allerdings üblich für A.

B verlangt von A die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.000 Euro. A hingegen weigert sich und tritt vom Vertrag zurück mit der Begründung, der B könne ihm nun nicht mehr Eigentum an dem Fahrzeug verschaffen.

Wie ist die Rechtslage?

Abwandlung

Nehmen Sie an, der objektive Wert des Fahrzeugs würde 3.000 Euro betragen, der Verkaufspreis hingegen nur 2.500 Euro. A weigert sich erneut den Kaufpreis zu zahlen, allerdings ohne vom Vertrag zurückzutreten. Er verlangt vielmehr von B Schadensersatz, weil ihm ein super Geschäft durch die Lappen gegangen sei.

Wie ist die Rechtslage?

Lösung- Ausgangsfall

A) Anspruch des B gegen A auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.000 Euro aus § 433 II BGB

Möglicherweise hat B gegen A einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.000 Euro aus § 433 II BGB.

I) Entstehen des Anspruchs

Hierfür müsste der Anspruch zunächst einmal entstanden sein. Hierfür ist zunächst Voraussetzung, dass A und B einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Dies kann hier unproblematisch bejaht werden. A und B schlossen einen Kaufvertrag über das gebrauchte Fahrzeug zu einem Preis von 3.000 Euro. Damit ist der Anspruch des B gegen A auf Zahlung von 3.000 Euro zunächst wirksam entstanden

II) Untergang des Anspruches

Möglicherweise ist der zunächst entstandene Anspruch aber wieder untergegangen.

1) Untergang durch wirksamen Rücktritt durch A gemäß §§ 326 V, 346 BGB

Dies könnte gemäß §§ 326 V, 346 BGB der Fall sein, wenn der A wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten wäre.

a) Rücktrittsgrund- Unmöglichkeit der Primärleistung oder Unmöglichkeit der Nacherfüllung?

Der Rücktrittsgrund könnte sich aus §§ 326 V, 275 oder aus §§326 V, 437,439, 275 ergeben. Nach §§ 326 V Hs.1, 275 wäre der A dann zum Rücktritt berechtigt, wenn der A seinerseits gemäß den §§ 275 I-III von seiner Leistungspflicht frei geworden wäre. Nach §§ 326 V, 437,439, 275 wäre der A dann zum Rücktritt berechtigt, wenn dem B die Nacherfüllung unmöglich gewesen wäre. Hier wurde dem A nicht vollständig das Eigentum an dem PKW verschafft. Die Übereignung durch B an A stand vielmehr unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Umstritten ist an dieser Stelle ob die fehlende Eigentumsverschaffung durch B an A einen Rechtsmangel darstellt, oder ob allgemeines Leistungsstörungsrecht Anwendung findet, weil die ursprüngliche Leistung durch B an A noch aussteht. Eine Minderansicht in der Literatur geht davon aus, dass die fehlende Eigentumsverschaffung einen Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB darstellt. Dies könnte man zwar auf den Wortlaut von § 435 stützen, der Rechte Dritter eindeutig als Rechtsmangel benennt.

Mit der herrschenden Lehre wird in diesem Fall aber davon ausgegangen, dass die fehlende Verschaffung des vollumfänglichen Eigentums durch B ein Fall der Nichtleistung ist und kein Fall der Schlechtleistung. Der B ist seiner Pflicht zur vollständigen Eigentumsverschaffung noch gar nicht und nicht etwa schlecht nachgekommen. Daher ist hierin kein Rechtsmangel zu sehen. Damit kommt als Rücktrittsgrund nicht etwa die Unmöglichkeit einer etwa zu erbringenden Nacherfüllung in Betracht, sonder als Rücktrittsgrund kommt für A vielmehr §§ 326 V, 275 direkt in Betracht, da es dem B aufgrund des Untergangs des Autos nunmehr unmöglich wurde seiner Primärpflicht auf Eigentumsverschaffung überhaupt nachzukommen. Rücktrittsgrund ist daher wenn überhaupt §§ 236 V, 275 und nicht §§ 326 V, 437,439,275. Die Verletzung der Hauptleistungspflicht kann in soweit nach hier vertretener Ansicht nicht zugleich einen Rechtsmangel der Sache darstellen.

b) Voraussetzungen von §§326 V, 275 BGB

Ein Rücktritt nach §§ 326V, 275 würde aber voraussetzen, dass der B nicht schon erfüllt hat (§ 362 BGB). B hätte dem A um den Kaufvertrag zu erfüllen, Eigentum an dem Fahrzeug verschaffen müssen. Im vorliegenden Fall hat B dem A allerdings noch nicht das vollständige das Eigentum an dem Fahrzeug verschafft. Vielmehr stand seine dingliche Einigung laut Sachverhalt unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung (§§ 929 S.1, 158 I). Auf Grund der Tatsache, dass diese Bedingung noch nicht eingetreten ist, steht die Erfüllung durch B noch aus.

Da es sich bei dem Fahrzeug um einen gebrauchten PKW handelte, ist nun dem B die vollständige Eigentumsübertragung an A vollständig unmöglich geworden, da es sich bei dem PKW um eine Stückschuld handelt. Die Primärleistung ist dem B daher gemäß § 275 I BGB unmöglich geworden. Daher ist der A gemäß § 326 V BGB zum Rücktritt berechtigt gewesen.

c) Rücktrittserklärung

Diesen Rücktritt hat A auch erklärt. Grundsätzlich wäre der Anspruch des B gegen A daher nach §§ 326 V, 346 BGB erloschen.

d) Kein Ausschluss des Rücktritts

Fraglich ist nun aber, wie es sich auf den Anspruch auswirkt, dass auch der A einen nicht unerheblichen Verschuldensanteil an dem Unfall und damit am Untergang des PKW trifft.

aa) Grundsätzlich verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht im Rahmen von § 326 V BGB

Dem Wortlaut des § 326 V BGB zufolge besteht das Rücktrittsrecht des A unabhängig von einem etwaigen Verschuldensanteil des A an der Leistungsstörung. Dem Wortlaut des § 326 V BGB zufolge beeinträchtigt das Verschulden seinerseits daher sein Rücktrittsrecht nicht.

bb) Eventuell Ausschluss des Rücktrittsrechts aber nach § 323 VI BGB

Möglicherweise ist aber das Rücktrittsrecht des A durch § 323 VI BGB ausgeschlossen. Gemäß § 326 V Hs.1 BGB findet der § 323 BGB auch im vorliegenden Fall Anwendung, nur eben mit der Maßgabe, dass die Fristsetzung entbehrlich ist. Der § 323 enthält aber in seinem Abs. VI Alt. 1 eine Ausschlussregelung für den Rücktritt. Diese Ausschlussregelung ist durch den Verweis des § 326 V auf § 323 mit erfasst.

Gemäß dieser Ausschlussregelung des § 323 VI BGB wäre der Rücktritt des Gläubigers dann ausgeschlossen, wenn dieser allein oder weit überwiegend für den Umstand verantwortlich ist, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde. Alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit wird man jedoch bei einem Verschuldensanteil von lediglich 40 % nicht annehmen können. Hierfür müsste der Verschuldensanteil des Schuldners, also des B nämlich vollständig hinter dem Verschuldensanteil des A zurücktreten. Hier liegt aber vielmehr ein solcher Fall nicht vor. Es handelt sich vielmehr um einen Fall der beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit. Diese hat der Gesetzgeber jedoch mit dem § 323 VI nicht geregelt. § 323 VI betrifft vielmehr ausschließlich den Fall einer Unmöglichkeit, die im Wesentlichen oder allein durch den Gläubiger zu vertreten ist. Dies lässt sich auch aus der Gesetzesgeschichte heraus belegen. Der § 323 VI BGB enthielt zunächst nur den Wortlaut „ überwiegend verantwortlich“ und wurde dann aber vom Gesetzgeber nach dem Diskussionsentwurf der Vorschrift in „weit überwiegend verantwortlich“ geändert. Das zeigt, dass der Gesetzgeber wohl wirklich nur derartige Fälle im Auge hatte, in welchen den Gläubiger ein deutliches Mehr an Verantwortung trifft als den Schuldner.

Der Rücktritt des A ist daher nicht ausgeschlossen. A ist daher wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Anspruch des B gegen A auf Zahlung der 3.000 Euro ist demzufolge nach §§ 326 V,346 BGB untergegangen, weil sich der Kaufvertrag durch den Rücktritt des A in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Der Kaufvertrag kann daher nicht mehr Grundlage des Kaufpreisanspruches des B gegen A sein. Der Käufer wird vielmehr von einer noch nicht erbrachten Leistungspflicht befreit.

III) Ergebnis

Ein Anspruch des B gegen A aus § 433 II BGB besteht daher nicht.

Hinweis:

Zu dem gleichen Ergebnis würden Sie gelangen, wenn der A den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht erklärt hätte, denn dann wäre die Gegenleistung bereits nach § 326 I BGB entfallen. Sie können auch bereits oben den Anspruchsuntergang über § 326 I BGB prüfen und die Diskussion im Rahmen von § 326 II S. 1 führen und nicht im Rahmen von § 326 VI. Den wirksamen Rücktritt seitens A können Sie dann auch erst im Rahmen der Folgeansprüche prüfen.

Das oben dargestellte Ergebnis heißt nun keinesfalls, dass gar keine Ansprüche der Parteien bestehen. Der Kaufvertrag wandelt sich lediglich in ein Rückgewährschuldverhältnis um, weshalb im Folgenden sowohl Wertersatzansprüche, als auch Schadensersatzansprüche des B gegen A zu prüfen sind.

B) Anspruch des B gegen A auf Wertersatz wegen Untergang des PKW aus §§ 326 V, 346 II S.1 Nr.3

Möglicherweise hat B gegen A einen Anspruch auf Wertersatz wegen des Untergegangenen Fahrzeuges aus §§ 326 V, 346 II S.1 Nr.3, weil der A dem PKW nicht mehr an B herausgeben kann.

I) Wertersatzansprüche eventuell nicht neben Schadensersatzanspruch möglich?

Eventuell ist ein Wertersatzanspruch gar nicht möglich, weil nebenbei noch ein Schadensersatzanspruch bestehen könnte. Es ist jedoch vielmehr so, dass Wertersatzanspruch und Schadensersatzanspruch nebeneinander bestehen können. Das Geht schon aus § 325 BGB hervor, der ein Nebeneinander von Schadensersatz und Rücktritt zum Ausdruck bringt. Zudem folgt dies aus einem Vergleich mit § 357 IV BGB. Dieser Vergleich zeigt, dass der Gesetzgeber eindeutig aufzeigt, wenn weitere Ansprüche nicht bestehen sollen.

II) Entstehen des Wertersatzanspruchs

Der Wertersatzanspruch ist folglich nicht schon allein deshalb ausgeschlossen, weil evtl. noch ein Schadensersatzanspruch des B besteht. Fraglich ist aber, ob der Wertersatzanspruch entstanden ist. Gemäß § 346 II S. 2 Nr. 3 entsteht ein solcher dann, wenn sich der empfangene Gegenstand verschlechtert hat oder untergegangen ist. Der von A gekaufte PKW ist laut Sachverhalt vollständig ausgebrannt, sodass von ihm nichts mehr übrig ist. Damit ist der Anspruch zunächst entstanden. Der Vertragsgegenstand ist untergegangen.

III) Ausschluss des Wertersatzanspruchs

Möglicherweise ist der Wertersatzanspruch aber ausgeschlossen.

1) Ausschluss gemäß § 346 II S.1 Nr.3 HS. 2

Allerdings ist kein Ausschlussgrund des § 346 II einschlägig, insbesondere nicht der § 346 II S.1 Nr. 3 HS 2 BGB, weil dieser im Bereich des vollständigen Untergangs nicht anzuwenden ist, sondern nur bei einer Verschlechterung des Gegenstandes. Eine solche ist hier aber nicht gegeben. Erwähnenswert ist noch, dass der Wertersatz damit unabhängig vom Verschulden des B entstanden ist.

2) Ausschluss gemäß § 346 III

Eventuell ist der Wertersatzanspruch aber nach § 346 III BGB ausgeschlossen.

a) Ausschluss nach § 346 III S.1 Nr.2

Zunächst kommt ein Ausschluss der Wertersatzpflicht nach § 346 III S.1 Nr. 2 in Betracht. Ein solcher ist nach dieser Vorschrift anzunehmen, wenn der Gläubiger des Wertersatzes die Wertersatzpflicht zu vertreten hätte. Allerdings haben im vorliegenden Beispielsfall sowohl A, als auch B die Wertersatzpflicht zu vertreten. Fraglich ist die Lösung dieser Problematik:

 aa) Lösungsweg 1

Zunächst könnte man schon dann die Wertersatzpflicht entfallen lassen, wenn den Gläubiger der Wertersatzpflicht (also den Verkäufer) auch ein noch so geringer Verschuldensanteil trifft. Diesem bliebe dann allerhöchstens ein Schadensersatzanspruch. Hierbei kann das Mitverschulden über § 254 BGB berücksichtigt werden. Der § 254 BGB findet auf Schadensersatzansprüche ja direkte Anwendung.

bb) Lösungsweg 2

Man könnte allerdings auch annehmen, dass der Wertersatzanspruch bei einem Verschuldensanteil des Gläubigers nicht vollkommen entfällt, sondern nur in Höhe seines Mitverschuldens.  Insofern wird vertreten den § 254 BGB entsprechend anzuwenden.

cc) Streitentscheid

Nach hier vertretener Ansicht ist dem 2. Lösungsweg zu folgen. Zwar bedarf eine analoge Anwendung des § 254 einer besonderen Begründung, da dieser ausdrücklich eigentlich nur auf Schadensersatzansprüche anwendbar ist, allerdings kann diese Norm insofern als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben angesehen werden. Eine Person, die vollen Wertersatz trotz eigenem Mitverschulden verlangt, verstößt nach hier vertretener Ansicht nach gegen das Verbot des „venire contra factum proprium“. Daher sollte § 254 BGB auch auf den Wertersatzanspruch angewendet werden.

b) Zwischenergebnis

Die Wertersatzpflicht entfällt nicht schon generell nach § 346 III S.1 Nr. 2.

c) Ausschluss nach § 346 III S.1 Nr. 3

Eventuell entfällt aber die Wertersatzpflicht nach § 346 III S.1 Nr. 3. Hiernach wäre die Wertersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Rückgewährschuldner, also der A, diejenige Sorgfalt angewendet hat, die er auch in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt und es sich um ein gesetzliches Rücktrittsrecht handelt. Dies ist deshalb so geregelt, da der Wertersatzschuldner im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts mit einem solchen Rücktritt nicht rechnen muss. Laut Sachverhalt war es für den A typisch das Fahrzeug vor Fahrtantritt nicht auf seine Verkehrssicherheit zu prüfen. Es ist nicht anzunehmen, dass der A damit grob fahrlässig handelte und damit die obere Grenze der diligentia quam in suis überschritten ist (§ 277 BGB). § 326 V stellt auch ein gesetzliches Rücktrittsrecht dar.

III) Ergebnis

Die Wertersatzpflicht ist folglich im vorliegenden Fall zwar nicht generell nach § 346 III S.1 Nr.2 ausgeschlossen, aber nach § 346 III S.1 Nr. 3. Dem B bleibt daher lediglich ein Schadensersatzanspruch.

Hinweis zur Höhe des Wertersatzanspruchs

Fraglich ist, in welcher Höhe der Wertersatzanspruch bestehtehen würde, wenn er nicht ausgeschlossen wäre. In der Klausur können sie diesen Prüfungspunkt auch vor dem Ausschluss der Wertersatzpflicht prüfen um ihn mit abzuhandeln. Die vertraglich vereinbarte Gegenleistung fließt gemäß § 346 II S.2 HS 2 in die Berechnung des Wertersatzanspruches mit ein. Diese Regelung macht Sinn, wenn die Gegenleistung die vereinbart wurde unter dem Wert des Vertragsgegenstandes liegt oder diesem Wert entspricht, denn dann soll der Verkäufer nicht mehr im Rahmen des Wertersatzes erhalten, als er eigentlich bezahlt hätte. Nun ist aber fraglich, ob die Norm auch dann Anwendung finden soll, wenn die vereinbarte Gegenleistung über dem eigentlichen Wert des Vertragsgegenstandes liegt. Auf diesem Wege könnte dann ein Verkäufer, der eigentlich zuvor seinen Erfüllungsanspruch verloren hat über den Wertersatzanspruch seinen Verhandlungsgewinn erhalten. Allerdings differenziert der Gesetzgeber nicht danach, ob die vereinbarte Gegenleistung unter oder über dem Wert des Vertragsgegenstandes liegt. Der Gesetzgeber billigt ausschließlich bei Darlehen dem Schuldner zu, nachzuweisen, dass der Wert der Gegenleistung objektiv betrachtet geringer ist, als von den Parteien vereinbart (§346 II S.2 Hs2). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass die Vertragsparteien generell an ihre Preisabsprache gebunden werden sollen. Die Rückabwicklung soll das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nach der Intention des Gesetzgebers nicht beeinflussen (keine Äquivalenzverschiebung). Dies ergibt sich auch aus dem Minderungsrecht. Folglich ist § 346 II S. 2 auch dann maßgeblich, wenn der objektive Wert dem vereinbarten Kaufpreis unterliegt. Demnach würde der Wertersatz, wenn er bestünde 3000 Euro betragen.

C) Anspruch des B gegen A auf Schadensersatz aus §§ 326 V,346 IV,280 II,III,283 BGB

Möglicherweise hat der B gegen den A aber einen Schadensersatzanspruch nach §§ 326 V, 346 IV,280 I, III, 283 BGB. Nach § 346 IV gelten im Rahmen des Rücktritts die allgemeinen Regeln, sodass die Voraussetzungen von § 280 zu prüfen sind.

I) Schuldverhältnis

Ein Schuldverhältnis ist in Form des Rückgewährschuldverhältnisses zu sehen.

II) Pflichtverletzung

Die Pflichtverletzung ist darin zu sehen, dass die Unmöglichkeit der Rückgewähr des Vertragsgegenstandes durch den Unfall mit dem Totalschaden herbeigeführt wurde.

III) Vertretenmüssen

Fraglich ist allerdings, ob A diese Pflichtverletzung zu vertreten hat. A hat die Unmöglichkeit mit zu vertreten, die letztlich die Rücktrittsmöglichkeit auslöste und könnte daher auch die Unmöglichkeit der Rückgewähr zu vertreten haben. Das ist allerdings insoweit ein merkwürdiges Ergebnis, als im Zeitpunkt des Untergangs des Fahrzeuges noch gar kein Rückgewährschuldverhältnis bestand, das Grundlage für eine Pflichtverletzung hätte sein können. Vor der Erklärung des Rücktritts war der A noch gar nicht zur Rückgewähr verpflichtet. Eine Haftung wegen einer Pflichtverletzung des Rückgewährschuldverhältnisses kommt daher erst dann in Betracht, wenn der Rückgewährschuldner weiß oder zumindest wissen muss, dass die Rücktrittsvoraussetzungen gegeben sind. Daher hat der A die Pflichtverletzung nicht zu verschulden.

IV) Ergebnis

Ein Anspruch aus §§ 326 V, 346 IV, 280 I, III, 283 BGB scheidet aus.

D) Anspruch des B gegen A auf Schadensersatz aus §§ 326 V,346 IV,280 I,241 II BGB

Weiterhin kommt ein Schadensersatzanspruch des B gegen A aus §§ 326 V,346 IV, 280 I, 241 II in Betracht.

I) Schuldverhältnis

Das Rückgewährschuldverhältnis ist ein Schuldverhältnis im Sinne von § 280 I BGB.

II) Schuldhafte Pflichtverletzung

A müsste weiterhin eine Pflicht nach § 241 II verletzt haben. Hier ist zu erwähnen, dass den A schon vor der Erklärung des Rücktritts Schutzpflichten gegenüber dem Verkäufer treffen. Dies aber nur aus dem Grund, dass zwischen den Parteien ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. Insofern trifft den A die Pflicht mit dem Eigentum des B die ganze Zeit über sorgfältig umzugehen. Das Schuldverhältnis verpflichtet A insofern dazu Rücksicht auf die Rechtsgüter und Interessen des B zu nehmen. Eine solche Pflicht hat der A schuldhaft verletzt, indem er schuldhaft die Unmöglichkeit mit herbeiführte, denn diese Unmöglichkeit führte zu einem Wegfall des Kaufpreisanspruchs und des Eigentums seitens B (es war ja ein Eigentumsvorbehalt vereinbart). Eine schuldhafte Pflichtverletzung ist demnach gegeben. Anders als im Rahmen von § 280 I,III, 283 BGB ist diese Pflichtverletzung auch schon vor der Erklärung des Rücktritts relevant. Die Pflicht mit dem Eigentum des B sorgfältig umzugehen trifft den A insoweit auch schon vor der Erklärung des Rücktritts.

III) Anrechnung des Mitverschuldens

Im Rahmen des Anspruchsumfangs ist allerdings zu beachten, dass sich der B sein Mitverschulden über § 254 BGB anrechnen lassen muss. A muss daher nur 40 % des Schadens ersetzen. Da nicht nur das Integritätsinteresse, sondern auch das Äquivalenzinteresse des B von § 241 geschützt ist, muss der A 40 % des Kaufpreises, also von 3000 Euro zahlen und nicht lediglich 40 % des objektiven Wertes.

IV) Ausschluss des Anspruchs analog § 346 III S.1 Nr. 3

Fraglich ist, ob der Anspruch auf Schadensersatz nicht möglicherweise analog § 346 III S.1 Nr.3 ausgeschlossen ist, weil A ja die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat (s.o.).

1) Dafür

Dafür könnte sprechen, dass das Entfallen der Wertersatzpflicht für den A im Prinzip bedeutungslos wäre, wenn dieser nun doch Schadensersatz leisten müsste. Die oben erwähnte Haftungsfreistellung würde insofern wieder umgangen.

2) Dagegen

Jedoch gibt es auch Argumente die gegen eine Analogie sprechen. Dem Wortlaut des § 346 zufolge gilt der Ausschlussgrund ausschließlich für die Wertersatzpflicht des A. Schadensersatzansprüche bleiben hiernach völlig unberührt. § 346 IV verweist auf die §§ 280 ff. ohne eine derartige Privilegierung der Haftung noch einmal aufzugreifen. In der Gesetzesbegründung steht außerdem, dass für die Schadensersatzansprüche ausschließlich die Vorschriften des allgemeinen Leitungsstörungsrechts maßgeblich sind.

3) Streitentscheidung

Insbesondere spricht für letztgenannte Ansicht, dass die Vorschrift des § 346 III S.1 Nr. 3 ohnehin relativ umstritten ist und daher nicht noch ausgedehnt werden sollte. Der Wortlaut der Norm, die Gesetzessystematik und die gesetzgeberischen Motive sprechen ebenso für diese Ansicht. Nach hier vertretener Auffassung fehlt es insbesondere an einer Regelungslücke, die für eine Analogie aber notwendig wäre.

VI) Ergebnis

Ein Schadensersatzanspruch des B gegen A besteht demnach in Höhe von 1.200 Euro.

 E) Gesamtergebnis Ausgangsfall

Aufgrund der Tatsache, dass der Vertragsgegenstand untergegangen ist, hat der A keinen Anspruch auf Übereignung des Fahrzeuges. Den Kaufpreis muss er aber im Gegenzug auch nicht entrichten. Er muss lediglich dem B einen Schadensersatz leisten, der in Höhe von 1.200 Euro besteht.

Lösung Abwandlung:

A) Anspruch des B gegen A auf Zahlung von 2.500 Euro aus § 433 II BGB

Möglicherweise hat B gegen A zunächst einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 2.500 Euro aus § 433 II BGB.

I) Anspruch entstanden

Hierfür müsste der Anspruch erst einmal entstanden sein. Das ist eindeutig der Fall, da A und B einen Kaufvertrag geschlossen haben.

II) Anspruch nicht untergegangen

Möglicherweise ist dieser Anspruch aber untergegangen.

1) Erlöschen wegen Rücktritt nach § 326 V

Im Ausgangsfall ist der Anspruch aufgrund eines wirksamen Rücktritts durch A erloschen gewesen. In der Abwandlung des Falles hat A allerdings keinen Rücktritt erklärt. Der Anspruch ist daher nicht auf Grund des Rücktritts erloschen.

2) Erlöschen nach § 326 I BGB

Allerdings entfällt die Gegenleistungspflicht des A (Kaufpreiszahlung) schon nach § 326 I BGB auch ohne Erklärung des Rücktritts, wenn der Schuldner nach § 275 I-III BGB von seiner Leistungspflicht frei wird. B muss nicht mehr leisten, da ihm die Leistung nach § 275 I unmöglich geworden ist. Daher entfällt die Gegenleistung grundsätzlich schon nach § 326 I BGB.

Allerdings könnte § 326 II BGB vorliegend anspruchserhaltend wirken, wenn der Käufer für den Umstand auf Grund dessen der Verkäufer nach § 275 nicht zu leisten braucht allein oder weit überwiegend verantwortlich wäre. Dies ist hier jedoch nicht der fall. A trägt lediglich einen Verschuldensanteil von 40 % und ist daher weder allein, noch weit überwiegend in der Verantwortung für das Leistungshindernis. Für einen derartigen Fall müsste der Verschuldensanteil des B völlig hinter den des A zurücktreten, was bei einer Verteilung von 40% und 60 % nicht der Fall ist. Mit dieser Norm wollte der Gesetzgeber nicht den Fall der beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit regeln.

III) Ergebnis:

Der Anspruch des B gegen A ist nach § 326 erloschen. B hat gegen A daher keinen Anspruch auf Zahlung der 2.500 Euro aus § 433 II.

B) Anspruch des B gegen A auf Schadensersatz nach §§ 280 I, 241 II BGB

Möglicherweise hat B gegen a aber einen Schadensersatzanspruch aus § 280I, 241 II. Wie im Ausgangsfall ist dies auch hier der Fall, da A die Pflicht verletzt hat mit dem Eigentum des B sorgfältig umzugehen. Das Mitverschulden des B wird im Rahmen von § 254 berücksichtigt. Daher muss der A lediglich 40% von 2500 Euro zahlen. Das macht 1000 Euro.

C) Schadensersatzanspruch des A gegen B aus §§ 280 I, III, 283 BGB

Unter Umständen hat aber auch der A gegen den B einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 I, III, 283 BGB. Dies kommt deshalb in der Abwandlung des Falles in Frage, weil dem A nunmehr ein Günstiges Geschäft entgeht.

I) Anspruch entstanden

Der Anspruch müsste entstanden sein.

1) Schuldverhältnis

Zwischen den Parteien besteht ein Schuldverhältnis nämlich ein Kaufvertrag.

2) Pflichtverletzung

Auf Grund des Untergangs des Fahrzeuges kann der B seiner Pflicht nicht mehr nachkommen, dem A Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen.

3) Vertretenmüssen

Auf Grund seines Verschuldensanteils in Höhe von 60 % hat der Verkäufer, also B den Untergang und die Pflichtverletzung auch zu vertreten.

4) Schaden

Hierdurch entsteht dem A ein kausaler Schaden in Höhe von 500 Euro, da ihm das Günstige Geschäft durch die Lappen geht (Der PKW hatte einen objektiven Wert in Höhe von 3000 Euro)

II) Höhe des Anspruchs

Der A muss sich allerdings sein Mitverschulden über § 254 BGB anrechnen lassen. Er selbst trägt eine Mitschuld von 40 %. Diese werden von dem schaden, also den 500 Euro abgezogen. Der A hat also gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von nur 300 Euro.

C) Gesamtergebnis der Abwandlung

B hat gegen A wie im Ausgangsfall einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1000 Euro. Daran ändert sich in der Abwandlung nichts. Allerdings hat A selbst einen Schadensersatzanspruch gegen den B in Höhe von 300 Euro. Für den A ergibt sich daher nach Saldierung eine Pflicht zur Zahlung von noch 700 Euro.

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D) Anmerkung

Zur Problematik Schuldrecht AT siehe auch: Schickschuld, Holschuld, relatives und absolutes Fixgeschäft, Klausur Forderungsabtretung

siehe auch Umfang des SchadensersatzesPflichtverletzung nach § 280 I BGB beim Kauf

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