Betrug gem. § 263 StGB – Schema, Prüfung, Fälle

Eine Übersicht zum Tatbestand des § 263 StGB, dem Betrug, begleitet mit vielen hilfreichen Beispielfällen und Prüfungstipps.

Datum
Rechtsgebiet Strafrecht
Ø Lesezeit 28 Minuten
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Gegenstand dieses Beitrages ist das Aufbauschema zum Betrug. Dieses Schema soll zugleich dem besseren und klareren Verständnis dienen. Aus diesem Grund wird jedes Tatbestandsmerkmal ausführlich erklärt und ist mit Beispielsfällen versehen. Der Betrugstatbestand spielt in der strafrechtlichen Praxis eine bedeutende Rolle und ist deshalb eine sehr beliebte Prüfungsmaterie.

A. Tatbestand

 I. Objektiver Tatbestand

 1.  Täuschungshandlung

Der erste Prüfungspunkt beim Betrug gemäß § 263 StGB  ist die Prüfung der  Täuschungshandlung. Die Betrugshandlung des Täters besteht in einer Täuschung über Tatsachen.

a.) Tatsachen

Ein Täuschen ist nur über Tatsachen und nicht über Werturteile möglich. Zunächst versteht man unter dem Begriff der „Tatsachen“ nachprüfbare Sachverhalte, welche damit dem Beweis zugänglich sind. Diese gilt es insbesondere von Werturteilen (Meinungen, Rechtsansichten) zu unterscheiden. Hier wird die Abgrenzung danach festgelegt, ob ein nachprüfbarer Tatsachenkern existiert. Wer sich also auf Werturteile verlässt, scheint nach dem Gesetz eher weniger schützenswert zu sein. Tatsachen sind nicht nur äußere Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, sondern nach h. M. auch psychische Gegebenheiten und Abläufe, wie Wissen, Vorstellungen, Überzeugungen, Absichten etc. (sog. innere Tatsachen). So wird neuerdings laut BGH bei der Behauptung bestehender Ansprüche genau geprüft, ob dieser Behauptung auch ein wirklicher Tatsachenkern zugrundeliegt. Wenn man im Zweifel darüber ist, ob eine Tatsache oder ein Werturteil vorliegt, muss man sich die Frage stellen, ob der vom Täter vorgetragene Sachverhalt als „richtig oder falsch“ bestimmt werden kann. Eine Einordnung als richtig oder falsch setzt die Möglichkeit einer objektiven Nachprüfbarkeit des Sachverhaltes voraus. Nur wenn dies möglich ist, liegt eine Tatsache vor.

Beispiel:

Äußere Tatsachen: die Herkunft einer Sache oder die Beschaffenheit, die Zahlungsfähigkeit einer Personen. (Beides ist objektiv nachprüfbar). Aber über den „Wert“ einer Sache kann man nicht Täuschen. Es ist jedoch möglich über die wertbildenen Faktoren zu täuschen (Bsp. der Täter täuscht darüber, dass das Buch, welches er verkauft, bereits 500 Jahre alt und deswegen besondert wertvoll sei, hier ist das Alter des Buches ein wertbildener Faktor).

Innere Tatsachen: bestimmte Absichten ( z .B. Zahlungswilligkeit)

b.) Täuschen

Unter dem Begriff  „Täuschen“ versteht man das bewusste Einwirken (ausdrücklich/konkludent) auf den Intellekt eines anderen zur Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums. Ein Irrtum liegt in der Fehlvorstellung über die wahre Sachlage, d. h. die Vorstellung, die das Opfer sich über einen Sachverhalt macht, weicht vom realen Sachverhalt ab. Das Täuschen enthält demnach ein subjektives Element, auch wenn es im objektiven Tatbestand geprüft wird. Fehlt dieses Element in Form der Fehlvorstellung, so würde schon kein Täuschen vorliegen. Eine Täuschung ist in verschiedenen Formen denkbar:

aa.) Täuschen durch aktives Tun

Die Täuschungshandlung durch aktives Tun ist das Vorspiegeln einer falschen Tatsache. Das bedeutet, dass ein in Wirklichkeit nicht vorliegender Umstand vom Täter seinem Opfer (gegenüber) so dargestellt wird, als würde dieser Umstand tatsächlich existieren. Diese Betrugshandlung  kann entweder ausdrücklich oder konkludent durch schlüssiges Verhalten geschehen, sodass beide Formen auch ineinander übergehen können. Es ist also gleichgültig, ob die Täuschung mittels einer wahrheitswidrigen Erklärung oder auf eine andere Weise vollzogen wird. So auch im Falle der konkludenten Täuschung. Hier ergibt sich der Täuschungscharakter nicht bereits unmittelbar aus dem Gesagten, sondern erst aus dem unausgesprochenen Teil der Erklärung. Wichtig ist letztendlich nur, dass auf  die Vorstellung des Betrugsopfers so eingewirkt wird, dass der Handlung des Täters dadurch ein bestimmter Erklärungswert zukommt. Das ausdrückliche Täuschen geschieht in den meisten Fällen durch Äußerungen, also einer explizit falschen Erklärung des Täters.

Beispiele für konkludente und ausdrückliche Täuschungen: Vorlegen von Waren an der Kasse, nachdem man das Preisschild ausgetauscht hatte; Manipulation des Tachometers bei einem Gebrauchtwagen; die wahrheitswidrige Erklärung des Verkäufers an den Käufer: Das Auto, welches zum Verkauf steht, sei unfallfrei, obwohl es bereits einige Unfälle hatte etc.

bb.) Täuschen durch Unterlassen

Neben dem Betrug durch aktives Tun gibt es nach h. M. auch ein Täuschen durch Unterlassen. Dieses liegt vor, wenn der Unterlassende im Stande und als Garant rechtlich verpflichtet ist (Aufklärungspflicht), die Entstehung oder Fortdauer eines Irrtums mit seinen vermögensschädigenden Konsequenzen zu verhindern (gemäß § 13 StGB).  Eine solche Aufklärungspflicht kann auf gesetzlichen Normen basieren (Bsp: § 666 BGB, die Auskunftspflicht des Beauftragten, oder auch die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers nach § 23 II VVG, Pflicht zur Mitteilung einer Veränderung der relevanten Verhältnisse beim Bezug von Sozialleistungen nach § 60 I Nr. 2 SGB I) oder sich aus einem Vertrag ergeben. Zu beachten ist jedoch, dass eine Aufklärungspflicht sich nicht immer zwingend aus einem Vertrag ergeben muss.

Eine Aufklärungspflicht kann sich im Einzelfall auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. Hierfür genügt das Vorliegen normaler vertraglicher oder gar vorvertraglicher Beziehungen allein jedoch nicht. Vielmehr muss nach der Rspr. des BGH ein besonderes Vertrauensverhältnis gegeben sein. Den durch Unterlassen Täuschende muss etwa eine besonders begründete Einstandspflicht gerade für das Vermögen des Vertragspartners treffen.

Eine Aufklärungspflicht kann sich darüber hinaus auch aus Ingerenz, also vorangegangenem pflichtwidrigen Handeln ergeben.

Zum Verständnis: Ein pflichtwidriges Vorverhalten könnte zum Beispiel vorliegen, wenn der Verkäufer dem Käufer ein Auto verkauft, beide sich über Kaufpreis und Kaufgegenstand einigten, jedoch der Verkäufer gegen seine ihm obliegenden Pflichten aus § 433 BGB verstößt (mangelfreie Ware liegt nicht vor,  § 433 I 2 BGB). Grund?  Denken wir einen Schritt zurück und stellen auf das Vorverhalten des Verkäufers ab. Das Auto war nicht unfallfrei, die beschädigten Stellen wurden vom Verkäufter neulackiert und darüber täuschte der Verkäufer, indem er dem Käufer dies verschwieg.

In den meisten Fällen werden solche Betrugstaten durch Unterlassen nicht sanktioniert (strafrechtlich gesehen – vgl. § 13 StGB: Das Unterlassen muss dem Handeln entsprechen). Solche Fälle landen oftmals vor dem Zivilgericht, da es schon am strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot scheitern würde. Jedenfalls sollte man in einer Klausur vorrangig prüfen, ob eventuell ein konkludentes Tun vorliegt. Das hat den Vorteil, dass es nicht zu einer langwierigen Suche nach einer Garantenstellung und Garantenpflicht kommen muss. Sollte man dem Sachverhalt also entnehmen können, dass der Täter in irgendeiner Form eine aktive Handlung vorgenommen hat, welcher ein Erklärungswert beizumessen ist, so kann zumindest von einem konkludenten Handeln ausgegangen werden und der Betrugstatbestand kann als Betrug durch positives Tun weitergeprüft werden. Sollte dieses konkludente Handeln vorliegen, erübrigt sich dann die weitere Prüfung des Unterlassens.

2. Erregung oder Unterhalten eines Irrtums

Durch die Täuschung des Täters muss im Getäuschten (Opfer) ein Irrtum erregt oder unterhalten werden. Unter dem Begriff des „Unterhaltens eines Irrtums“ versteht man, dass der Täter eine bereits vorhandene Fehlvorstellung bestärkt oder deren Aufklärung verhindert oder erschwert. „Erregt“ wird ein Irrtum, wenn dieser durch Einwirkung auf die Vorstellung des Getäuschten selbst hervorgerufen oder (mit-)verursacht wird. Bei diesem weiteren erforderlichen Prüfungspunkt bzw. Tatbestandsmerkmal merkt man erneut, dass das Wörtchen „durch“, welches darauf hinweist, dass der Kausalzusammenhang zwischen den einzelnen Tatbestandsmerkmalen beim Betrug gegeben sein muss, von wichtiger Bedeutung ist. Irrtum i.S. des § 263 ist jede unrichtige, der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung über Tatsachen. Auch kurz gesagt zum Merken: „Jeder Widerspruch zwischen Vorstellung und Wirklichkeit“. Der erregte Irrtum muss kausal auf der Tathandlung des Täters (also hier dem Täuschen, siehe Def.) beruhen. Der Irrtum braucht jedoch nicht das Ergebnis eines im Bewusstsein klar ablaufenden Denkprozesses zu sein. Vielmehr reicht es, dass sich das Opfer, also der Getäuschte, Gedanken über die in Frage stehenden Tatsachen macht. Fehlt es an einer bloßen Vorstellung einer wahren Tatsache, liegt grundsätzlich kein Irrtum vor (ignotantia facti). Das Opfer macht sich hier schlicht keine Gedanken und kann daher auch nicht irren. Dieser Fall liegt jedoch nicht immer ohne weiteres vor, vgl. nachfolgenden Fall.

Bsp. im Restaurant: Der Kellner macht sich bei einer Entgegennahme von Bestellungen der Gäste normalerweise keine Gedanken darüber, ob der Gast zahlungsfähig ist oder nicht. Vielmehr geht der Kellner davon aus, dass die Gäste solvent sind. Er geht mithin „sachgedanklich“ davon aus, dass „alles in Ordnung sei“.

Entscheidend an diesem Punkt ist nur, dass dieses Bewusstsein nicht GANZ fehlen darf. Als Ergebnis dieser Vorstellung müssten dann die vom Opfer in Frage stehenden Tatsachen auch tatsächlich von der wirklichen Situation abweichen. Das Opfer/der Getäuschte muss also die behauptete Tatsache auch für wahr halten. Noch kurz anzusprechen wäre der Zweifel an der Richtigkeit eines Sachverhaltes. Klar ist ja, dass völlige Gleichgültigkeit bezüglich einer Wahrheit nie einen Irrtum hervorrufen kann. Kommen Zweifel an der Richtigkeit eines Sachverhaltes auf, wird nach Ansicht der Rechtsprechung die Bejahung eines Irrtums nicht ausgeschlossen. Denn Zweifel oder Leichtgläubigkeit des Getäuschten schließen einen Irrtum nicht aus – sie werden von § 263 StGB ebenfalls geschützt. Es gilt dann weiter zu prüfen, ob nicht die Tatsachen vom gedanklichen Mitbewusstsein des Opfers umfasst sind. Dieses muss dann entweder aktuell oder mindestens als „sachgedankliches Mitbewusstsein“ (ständiges Begleitwissen) vorhanden sein. Grund dafür ist, dass vom Getäuschten keine Überzeugung oder ein Fürwahrhalten gefordert wird. Es kann auch mal ein „Fürmöglichhalten“ i. S. d. § 263 StGB ausreichen. (Merke: Wer zweifelt, irrt auch mal).

Zusammenfassend:

Es ist somit festzuhalten, dass das Opfer durch die Hervorrufung der falschen Tatsachen durch den Täter in einen Irrtum versetzt werden muss, der durch die Tathandlung des Täters unterhalten/erregt wird. Unterhalten deswegen, weil der Täter es verhindert, dass eine vorhandene Fehlvorstellung oder im Falle des Unterlassens trotz seiner Garantenpflicht nicht durch Aufklärung beseitigt wird.

3.  Vermögensverfügung

a.) Begriff und Funktion der Verfügung

Der nächste Punkt der Prüfung ist die Vermögensverfügung. Hier wird nun weiter auf der Tathandlung der Irrtumserregung aufgebaut (Kausalzusammenhang). Denn durch den im Opfer erregten oder unterhaltenen Irrtum muss der Getäuschte zu einer Verfügung über sein Vermögen oder das eines Dritten veranlasst worden sein. Das Merkmal der Vermögensverfügung verbindet demnach Irrtum und Vermögensschaden miteinander. Aus diesem Grund wird auch von der „Transport- oder Verbindungsfunktion der Vermögensverfügung“ gesprochen. Sie ist als Merkmal im Gesetz nicht niedergeschrieben, gilt jedoch als besonders erwähnenswertes und unerlässliches Bindeglied. Sie dient auch der Abgrenzung zwischen dem Sachbetrug und dem Diebstahl (auf diesen Punkt wird unten näher eingegangen). Denn die Vermögensverfügung entsteht aus dem hervorgerufenen Irrtum als ein bloßes inneres Ereignis, welches zu einem Vermögensschaden führen kann. (Auf den Vermögensschaden wird gleich unten näher eingegangen.) Desweiteren darf man die Vermögensverfügung im Strafrecht nicht mit der Vermögensverfügung im Zivilrecht verwechseln. Die eine hat mit der anderen nichts zu tun. So kann zum Beispiel ein Geschäftsunfähiger eine strafrechtlich relevante Vermögensverfügung vornehmen, wohingegen im Zivilrecht solch eine Verfügung gemäß § 106 ff. BGB „nichtig“ wäre.

Bsp: Der 6-jährige O wird von T getäuscht, sodass dieser sich vom O eine Sache herausgeben lässt.

b.) Vermögensverfügung

Unter einer Vermögensverfügung versteht man jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln (Abschluss eines Vertrages), Dulden (Gestattung der Mitnahme einer Sache) oder Unterlassen (Nichtgeltendmachung einer Forderung), das unmittelbar zu einem Vermögensschaden führt. Unmittelbar bedeutet, dass das Opferverhalten ohne zusätzliche deliktische Zwischenakte des Täters zu einer Vermögensminderung führt. Geschützt ist gemäß § 263 StGB das Individualvermögen als die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Güter, die nach der Rechtsordnung einer (natürlichen oder juristischen) Person zugeordnet sind (BGHSt 36, 130131; Fischer Rn. 91). Wie schon oben kurz angesprochen erfolgt an diesem Prüfungspunkt oft die Abgrenzung zwischen Betrug und Diebstahl. Man kann dieses wie folgt verstehen: der Getäuschte (Opfer) muss als „Werkzeug“ des Täters nach dessen Plänen seine sogenannte „Selbstschädigung“ bewirken (Betrug als Selbstschädigungsdelikt). Sein Verhalten muss als ein „Gebeakt“ im weitesten Sinne zu verstehen sein. Beim Diebstahl hingegen kommt es auf einen unfreiwilligen Gewahrsamsbruch an, sodass im Gegensatz dazu beim Betrug die Handlung des Opfers also freiwillig vollzogen worden sein muss. Damit unterscheidet sich die Vermögensverfügung beim Betrug als Selbstschädigungsdelikt von der Wegnahme beim Diebstahl (Fremdschädigungsdelikt). Für diese Abgrenzung zwischen Betrug und Diebstahl ist nicht das äußere Erscheinungsbild (Geben und Nehmen) maßgeblich: entscheidender Punkt ist vielmehr, ob der Getäuschte noch die Freiheit hat, die Sache selber herauszugeben oder nicht. Es muss damit eine unmittelbare Handlung vorliegen. Ist dies so erkennbar und auch so zu deuten, liegt ein Betrug im Sinne des § 263 StGB vor. Anhand dieser Ausführung wird gezeigt, dass die Erklärung des Einverständnisses des Opfers für die Abgrenzung zwischen Betrug und Diebstahl von großer Wichtigkeit ist. Durch ein Einverständnis des Opfers wird das Tatbestandsmerkmal der „Wegnahme“ im § 242 StGB ausgeschlossen. Liegt das Einverständnis seitens des Opfers nicht vor, ist der Schutzbereich des § 242 StGB eröffnet und es bleibt kein Raum für Betrug, sondern lediglich für einen Diebstahl in Form des sog. Trickdiebstahls. Gemäß § 242 StGB wird der „Bruch fremden Gewahrsams“ und damit der unfreiwillige Verlust des Gewahrsams bestraft (siehe bereits oben).

Hinweis zum Sachbetrug: Hier besteht die Vermögensverfügung in der bewussten/willentlichen Weggabe einer Sache. Dort wird ein Verfügungsbewusstsein gefordert und es wird auf die innere Willensrichtung des Opfers abgestellt, da beim Sachbetrug Personenidentität zwischen Getäuschtem und Verfügendem besteht.

Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass es zumindest beim Sachbetrug auf eine bewusste und freiwillige Weggabe für das Vorliegen einer Vermögensverfügung ankommt. Freiwillig handelt das Opfer, wenn es darüber entscheiden kann, ob es eine Sache weggibt oder nicht. Handelt das Opfer freiwillig in Bezug auf die Weggabe einer Sache, so liegt gleichzeitig ein Einverständnis vor, welches die Wegnahme nach § 242 StGB ausschließt.

 c.) Vermögensminderung

Durch die Vermögensverfügung muss es zu einer unmittelbaren Vermögensminderung kommen. Die Verfügung kann das Vermögen des Getäuschten oder das eines Dritten mindern (Dreiecksbetrug). Ein Dreiecksbetrug liegt vor, wenn Verfügender und Geschädigter auseinander fallen, sie mithin in ihrer Person nicht „identisch“ sind.

Bsp. zur Verdeutlichung:  T spiegelt wahrheitswidrig dem Vater V des minderjährigen G vor, er sei von G gebeten worden, dessen Handy abzuholen. V gibt das Mobiltelefon heraus.

Hier ist es nun fraglich, wie man die Strafbarkeit begründet. Immerhin handelt es sich um den Sohn (Frage der Zurechenbarkeit und Näheverhältnis). An dieser Stelle gehen wir auf die Nähebeziehung und die zwei Ansichten ein, die in Bezug auf die Frage vertreten werden, wann noch ein Betrug angenommen werden kann, wenn Getäuschter und Verfügender auseinanderfallen.

aa.) Lagertheorie:

Folgt man der sogenannten „Lagertheorie“, muss der Verfügende (der Vater) rechtlich oder tatsächlich in der Lage gewesen sein, über das Vermögen des Geschädigten (der Sohn) zu verfügen. Hier war und ist der Verfügende der Vater und somit zivilrechtlich gesetzlicher Vertreter seines minderjährigen Sohnes. Damit steht der Vater nach dieser Ansicht im Lager des geschädigten Sohnes. Nach dieser Ansicht ist der Täter nach § 263 StGB zu bestrafen, auch wenn der getäuschte Verfügende nicht mit dem geschädigten Opfer identisch ist.

bb.) Befugnistheorie:

Die „Befugnistheorie“ stellt hingegen auf die zivilrechtliche Ermächtigung ab. Diese verlangt, dass der Verfügende zur Vornahme seiner Handlung zivilrechtlich ermächtigt ist, über die Gegenstände also rechtlich verfügen kann z. B. nach § 185 BGB. Übertragen auf den vorliegenden Beispielfall war der Vater auch hier berechtigt, über das Handy zu verfügen, da er hier als Vater die Vermögenssorge nach § 1626 BGB innehat. Auch hier liegt somit ein Betrug i. S. d. § 263 StGB vor.

Anmerkung: Meist werden diese Theorien vermutlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dann gilt es einfach beide Ansichten kurz darzustellen und sich für eine zu entscheiden. Es wird oft vertreten, dass die Lagertheorie den § 263 StGB zu sehr einschränkt; im Gegensatz zur Befugnistheorie. Noch zu beachten ist hier, dass man in der Klausur im Obersatz dem Prüfer deutlich macht, gegenüber wem die Täuschung begangen worden ist und zu wessen Lasten verfügt wurde (siehe Beispiel). Diese Vermögensminderung kann in einem wirtschaftlichen Nachteil beliebiger Art bestehen, wie etwa in einer Belastung des Vermögens mit einer Verbindlichkeit, im Verlust einer Sache, einer Forderung oder eines Rechts. Die Vermögensminderung unterscheidet sich vom Vermögensschaden dadurch, dass es beim Prüfungspunkt der Vermögensminderung noch nicht zu prüfen gilt, ob die Vermögensminderung durch einen gleichzeitig erfolgten Vermögenszuwachs kompensiert und wirtschaftlich voll ausgeglichen wird. Denn ist dies der Fall, liegt kein Vermögensschaden und somit kein Betrug vor. Dieses wird erst im Prüfungspunkt „Vermögensbeschädigung“ geprüft und erörtert.

4. Vermögensbeschädigung

a.) Vermögensbegriff

Das Ergebnis der Vermögensverfügung durch den Getäuschten muss als Vermögensbeschädigung des Getäuschten oder eines anderen zu bewerten sein. Der Vermögensbegriff ist sehr umstritten. Es bedarf einer Klärung, welche Güter von dem Begriff des „Vermögens“ umfasst sind.

aa.) Juristischer Vermögensbegriff

Nach einer Ansicht wird die Meinung des „juristischen Vermögensbegriffs“ vertreten. Danach gehören zum geschützten Vermögen nur die einer Person rechtlich zugewiesenen Güter sowie Rechte und zwar unabhängig von deren wirtschaftlichem Wert. Der sog. juristische Vermögensbegriff ist zu streng und wird auch heute nicht mehr vertreten. Grund dafür ist, dass dieser Begriff Güter oder Rechte einer Person meist überbewertet und sich so gesehen auf alle Gegenstände beziehen könnte, die kaum einen wirtschaftlichen Wert hätten.

Merke: Es würden damit alle Güter/Rechte, die ohne bzw. ohne große wirtschaftliche Bedeutung sind, den Tatbestand des § 263  StGB erfüllen.

bb.) Wirtschaftlicher Vermögensbegriff

Die Gegenansicht hingegen vertritt die Auffassung des „wirtschaftlichen Vermögensbegriffs“. Nach diesem Begriff gehören zum Vermögen einer Person alle Güter, soweit ihnen ein rein wirtschaftlicher Wert beigemessen wird. Es ist mithin nach dieser Auffassung gleichgültig, ob das Vermögen/die Ansprüche aus nichtigen und sittenwidrigen Rechtsgeschäften/Verträgen stammen oder aus widerrechtlicher oder sonst missbilligter Weise erlangt wurden (Gegenstände wurden gestohlenen; sog. wirtschaftlicher Vermögensbegriff). Hier ist zu kritisieren, dass diese Betrachtungsweise auf einer rein wirtschaftlichen Ebene stattfindet und dadurch der rechtliche Rahmen außer Acht gelassen wird. Zusätzlich würde es auch am strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot fehlen.

cc.) Juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff

Nach der Ansicht wird meist der „juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff“ vertreten. Dieser Vermögensbegriff ist demnach die Summe aller wirtschaftlichen Güter einer Person, die dem Schutz der Rechtsordnung untersteht und anerkannt ist. Hier ergibt sich aus dieser Ansicht, dass Forderungen oder Ansprüche, welche bereits nach §§ 134, 138 BGB nichtig sind, nicht zum geschützten Vermögen gehören.

dd.) Streitentscheidung

Die hier aufgeführten Ansichten führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. In diesem Falle gilt es solche Streitstände immer zu entscheiden. Es werden mehr oder minder die Einschränkung (juristischer Vermögensbegriff) oder Ausweitung der Vermögensbegriffe dargestellt (wirtschaftlicher Vermögensbegriff). Auf der Seite des juristischen Vermögensbegriffs  lässt sich dieser auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausweiten und so dessen Schwachpunkt entschärfen. Auf der anderen Seite wird aber zugleich die Weite des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs vermieden. Außerdem werden Wertungswidersprüche zwischen Zivil– und Strafrecht vermieden – im Gegensatz zum wirtschaftlichen Vermögensbegriff. Weiter läuft man Gefahr, beim wirtschaftlichen Vermögensbegriff Betrüger zu ermutigen ihre Opfer in den Kreisen der sittlich schwachen Personen zu suchen. Das kann die Rechtsordnung so nicht hinnehmen. Der juristische Vermögensbegriff mit der Ergänzung des ökonomischen Vermögensbegriffes scheint hier vorteilhafter zu sein, da er sich auf alle Rechtspositionen erstreckt und somit auch Vermögenswerte in den Schutzbereich des § 263 StGB fallen.

Um diese Ansichten noch einmal verständlicher zu machen, gibt es dazu einen kurzen Beispielfall.

Beispiel: Auftragsgeber (A) bittet den Auftragskiller (K)  seinen Feind (F) umzubringen, um ihn so aus dem Weg zu schaffen. Der Auftragskiller hatte jedoch von Anfang an geplant diese Tat nie auszuführen, ihm ging es nur um den versprochenen Lohn. Liegt hier ein Betrug gegenüber dem Auftragsgeber (A) vor?

Wenden wir nun alle Tatbestandsmerkmale des Betruges auf diesen Fall an, würden wir ja sagen. K täuschte dem A vor, er würde den Auftrag erfüllen. Durch die Täuschung entstand beim A ein Irrtum. Dieser veranlasste ihn dazu K den Lohn für den Auftragsmord zu entrichten, sodass es zu einer Vermögensverfügung kam. Denn durch die Bezahlung an K wirkte sich dieses vermögensmindernd für A aus. Dadurch müsste ein Vermögensschaden entstanden sein (siehe Def.). Dieser ist entstanden, weil A kein wirtschaftliches Äquivalent zugeflossen ist. K nahm das Geld an, tötete jedoch nicht den Feind des A. Übertragen auf unsere bereits dargestellten Ansichten, würde nach dem „wirtschaftlichen Vermögensbegriff“ ein Betrug an A vorliegen, da es hiernach auf die Umstände der Vermögensverfügung und des Schadenseintritts nicht ankommt. Hier entstand der Schaden aus einem „sittenwidrigen Vertrag“, §§ 134, 138 BGB. Diesen Aspekt berücksichtigt die andere Auffassung, nach welcher ein Vermögensschaden i. S. d. § 263 StGB nie aus sittenwidrigen Verträgen/Ansprüchen entstehen kann. Bekräftigt wird dies mit dem Argument der „Einheit der Rechtsordnung“. Hier zeigt sich schon die angesprochene Widersprüchlichkeit. In Klausuren ist es daher empfehlenswert, dass man die Ansichten logisch auf den Sachverhalt überträgt und so zu einer nachvollziehbaren Entscheidung gelangt.

Es dürfte sich jedoch in der Regel empfehlen, dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff zu folgen.

Das Kammergericht hat hierzu entschieden:

Ein Vermögensschaden i.S. des § STGB § 263 StGB ist auch bei sittenwidrigen und rechtswidrigen Geschäften zu bejahen. Ein Vermögensverlust kann nicht deshalb verneint werden, weil das Verlorene gem. § BGB § 817 S. 2 BGB nicht im Rechtsweg zurückverlangt werden kann. Im Gegenteil muss derjenige, der nicht die Möglichkeit hat, nachträglich einen Ausgleich seines Verlusts zu erreichen, erst recht als geschädigt gelten. Die Strafrechtsordnung gilt auch für und gegen Verbrecher untereinander.

KG, Urteil vom 28. 9. 2000(4) 1 Ss 44/00 (50/00) Sehr streitig war die Einordnung von „Drogen“ unter den Vermögensbegriff. Der Bundesgerichtshof, der die wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde legt, entschied mit Urteil vom 16.08.2017 [Az. BGH 2 StR 335/15], dass es gerade nicht auf die sittliche oder rechtliche Bewertung ankommt. Drogen hätten einen erheblichen Wert, auch wenn nahezu jeder Umgang damit bei Strafandrohung verboten ist. Die Rechtsordnung kenne demnach kein schutzunwürdiges Vermögen. Es komme lediglich darauf an, ob dem Besitz ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, was regelmäßig zu bejahen sei, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile verbunden sind.

b.) Vermögensschaden

Durch die Verfügung muss ein Vermögensschaden eingetreten sein. Dieser ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Gesamtwert des Vermögens nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung verringert wurde. Darunter ist folgendes zu verstehen: der maßgebliche Zeitpunkt für den Wertvergleich ist der Vermögensstand durch die Ermittlung „vor“ und „nach“ der Verfügung.  Man sagt auch, das Opfer muss „ärmer“ geworden sein. Das ist nicht der Fall, wenn das Opfer durch die Verfügung eine Vermögensminderung erlitten hat, jedoch unmittelbar durch Zufluss eines gleichwertigen wirtschaftlichen Äquivalentes wieder ausgeglichen wird. Nicht kompensationstauglich sind sogenannte gesetzliche Ausgleichansprüche und Rechte (Schadensersatzforderungen, zB. §§ 823 II, 826 BGB (im allg. zivilrechtliche Ansprüche)). Sie sind lediglich die Folgen des Schadens.

Beispiel: T täuscht O arglistig über die Echtheit einer Briefmarkensammlung, weshalb O beim Weiterverkauf nur einen geringen Kaufpreis erzielen kann.

Da O hier eine geringwertige Briefmarkensammlung erhalten hat, erlitt er einen Vermögensschaden. Gemäß §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB erlangt er zwar einen Schadensersatzanspruch durch die arglistige Täuschung, jedoch begründet dieser kein gleichwertiges Äquivalent. Und warum?

Merke: Ausgleichforderungen entstehen nicht durch die Verfügung (Unmittelbarkeit!), sondern sind lediglich die (mittelbare) Folge eines eingetretenen Schaden.

aa.) Eingehungsbetrug und Erfüllungsbetrug

Weiterhin ist bei den sogenannten „Austauschgeschäften“, dem sog. Eingehungs- bzw. Erfüllungsbetrug, ein Vergleich der beiderseitigen Vertragsverpflichtungen von Wichtigkeit. Denn hier kann bei der Prüfung der Schadensberechnung darauf abgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Stadium bei einer Vertragsabwicklung eine Täuschung stattgefunden hat, die zu einem Vermögensschaden führte. Zu Verdeutlichung werden der Eingehungs- und Erfüllungsbetrug nachfolgend erläutert.

(a.) Eingehungsbetrug

Unter einem Eingehungsbetrug versteht man eine sogenannte „Täuschung bei Vertragsschluss“ (bei Eingehung der vertraglichen Verpflichtung). Hier wird der Getäuschte durch die Täuschung und den daraus entstandenen Irrtum veranlasst einen Vertrag abzuschließen. Dabei hat der Täuschende folgendes Ziel vor Augen:  Er will die vom Getäuschten, also dem Opfer versprochene Leistung erhalten, selbst aber nur eine Leistung erbringen, die gegenüber dem Getäuschten „minderwertig“ ist oder für das Opfer aus seiner subjektiven Sicht bzw. seinen Gründen für ihn unbrauchbar ist. Problem beim Eingehungsbetrug ist die Bestimmung des Zeitpunktes des Schadenseintritts. In diesem Falle kommen verschiedene Zeitpunkte in Betracht, an denen man anknüpft.

Bespiel: Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also die Abgabe der Willenserklärungen gemäß §§ 145 ff. BGB; die Erbringung der (Vor-)Leistung seitens des Opfers und damit die Annahme der minderwertigen Gegenleistung.

Beispiel: V verkauft K einen Gebrauchtwagen. Beim Verkaufsgespräch erzählt V dem O, dass der Wagen lediglich 30.000 km gefahren ist. Diese Aussage war vom V ´wahrheitswidrig. In Wirklichkeit ist der Wagen doppelt so viel gefahren. K kauft das Auto für einen hohen Preis, obwohl das Auto aufgrund der hohen Kilometerlaufzahl viel weniger Wert ist.

Hier kann man sehen, dass V bei Vertragsschluss über die wahren Umstände des wertbildenen Faktors der Laufleistung des Wagens getäuscht hat. Dadurch erlitt K einen Irrtum, welcher ihn veranlasst hatte, den Vertrag mit dem Verkäufer abzuschließen. V ist nun verpflichtet, K das Auto zu übereignen – K verpflichtet sich zur Kaufpreiszahlung. Problem? Die Übereignung des Wagens ist im Verhältnis des Zahlungsanspruches des K weniger wert. Hierin liegt der Vermögensschaden.

(b.) Erfüllungsbetrug

Im Gegensatz zum Eingehungsbetrug wird beim sog. Erfüllungsbetrug nicht bei Vertragsschluss getäuscht, sondern bei der Erfüllung eines Vertrages. Hier beruht der Vertragsschluss nicht auf einer Täuschung, sondern erst nach dem Vertragsschluss entscheidet sich der Täuschende seinen Vertragspartner bei der Abwicklung des Vertrages zu benachteiligen.

Beispiel: Der Getäuschte wird dadurch benachteiligt, dass er eine mangelhafte Ware erhält; er erhält gar keine Ware, obwohl der Getäuschte die volle Leistung vollbringt (Zahlung an den Täuschenden).

Beispiel: V verkauft K einen Wagen. Übergabe des Autos soll binnen einer Woche erfolgen. Im Laufe der Woche  überlegt V sich, doch lieber dem K nicht dieses, sondern ein anderes und  älteres Auto zu übereignen, welches mit dem Vorgänger identisch ist.

Hier bestanden zunächst gleichwertige Ansprüche auf Kaufpreiszahlung/Übereignung. Bei der Erfüllung, also hier bei Übereignung des Autos nach § 929 BGB, täuschte der Verkäufer den Käufer. Mithin ist ein Vermögensschaden bei Erfüllung des Verpflichtungsgeschäftes entstanden.

In den meisten Fällen bereitet aber auch der Schadensbegriff Schwierigkeiten. Hier einige Problemkonstellation.

(c.)  Konkrete Vermögensgefährdung

Eine konkrete Vermögensgefährdung kann in einigen Fällen auch einen Vermögensschaden darstellen. Hier wird auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise abgestellt, sodass nach der Ansicht der Rechtsprechung der Eintritt eines Vermögensschadens für hinreichend wahrscheinlich gehalten werden kann.

Beispiel: T bittet O um ein Darlehen i. H. v. 30.000 Euro. Dafür verlangt O eine Rückzahlungssicherheit. T überlässt ihm dafür ein Gemälde als Pfand mit einem angeblichen sehr hohen Wert. Der tatsächliche Wert dieses Gemäldes beträgt in Wirklichkeit nur 10 Euro.

Der Fall zeigt, dass T den O über die Wertigkeit des Bildes täuschte. Diese Täuschung war für den O Anlass ihm das Darlehen zu gewähren. Durch das fast wertlose Gemälde ist somit das Vermögen des O konkret gefährdet. Mit der Gewährung des Darlehens wurde mithin der Tatbestand des Betruges erfüllt.

d.) Individueller Schadenseinschlag

Beim Fall des individuellen Schadenseinschlags geht es darum, dass Leistung und Gegenleistung  zwar objektiv in einer wirtschaftlich einheitlichen Balance und damit rein rechnerisch in einem Äquivalenzverhältnis zueinander stehen, jedoch die Leistung für den Getäuschten für seine Zwecke eher als ungeeignet erscheint.

Beispiel:  Das Opfer kann die angebotene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden  (Beispiel: eine Kinderzeitschrift für einen Jugendlichen).

e.)  Soziale Zweckverfehlung

Bei der sog. sozialen Zweckverfehlung geht es um die Frage, ob es beim Opfer zu einem Vermögensschaden kommen kann, wenn sich dieses bei der Vermögensverfügung „bewusst“ ist, dass es vom Täter keine gleichwertige Gegenleistung bekommen wird. Hier kann es in Ausnahmefällen ebenfalls zu einem Vermögensschaden kommen, auch wenn objektiv die Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind.

Beispiel: Ein vermeintlicher Obdachloser bittet an Haustüren um Kleidung und Geld, obwohl dieser gar kein Obdachloser ist und sich nicht in einer Notlage befindet. Hier nutzte er die Gutgläubigkeit der Helfer aus.

Es liegt ein Vermögensschaden auch in Form einer „Bewussten Selbstschädigung“ nach der Lehre der sozialen Zweckverfehlung vor.

II. Subjektiver Tatbestand

Nach Prüfung und Darstellung des objektiven Tatbestandes wird nun auf den subjektiven Tatbestand des § 263 StGB eingegangen.

1. Vorsatz

Der subjektive Tatbestand erfordert zunächst Vorsatz. Vorsatz ist das Wissen und Wollen zur Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Also muss sich der Vorsatz demnach auf alle Merkmale des objektiven Tatbestands unter Einschluss der verbundenen Kausalbeziehung beziehen. Es reicht auch der Eventualvorsatz („dolus eventualis“ ).

2. Absicht rechtswidriger Bereicherung

a.) Absicht

Der Täter muss ferner in der Absicht handeln sich oder einem anderen/Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Als Vermögensvorteil versteht man jede wirtschaftliche Verbesserung/Gestaltung der Vermögenslage, also genau das Gegenteil des Vermögensschadens. Es ist nicht von Bedeutung, ob diese Vermehrung im Nichterbringen einer geschuldeten Leistung oder in der Befreiung von einer Verbindlichkeit besteht. Übertragen auf die Definition muss das Opfer demnach eine freiwillige Minderung vorgenommen haben, die sich unmittelbar auf  das Vermögen des Täters auswirkt und zwar vermögensvorteilhaft. Weiter ist auch zu beachten, dass der § 263 StGB nicht voraussetzt, dass der Täter seinen erstrebten Vorteil auch tatsächlich erlangt (Endziel). Vielmehr genügt auch, dass die Erlangung des Vermögensvorteils nur ein Zwischenziel des Täters war.

Beispiel: T täuscht den O beim Verkauf seines Fahrrads über die Funktionsfähigkeit der Bremsen, weil er bezweckt, dass sich O endlich mal „ auf die Nase legt“ und dabei verletzt wird.

Merke: Der Vermögensvorteil muss nicht zur Vollendung gelangt sein bzw. sich realisiert haben. Es reicht die Bereicherungsabsicht des Täters.

b.) Rechtswidrige Dritt-Bereicherung

Der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil muss objektiv rechtswidrig sein. Darunter ist zu verstehen, dass dieser vom Täter erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil mit keinem rechtlichen Anspruch begründet sein darf. Ist der Anspruch des Täters einredefrei oder fällig, kommt ein Betrug nicht in Betracht.

Beispiel: Der Täter will einen unbegründeten Anspruch abwehren; Durchsetzung eines fälligen und einredefreien Anspruches oder der Täter will eine zulässige Aufrechnung erschleichen. In diesen Fällen liegt keine rechtswidrige (Dritt-)Bereicherung vor und demnach auch kein Betrug.

c.) Stoffgleichheit

Bei der Vermögensverschiebung muss der sich hierdurch unmittelbar (Unmittelbarkeitsbeziehung) ergebende Vorteil des Täters genau die Kehrseite des geschädigten Vermögens des Opfers darstellen, also ihm damit „stoffgleich“ sein. Zwar ist dieser Begriff für manchen Leser sehr irreführend, jedoch meint diese Begrifflichkeit, dass der Täter nun einen Vermögens -“Vorteil“ bekommt und das Opfer eine Vermögens -“Minderung“ dadurch erlitten hat. Dieser Vermögensvorteil auf der Täterseite und Vermögensnachteil/-minderung auf der Opferseite wird durch ein und dieselbe Verfügungshandlung herbeigeführt. Der Begriff der Stoffgleichheit ist von Wichtigkeit und dieser Prüfungspunkt damit auch stets erforderlich, weil der Betrug seinem Wesen nach ein „Vermögensverschiebungsdelikt“ ist. Das Merkmal dient demnach dazu, solche vom Täter erlangten Vermögensvorteile aus dem Bereich des § 263 StGB auszuklammern, die sich nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers, sondern aus externen Leistungen Dritter ergeben sollten.

Ein Problem tritt vor allem bei den sog. „Provisionsvertreterfällen“ auf.

Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Vertreter V verkauft O einen Staubsauger und täuscht ihn dabei über die Saugkraft des Staubsaugers. O beißt an und kauft deswegen den Staubsauger zu einem überhöhten Preis. Der V meldet den Verkauf seinem Auftragsgeber und kassiert dafür seine 100 Euro Provision.

Liegt hier eine Strafbarkeit wegen Betrugs vor gemäß § 263 StGB?

Im vorliegenden Fall kam es V darauf an, die Provision seines Arbeitsgebers für den Abschluss des Kaufvertrages einzuziehen. Die Provision erlangte V also dadurch, dass A ihm die 100 Euro ausgezahlt hatte. Es fehlt somit an der Stoffgleichheit, da der Schaden des O (minderwertiges Gerät) und der Vermögensvorteil des V (Provision) nicht unmittelbar durch ein und dieselbe Verfügung (Kaufpreiszahlung) herbeigeführt wurde.

Es könnte aber auch eine Strafbarkeit wegen fremdnützigen Betrugs durch den Vertreter zu Lasten des Opfers und zu Gunsten des Auftragsgebers vorliegen.

Im vorliegenden Fall handelte nämlich der Vertreter mit Drittbereicherungsabsicht. Denn zur Erlangung seiner Provision stellte sich die Kaufpreiszahlung der Käuferin als notwendiges „Zwischenziel“ dar. Sie stellt mithin die Kehrseite des von V erstrebten Vermögensvorteils des A dar. Die Stoffgleichheit ist folglich gegeben.

Wurde der subjektive Tatbestand des § 263 StGB geprüft, folgen die weiteren Punkte B.) und C.). Diese sind wie in jedem strafrechtlichen Schemata in bekannter Weise zu prüfen.

B. Rechtswidrigkeit

C. Schuld

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Anmerkungen

siehe auch: mittlebare Täterschäft und Verbotsirrtum, Beihilfe, Error in persona und aberratio ictus, Aufbau Erlaubnistatbestandsirrtum und Anstiftung

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