Klausurfall zur BGB-Gesellschaft
Klausurfall zur BGB-Gesellschaft. Rechtsfähigkeit der Gesellschaft, Stellvertretung,persönliche Haftung der Gesellschafter, Vor-GmbH
Fall:
A betreibt seit Januar unter der Bezeichnung „Sun + Fun“ ein kleines Sonnenstudio. Zur Anschaffung eines Bräunungsgerätes gewährte ihm die Sparkasse im Februar ein Darlehen in Höhe von 10.000.- Euro. Im April beschlossen A und seine beiden Freunde B und C das Sonnenstudio künftig gemeinsam zu betreiben. Mit notariellem Vertrag gründeten sie die „Sunshine GmbH“. Zum Geschäftsführer wurde im Gesellschaftsvertrag A bestellt. Eine Eintragung in das Handelsregister erfolgte nicht. Im September wurde A verhaftet und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, die er auch sogleich antrat.
B und C führten das Sonnenstudio zunächst ohne A in dem bisherigem geringen Umfang weiter. Im Oktober meldeten sie es schließlich unter dem Namen „Palm Beach Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung“ als Gewerbe an. Der zugrundeliegende Gesellschaftsvertrag enthält die Bestimmung, dass die Haftung der Gesellschaft nach außen auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Weiterhin heißt es dort: „Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft erfolgt durch die Gesellschafter je einzeln. Die Geschäftsführer müssen bei allen Geschäftsführungsmaßnahmen die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nach diesem Vertrag beachten und haben demgemäß Vertretungs- und Verpflichtungsbefugnisse nur für das Gesellschaftsvermögen“.
Im November schloss C mit V einen Mietvertrag über neue Räumlichkeiten für das Sonnenstudio ab. Neben seiner Unterschrift setzte er den Stempelaufdruck“Palm Beach GbR mbH“ auf den Vertrag.
- Nachdem Mietzahlungen nicht geleistet wurden fragt Vollmer, ob er Ansprüche gegen die „Palm Beach GbR mbH“ bzw. gegen B und C persönlich geltend machen kann.
- Kann die Sparkasse von B und C persönlich Rückzahlung des dem A gewährten Darlehens verlangen ?
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Frage 1: Ansprüche des V auf Zahlung der Mietzinsen
A. Anspruch des V gegen die Gesellschaft
V könnte einen Anspruch auf Zahlung der austehenden Mietzinsen gemäß § 535 II BGB gegen die „Palm Beach GbR mbH“ haben. Es müßte folglich zwischen ihm und der Gesellschaft ein Mietvertrag zustande gekommen sein.
I. Qualifikation der BGB-Gesellschaft
Es ist zu prüfen, ob die „Palm Beach GbR mbH“ eine BGB-Gesellschaft darstellt. Zunächst haben A, B und C gemäß § 2 I GmbHG formgerecht einen notariellen Vertrag über die Gründung einer GmbH geschlossen, jedoch ist die gemäß § 11 I GmbHG erforderliche Eintragung der GmbH in das Handelsregister unterblieben. Die Gesellschaft gelangte somit lediglich in das Stadium einer Vor-GmbH. B und C haben jedoch die Absicht aufgegeben durch die Registereintragung der GmbH diese zur Entstehung zu bringen. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass sie das Sonnenstudio im Oktober unter der Bezeichnung „Palm Beach GbR mbH“ als Gewerbe angemeldet haben und zuvor einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer BGB-Gesellschaft geschlossen hatten. Wegen des geringen Umfangs der Geschäftstätigkeit, die keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb iSv. § 1 II HGB erforderte, liegt auch keine OHG vor, die gemäß § 123 II HGB auch vor einer Handelsregistereintragung entstehen kann. Durch den Gesellschaftsvertrag ist eine BGB-Gesellschaft gemäß §§ 705 ff BGB zustandegekommen, welche die Geschäfte der Vor-GmbH fortsetzt.
II. Verpflichtungsfähigkeit der BGB-Gesellschaft
C hat im November im Namen dieser „Palm Beach GbR mbH“ mit V einen Mietvertrag abgeschlossen. Ebenso wie die OHG und die G ist die BGB-Gesellschaft keine juristische Person, sondern eine Gesamthandsgemeinschaft. Während jedoch OHG und KG gemäß § 124 I, 161 II HGB selbständige Träger von Rechten und Pflichten sein können, fehlt für die BGB-Gesellschaft eine entsprechende Norm. Es ist daher fraglich, ob eine BGB-Gesellschaft Vertragspartei sein kann. Nach der früher herrschenden „individualistischen Theorie“ existiert die BGB-Gesellschaft nicht als ein verpflichtungsfähiges Subjekt, das eigene Verbindlichkeiten eingehen kann. Vielmehr kommen nur die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Träger von Rechten und Pflichten in Betracht. Die Ausgestaltung der BGB-Gesellschaft erschöpft sich nach dieser Auffassung darin, die gesamthänderisch gebundene Vermögensmasse als Sondervermögen von dem Privatvermögen der Gesellschafter abzugrenzen. Als Beleg für diese Ansicht wurde darauf verwiesen, dass in § 718 I BGB von dem gesamthänderischen Vermögen „der Gesellschafter“ die Rede sei, nicht von einem Vermögen der „Gesellschaft“, zudem spreche § 714 BGB von der Vermutung der Ermächtigung, „die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten“. Des weiteren wurde für die mangelnde Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft angeführt, dass § 736 ZPO für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen der BGB-Gesellschaft „ein gegen alle Gesellschafter gerichtetes Urteil“ verlange.
Nach der mittlerweile auch vom Schrifttum anerkannten Gegenauffassung soll die Gesamthand dagegen als „Personenverbund“ rechtsfähig sein, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.
Gegen die früher herrschende individualistische Theorie sprechen zum einen systematische Einwände. Das Konzept, dass auschließlich die Gesellschafter Zuordnungsobjekt der Rechte und Pflichten nach den Regeln des Schuldrechts seien, führe zu Spannungen. Denn demnach wäre die „Gesellschaftsverbindlichkeit“ lediglich als gemeinschaftliche Verbindlichkeit der Gesellschafter iSd. § 427 BGB zu betrachten, wohingegen der einzelne Gesellschafter den geschuldeten Gegenstand gemäß § 719 I BGB nicht selbst erbringen könne, sofern sich dieser im Gesellschaftsvermögen befinde. Die Zuerkennung der Rechtssubjektivität der BGB-Gesellschaft bringt ferner den Vorteil mit sich, dass der Wechsel des Mitgliederbestandes keine Auswirkung auf die mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat; bei strikter Anwendung der individualistischen Theorie müssten Dauerschuldverhältnisse bei jedem Wechsel des Mitgliederbestandes neu geschlossen bzw. bestätigt werden.
Beide Theorien haben dennoch ihren Anwendungsbereich, jedoch ist nach den verschiedenen Typen der BGB-Gesellschaft zu unterscheiden. Zum einen ist die BGB-Gesellschaft zu betrachten, die „als solche“, also als GbR „nach außen“, d.h. im Rechtsverkehr, auftritt und die über Ansätze einer organschaftlichen Struktur verfügt, die z.B. in einer von der Gesamtvertretung gemäß §§ 709, 714 BGB abweichenden Vereinbarungsregelung Ausdruck finden kann. Für diesen Typ der BGB-Gesellschaft (sog. Außen-GbR) ist wegen ihrer der OHG angenäherten organschaftlichen Struktur auch die Rechtsfähigkeit adäquat und sachdienlich. Anders werden jedoch BGB-Gesellschaften behandelt bei denen diese organschaftlichen Voraussetzungen nicht vorliegen und die sich quasi in dem vertraglichen Zusammenschluß der Gesellschafter erschöpfen (sog. Innen-GbR). Einer solchen Innengesellschaft kommt auch nach der Rechtsprechungsänderung des BGH mangels einer organschaftlichen Struktur keine Teilrechtsfähigkeit zu, sondern es ist insoweit entsprechend der „individualistischen Theorie“ nur auf die Gesellschafter als Rechtsträger abzustellen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der „Palm Beach GbR mbH“ um eine GbR, die als solche auch nach außen, d.h. im Rechtsverkehr, auftritt, wobei sich organschaftliche Ansätze in der Ausgestaltung der Einzelvertretung durch jeden Gesellschafter zeigen. Daher ist die „Palm Beach GbR mbH“ eine sog. Außen GbR und damit als teilrechtsfähig anzusehen und kann somit grundsätzlich durch den mit V geschlossenen Mietvertrag verpflichtet werden.
III. Die Vertretung der BGB-Gesellschaft
Das Zustandekommen des Mietvertrages zwischen der „Palm Beach GbR mbH“ und V setzt weiterhin voraus, dass die BGB-Gesellschaft gmäß § 164 I BGB von C wirksam vertreten worden ist. Demnach müsste er gemäß § 164 I BGB im Rahmen seiner Vertretungsmacht ein eigene Willenserklärung im fremden Namen abgegeben haben. C hat seine Unterschrift unter den Mietvertrag gesetzt und diesen mit dem Stempelaufdruck „Palm Beach GbR mbH“ versehen. Damit hat er eine eigene Willenserklärung in fremden Namen abgegeben. Fraglich ist, ob C die BGB-Gesellschaft allein vertreten konnte. Nach der Auslegungsregel des § 714 BGB gilt die im Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Geschäftsführung vereinbarte Regelung auch für die Vertretung. § 709 I BGB ordnet wiederum vorbehaltlich einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung den gesetzlichen Regelfall an, dass alle Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind. Eine abweichende Vereinbarung stand des Gesellschaftern also frei. In dem zur Gründung der „Palm Beach GbR mbH“ geschlossenen Gesellschaftsvertrag wurde jeder Gesellschafter einzeln mit der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft betraut. Damit hielt sich C mit der Einzelvertretung der Gesellschaft auch im Rahmen seiner Vertretungsmacht und hat die Gesellschaft wirksam vertreten. Zwischen der „Palm Beach GbR mbH“ und V ist somit ein Mietvertrag zustande gekommen. V hat demnach einen Anspruch gegen die „Palm beach GbR mbH“ auf Zahlung der ausstehenden Mietzinsen gemäß § 535 II BGB.
B. Anspruch V gegen die Gesellschafter
Fraglich ist, ob V auch einen Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Mietzinsen gegen B und C persönlich geltend machen kann. Das setzt voraus, dass die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft auch persönlich haften und die Haftung von B und C nicht aufgrund einer Haftungsbeschränkung ausgeschlossen ist.
I. Die persönliche Haftung der Gesellschafter
Eine § 128 HGB entsprechende Norm hinsichtlich der Haftungserstreckung auf die Gesellschafter ist in den Regelungen zu der BGB-Gesellschaft nicht enthalten. Bezüglich der persönlichen Haftung der Gesellschafter einer GbR werden zwei dogmatisch unterschiedliche Ansätze vertreten. Die „Akzessorietätstheorie“ begründet die Haftung der Gesellschafter mit einer akzessorischen Haftungserstreckung von der Gesellschaft auf die Gesellschafter, die der persönlichen Haftung der OHG-Gesellschafter gemäß § 128 HGB entspricht. Die Gesellschafter haften demnach gemäß § 128S.1 HGB analog akzessorisch zu der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen. Die akzessorische Haftung der Gesellschafter wird als eine Konsequenz der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft begründet. Nach der älteren „Theorie der Doppelverpflichtung“ hingegen wird unterstellt, dass die Mitgesellschafter als solche neben der BGB-Gesellschaft vertraglich verpflichtet werden. Ihre persönliche Haftung beruht somit unmittelbar auf einem rechtsgeschäftlichem Akt. Sie haben für die entstandenen Verbindlichkeiten mit ihrem Privatvermögen einzustehen, während die Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen haftet. Gegenüber der Akzessorietätstheorie war die Gesellschafterhaftung nach der Theorie der Doppelverpflichtung in Einzelfällen wenig streng, denn auf dieser rein vertraglichen Grundlage war die Gesellschafterhaftung für gesetzliche Gesamthandsverbindlichkeiten, sowie die Haftung von neu eingetretenen Gesellschaftern für Altschulden grundsätzlich nicht zu begründen. Da im gegebenen Fall beide Ansätze grundsätzlich zu der persönlichen vertraglichen Haftung von B und C führen, bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung für eine der beiden Theorien.
II. Vertragliche Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen
Einer persönlichen Haftung der Gesellschafter könnte jedoch entgegenstehen, dass die Haftung aufgrund einer individualvertraglichen Vereinbarung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt worden ist. Die Abbedingung der Haftung der Gesellschafter durch eine individuelle vertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger ist zulässig. C hat zwar unter den Vertrag einen Stempel mit dm Zusatz „mbH“ für „mit beschränkter Haftung“ gesetzt. Eine Haftungsbeschränkung war jedoch nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen oder des Vertragstextes. Der bloßen Verwendung des Stempels kann kein vertraglicher Gehalt entnommen werden. Daher wurde die Gesellschafterhaftung nicht in dem Mietvertrag individualvertraglich ausgeschlossen.
III. Die Beschränkung der Vertretungsmacht
Möglicherweise besteht jedoch ein Ausschluß der persönlichen Gesellschafterhaftung, weil die Vertretungsbefugnis des C durch den Gesellschaftsvertrag diesbezüglich beschränkt war.
a.) Akzessorietätstheorie
Nach der Akzessorietätstheorie kommt ein Ausschluß der Haftung durch die Beschränkung der Vertretungsmacht nicht in Betracht. Denn nach diesem Haftungsmodell beruht die Haftung gerade nicht auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, sondern stellt eine gesetzliche Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden dar; sie steht darum auch in keinerlei Zusammenhang mit einer diesbezüglichen Vertretungsmacht des vertragsschließenden Gesellschafters. Diese Haftungspflicht der Gesellschafter kann demnach nur durch individualvertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger abbedungen werden.
b.) Theorie der Doppelverpflichtung
Nach der Theorie der Doppelverpflichtung kann die Haftung der übrigen nicht am Abschluß des Rechtsgeschäfts mitwirkenden Gesellschafter grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden, indem wiederum die Vertretungsmacht des geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafters derart beschränkt wird, dass sie nur noch dazu berechtigt, die Gesellschaft und nicht mehr die übrigen Mitgesellschafter durch Rechtsgeschäft zu binden. Indes soll nach der Rechtsprechung des BGH, der früher noch der Theorie der Doppelverpflichtung folgte, eine solche Haftungsbeschränkung nicht durch bloße einseitige Erklärung der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter möglich sein. Eine solche Haftungsbeschränkung durch einen einseitigen Akt käme de facto der Schaffung einer neuen Gesellschaftsform gleich. Dies stünde jedoch im Widerspruch zu dem allgemeinen bürgerlich- und handelsrechtlichen Grundsatz, dass derjenige, der gemeinsam mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen haftet, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt – wie für die GmbH die Haftungsbeschränkung aus § 13 II GmbHG – oder mit dem Vertragspartner Abweichendes vereinbart worden ist. Außerdem besteht für eine solche Form der BGB-Gesellschaft kein legitimes Bedürfnis. Zum anderen bietet die Rechtsform der KG die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung der Kommanditisten. Dies gilt umso mehr, als seit der Neufassung des § 105 II HGB diese Rechtsform auch kleingewerblichen und vermögensverwaltenden Gesellschaftern offen steht. Die speziellen Haftungsbeschränkungen, die die Rechtsordnung mit bestimmten Organisationsformen (GmbH, AG, KGaA) zur Verfügung stellt, würden unterlaufen, wenn es den Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft möglich wäre einseitig die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken. Bei der Rechtsform der GmbH beispielsweise steht dem Privileg der fehlenden persönlichen Haftung die gesetzliche Pflicht zur Aufbringung und Erhaltung eines Mindestkapitals gegenüber. Es könnten Gefahren für die Rechtssicherheit daraus erwachsen, wenn mangels entsprechender gesetzlicher Vorgaben über das Gesellschaftsvermögen eine BGB-Gesellschaft ohne eine genügende Haftungsgrundlage dastünde und zudem die Gesellschafter sich durch die Beschränkung der Vertretungsmacht ihrer persönlichen Haftung entziehen könnten. Damit wurde nach beiden Ansichten die Haftung der Gesellschafter B und C nicht wirksam ausgeschlossen. Sie haften folglich V als Gesamtschuldner gemäß § 535 II BGB (iVm § 128 S.1 HGB analog) persönlich für die Mietverbindlichkeiten der „Palm Beach GbR mbH“.
Frage 2: Ansprüche der Sparkasse gegen B und C
A. Anspruch gemäß § 488 I S.2 BGB, 28 I HGB iVm. § 128 S.1 HGB analog
Die Sparkasse könnte gegen B und C einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus § 488 I S.2 BGB, 28 I HGB iVm. § 128 S.1 HGB analog haben.
I. Darlehensvertrag
Dies würde grundsätzlich voraussetzen,dass gemäß § 488 I S.2 BGB ein Darlehensvertrag zwischen der Sparkasse und der Gesellschaft geschlossen und die Darlehenssumme ausgezahlt wurde. Der Abschluss des Darlehensvertrages und die Auszahlung erfolgten im Februar, jedoch war zu dieser Zeit nur A Vertragspartner der Sparkasse, der ohne die Beteiligung von B und C das Sonnenstudio „Sun+Fun“ allein betrieb.
II. Haftungserstreckung gemäß § 28 I HGB
Indem A, B und C im April einen notariellen Vertrag über die Gründung der „Sunshine GmbH“ geschlossen haben, könnte sich möglicherweise infolgedessen eine persönliche und gesamtschuldnerische Haftung von B und C als Gesellschafter gemäß § 28 I HGB iVm § 128 HGB analog ergeben.
1. Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns
Gemäß § 28 I HGB müssen B und C in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eingetreten sein. Für den Betrieb des kleinen Sonnenstudios des A war ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich, es handelte sich somit zu dem Zeitpunkt des Eintretens von B und C nicht um ein kaufmännisches Handelsgewerbe iSv § 1 I S.2 HGB. Damit ist § 28 I HGB zumindest nicht unmittelbar einschlägig. Zum Teil wird jedoch die analoge Anwendung des § 28 I HGB auf nichtkaufmännische Unternehmen vertreten. § 28 I HGB sei ein Ausdruck des Gedankens der Unternehmenskontinuität. Das Problem der Weiterhaftung nach Überführung in ein Gesamthandsvermögen beschränke sich nicht auf den in § 28 I HGB genannten Fall. Dagegen beharrt die Gegenansicht darauf, dass nach dem Wortlaut des § 28 I HGB ein kaufmännisches Handelsgeschäft im Rechtsinne vorliegen müsse. Eine Entscheidung dieser Streitfrage ist jedoch entbehrlich, wenn die Vorschrift ohnehin auf den nach dem Eintritt von B und C entstandenen Personenverbund keine Anwendung findet.
2.Die Neugründung einer Personengesellschaft
§ 28 I HGB erfordert nach seinem Wortlaut den Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist; die neu gegründete Gesellschaft muss demnach eine Personenhandelsgesellschaft, d.h. eine OHG oder eine KG sein. A, B und C hingegen beabsichtigen die Gründung einer juristischen Person in der Rechtsform einer GmbH. Wie oben dargestellt lag jedoch mangels der Handelsregistereintragung gemäß § 11 I GmbHG lediglich eine Vor-GmbH vor.
a.) Anwendbarkeit auf die zunächst entstandene Vor-GmbH
Fraglich ist, ob § 28 I HGB analog auf eine solche Gesellschaft angewendet werden kann. Nach dem Wortlaut des § 28 I HGB soll die Norm auf juristische Personen, z.B. eine GmbH, keine Anwendung finden. Dem folgt auch die überwiegende Meinung. Nach einer Gegenansicht, die § 28 I HGB auf juristische Personen analog anwenden möchte, ist der Wortlaut des § 28 I HGB zu eng gefasst. Von dem Gesichtspunkt der Gläubigergefährdung, welcher der wesentliche Grund der Vorschrift sei, seien juristische Personen gleichermaßen betroffen. Aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm ist jedoch dem wortgetreuen Verständnis der Norm zuzustimmen. Denn der Gesetzgeber hat in § 28 I HGB nur den Bereich der Personengesellschaften regeln wollen. Er hat für die juristischen Personen bewußt keine solche Haftungsordnung getroffen und eine sich daraus ergebende Benachteiligung der Gläubiger billigend in Kauf genommen. Die Vor-GmbH hingegen ist weder eine Personengesellschaft noch eine juristische Perosn, sondern wird als eine Personenvereinigung eigener Art qualifiziert. Bis auf die noch fehlende, erst mit der Eintragung entstehenden, Rechtsfähigkeit entspricht die Vor-GmbH als deren Vorstufe bereits der künftigen GmbH. Daher sind die Vorschriften des GmbH-Rechts auf sie anzuwenden, soweit diese nicht die Rechtsfähigkeit voraussetzen bzw. die besonderen Verhältnisse des Gründungsstadiums nicht hinreichend berücksichtigen. In Bezug auf § 28 I HGB ist die Vor-GmbH in diesem Sinne grundsätzlich nicht anders als die spätere GmbH zu behandeln. Insoweit ist § 28 I HGB nicht auf die von A, B und C gebildete Vor-GmbH anwendbar.
b.) Die Bedeutung des Scheiterns der GmbH-Gründung
Das Scheitern der Gründung der „Sunshine GmbH“ könnte jedoch eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen. Eine Vor-GmbH wandelt sich zu dem Zeitpunkt in eine Personengesellschaft um, zu dem die Gesellschafter die Absicht der Eintragung und Entstehung der GmbH aufgeben, sofern sie den Rechtsbetrieb trotzdem fortführen. Dieser Personenzusammenschluss unterliegt fortan dem Recht der OHG oder der BGB-Gesellschaft, je nachdem, ob der gemeinsame Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist oder nicht. Daraus ergibt sich die persönliche unbeschränkte Haftung der Gesellschafter, die auch die Altschulden der Vor-GmbH umfasst. Spätestens mit der Gewerbeanmeldung des Sonnenstudios unter der Bezeichnung „Palm Beach GbR mbH“ haben B und C die Absicht aufgegeben, das Unternehmen als GmbH anzumelden. Da ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb für das Betreiben des Sonnenstudios auch weiterhin nicht erforderlich war, lag kein Handelsgewerbe vor und es ist eine BGB-Gesellschaft gemäß §§ 705 ff BGB entstanden, für deren Schulden die Gesellschafter B und C persönlich haften. Auf eine Haftung der BGB-Gesellschaft für die Verbindlichkeit aus dem Darlehensvertrag des A könnte dann zu schließen sein, wenn sich nicht nur die persönliche Haftung der Gesellschafter auf die Vor-GmbH zurückbeziehen würde, sondern überdies auch § 28 I HGB rückwirkend zur Anwendung käme. Dagegen ist einzuwenden, dass die Personengesellschaft in diesem Falle für Schulden haften müsse, für welche die Vor-GmbH zuvor nicht einzustehen hatte. Verbindlichkeiten, die nicht für die Vorgängergesellschaft bestanden, dürfen auch nicht durch § 28 I HGB , der die Fortsetzung eines Unternehmens regelt, begründet werden. Außerdem würde ansonsten die Haftung der Personengesellschaft und der Gesellschafter entstehen, ohne dass sie die gesetzliche Möglichkeit des § 28 II HGB hätten ausüben können, eine Haftungsbeschränkung zu erreichen. Dadurch würde die Regelung des § 28 II HGB über den Haftungsausschluss in unzulässiger Weise unterlaufen. Aus diesen Gründen kann das Scheitern der GmbH-Gründung nicht zu einer rückwirkenden Anwendung des § 28 I HGB analog führen. Somit haftet die BGB-Gesellschaft nicht gegenüber der Sparkasse auf Rückzahlung des zu den Altschulden des A zählenden Darlehens, so dass auch eine Gesellschafterhaftung von B und C gemäß §§ 488 I S.2 BGB, 28 IHGB analog iVm. § 128 I HGB analog ausscheidet.
B. Anspruch gemäß § 488 I S.2 BGB, 25 I HGB analog iVm § 128 S.1 HGB analog
Fraglich ist, ob die Sparkasse die Rückzahlung des Darlehens von B und C gemäß § 488 I S.2 BGB, 25 I HGB iVm. § 128 S.1 HGB analog verlangen kann. Dies setzt gemäß § 25 I HGB voraus, dass die von A, B und C gebildete Vor-GmbH ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt hat. Das von A betriebene Sonnenstudio war jedoch kein Handelsgewerbe iSd. § 1 I 2 HGB. Daher stellt sich die Frage, ob § 25 I HGB analog anwendbar ist auf Unternehmen, die den Anforderungen an § 1 II HGB nicht entsprechen. Die Lage ist jedoch hinsichtlich der Firmenfortführung gemäß § 25 I HGB anders als bei § 28 I HGB zu bewerten. Denn § 25 I HGB knüpft im Unterschied zu § 28 I HGB daran an, dass die Firma fortgeführt wird. Eine Firma kann gemäß § 17 HGB jedoch nur ein Kaufmann führen. Wer nicht Kaufmann ist, ist mangels Handelsregistereintragung auch nicht imstande, einen Haftungsausschluss gemäß § 25 II HGB in das Handelsregister eintragen zu lassen. Im übrigen wird ein Nicht-Kaufmann nicht mit der strengen Haftung des § 25 II HGB rechnen können. Daher ist eine Analogie des § 25 I HGB abzulehnen. Zudem fehlt es auch an der gemäß § 25 I HGB erforderlichen Firmenfortführung durch die Vor-GmbH oder die BGB-Gesellschaft. Zwar sind Abweichungen der Unternehmensbezeichnung zulässig, jedoch wird verlangt, dass der Firmenkern nach der Verkehrsanschauung derselbe geblieben ist. Dies kann jedoch für die Bezeichnung „Sunshine“ und „Palm Beach“ gegenüber der von A verwendeten Bezeichnung „Sun+Fun“ nicht angenommen werden, zumal es gerade im Sektor von Sonnenstudios sehr gebräuchlich ist, in die Firmenbezeichnung Assoziationen von Sonne, Strand etc. aufzunehmen und eine solche assoziative Nähe der Bezeichnungen somit nicht eine Unternehmenskontinuität nahelegt. Daher haftet die Vor-GmbH und spätere BGB-Gesellschaft gegenüber der Sparkasse nicht gemäß § 488 I S.2 BGB, § 25 I HGB analog, so dass auch eine persönliche Haftung der Gesellschafter B und C nicht in Betracht kommt.
Anmerkung
Zu dem Thema dieses Artikels kann ein vertiefender Crashkurs gebucht werden oder ein Coaching im Repetitorium stattfinden.
Ergänzt wird diese Klausur durch den Aufsatz über die Anspruchsgrundlagen im Gesellschaftsrecht.
Für eine Übersicht aller Beiträge und Klausurfälle siehe unter „Artikel“.
Näheres zur verfassungsrechtlichen Bedeutung des Eigentums: Das Eigentum Art. 14 I 1 GG
siehe auch: Klausur Forderungsabtretung
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