Die Kündigungsschutzklage
Kündigungsschutzklage bezogen auf die ordentliche und die außerordentliche Kündigung; Betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigung.
Dieses Schema befasst sich mit der Kündigungsschutzklage seitens des Arbeitnehmers. Hierbei wird sowohl auf die Kündigungsschutzklage in Bezug auf die ordentliche, aber auch in Bezug auf die Außerordentliche eingegangen. Die Zulässigkeit ist für beide Arten der Kündigung gleich.
Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers
I. Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG
Hiernach müssen sich ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer gegenüberstehen. Dies ist meist unproblematisch, sollte aber in der gebotenen Kürze erwähnt werden.
Def. Arbeitnehmer: Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages gegen Entgelt im Dienste eines anderen weisungsabhängige Arbeit verrichtet.
Def. Arbeitgeber: Arbeitgeber ist, wer mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.
II. Örtliche Zuständigkeit § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 12 ff. ZPO (i.d.R. § 29 Abs. 1 ZPO)
III. Sachliche Zuständigkeit § 8 Abs. I ArbGG
IV. Klageart
1. Kündigungsschutzklage gegen schriftliche Arbeitgeberkündigung (§ 4 S. 1 KSchG)
Die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG ist eine besondere Feststellungsklage zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der speziellen Kündigung bzgl. Fehler, die laut § 4 KSchG gerügt werden können; ansonsten ist die allgemeine Feststellungsklage statthaft.
- Ordentliche Kündigung: Geltendmachung der Sozialwidrigkeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) oder anderer Unwirksamkeitsgründe. § 4 S. 1 KSchG gilt daher:
- unabhängig von der Erfüllung der Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) und
- unabhängig von der Betriebsgröße (§ 23 Abs. 1 S. 1 KSchG)
- Außerordentliche Kündigung: Geltendmachung des Mangels des wichtigen Grundes oder der Versäumung der Ausschlussfrist (§ 626 BGB). § 4 S. 1 KSchG gilt gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG wie bei der ordentlichen Kündigung für alle Arbeitsverhältnisse i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG.
2. Im Übrigen: Allgemeine Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO)
V. Feststellungsinteresse
Bei der Kündigungsschutzklage ergibt sich das Feststellungsinteresse bereits aus der Gefahr der materiellen Präklusion (Fristablauf) gem. § 4 KSchG; darüber hinaus ist das Arbeitsverhältnis Grundlage einer Vielzahl von Ansprüchen.
VI. Ordnungsgemäße Klageerhebung
Hierbei ist die Form gemäß § 46 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 253 ZPO zu beachten.
Begründetheit der Kündigungsschutzklage gegen die ordentliche Kündigung
Beachte: Fehlen Hinweise im Sachverhalt, so ist davon auszugehen, dass alles ordnungsgemäß verlaufen ist.
I. Wirksamkeit der Kündigungserklärung
1. Bestimmtheit der Kündigungserklärung: Hierbei sind §§ 133, 157 BGB anwendbar und es existiert kein Begründungserfordernis
2. Schriftform
3. Kündigungsberechtigter
a. Vertragspartner
b. Vertretungsberechtigte Organe bei juristischen Personen
c. Wirksame Bevollmächtigung (§§ 164, 167, 174 BGB)
d. Gesetzliche Vertretung (§§ 107-109, 111-113 BGB)
4. Zugang der Kündigungserklärung
a. Gegenüber Anwesenden
b. Gegenüber Abwesenden
c. Nachweis des Zugangs (der tatsächliche Zugang ist immer erforderlich)
II. Einhaltung der Kündigungsfristen
1. Gesetzliche Kündigungsfrist § 622 BGB
2. Fristverkürzung- oder Verlängerung durch Tarifvertrag
3. Einzelvertragliche Fristverkürzung
4. Gleichmäßige Fristverlängerung
5. Sonderregelungen (z.B. § 169 SGB IX, § 113 S. 2 InsO)
III. Klagefrist (materielle Präklusionsfrist; §§ 4, 5, 7 KSchG)
1. Anwendbarkeit der §§ 4-7 KSchG: § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG
Ausnahmsweise ist die Anwendbarkeit zu verneinen, und zwar bei
- der Geltendmachung eines Formverstoßes (§ 623 BGB)
- der alleinigen Rüge einer falsch berechneten Kündigungsfrist oder
- der fehlenden Kündigungsberechtigung
2. Grundsatz: § 4 S. 1 KSchG: Danach beträgt die Klagefrist 3 Wochen ab dem Zugang der Kündigung (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB)
3. Ausnahmen
- § 4 S. 4 KSchG: 3 Wochen ab Bekanntgabe der erforderlichen behördlichen Zustimmung, wenn diese bei Zugang der Kündigung noch nicht erfolgt ist (insbesondere: § 168 SGB IX, § 17 Abs. 2 MuSchG)
- Bei unerschuldetem Fristversäumnis: Nachträgliche Klagezulassung § 5 KSchG
4. Rechtsfolge des Fristversäumnisses
Umfassende Wirksamkeitsfiktion § 7 KSchG.
IV. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe und besondere Kündigungsverbote
1. Unwirksamkeitsgründe
a. Sittenwidrige Kündigung, § 138 BGB
b. Treuwidrige Kündigung, § 242 BGB
c. Maßregelungsverbot, § 612a BGB
d. Zurückweisung wegen fehlender Originalvollmachtsurkunde, § 174 BGB
2. Kündigungs- und Benachteiligungsverbote § 134 BGB
a. § 613a Abs. 4 BGB
b. Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot: § 7 Abs. 1 AGG; wegen § 2 Abs. 4 AGG jedoch nur, wenn der Anwendungsbereich des KSchG nicht eröffnet ist.
c. Sonstige Verbote:
§ 4 TzBfG, §§ 11, 13 Abs. 2 TzBfG, § 41 SGB VI; §§ 20, 78 BetrVG
3. Grundrechtliche Schranken
b. und Diskriminierungsverbote
4. Präventiv gesetzliche Kündigungsbeschränkungen
a. Zustimmungserfordernisse: § 15 KSchG i.V.m. § 103 BetrVG, § 17 MuSchG, § 18 BEEG, § 102 Abs. 6 BetrVG
b. Anhörungserfordernis: § 102 Abs. 1 BetrVG, §§ 79, 108 Abs. 2 BPersVG, § 170 SGB IX
c. Anzeigeerfordernis: § 17 KSchG
5. Kollektiv- und individualvertragliche Kündigungsverbote
6. Anfechtung der Kündigungserklärung §§ 119, 123 BGB
V. Betriebsratsanhörung vor jeder Kündigung gem. § 102 BetrVG
1. Anhörungsvoraussetzungen
a. Geltungsbereich des § 102 BetrVG
- Betriebsratsfähiger Betrieb
- Bestehender und funktionsfähiger Betriebsrat
b. Abgrenzung zu anderen Beteiligungsrechten
- Leitende Angestellte = Sprecherausschussgesetz
- Öffentlicher Dienst = Personalvertretungsrecht
- Kirchlicher Dienst = Mitarbeitervertretungsrecht
c. Anhörung nach Betriebsübergang
2. Inhalt und Umfang der Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers
a. Anhörungserfordernis vor jeder Kündigung
b. Mindestinhalt der Unterrichtung
c. Kündigungsgrundbezogener Inhalt der Mitteilung
3. Stellungnahmefrist des Betriebsrates – Beendigung des Anhörungsverfahrens
4. Rechtsfolgen des fehlerhaften Anhörungsverfahrens
a. Fehler im Bereich des Arbeitgebers
b. Fehler im Bereich des Betriebsrates
5. Widerspruchsrecht des Betriebsrates
6. Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers
VI. Wirksamkeit der Kündigung nach dem KSchG
Beachte: Nach BAG Rechtsprechung steht § 2 Abs. 4 AGG der Anwendbarkeit des KSchG in Diskriminierungssachverhalten nicht gänzlich entgegen. Die Wertungen des AGG sind im Rahmen der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu berücksichtigen.
1. Geltungsbereich des KSchG
a. Arbeitnehmer
b. Persönlicher Anwendungsbereich § 1 KSchG: Sechsmonatige ununterbrochene Beschäftigung in demselben Betrieb oder Unternehmen
c. Sachlicher Anwendungsbereich § 23 Abs. 1 S. 2 bis 4 KSchG
- Nach dem 31.12.2003 neu eingestellte Arbeitnehmer:
über 10 (mindestens 10,25) Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.
2. Soziale Rechtfertigung – Vorliegen eines Kündigungsgrundes § 1 Abs. 2 KSchG)
a. Sozialwidrigkeit wegen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des AGG
Nach dem BAG wegen § 2 Abs. 4 AGG keine direkte Anwendung des AGG auf Kündigungen, aber die Vorschriften sind bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe des KSchG zu berücksichtigen.
b. Abgrenzung der Kündigungsgründe
Bsp.: X kann betriebsbedingt gekündigt werden, wenn seiner Beschäftigung dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Dies ist der Fall, wenn sein Arbeitsplatz auf Grund einer unternehmerischen Entscheidung entfällt.
- Unternehmerische Entscheidung
- Vorliegen der zur unternehmerischen Entscheidung führenden inner- oder außerbetrieblichen Ursachen
- Kausaler Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit
- Verhaltensbedingte Kündigung
- Schuldhafte Vertragspflichtverletzung
- Hauptpflichtverletzung
- Nebenpflichtverletzung
- Ausreichende Negativprognose
- Abmahnung
- Prinzipiell vorrangiges milderes Mittel
- Ausnahmsweise: Entbehrlichkeit
- Ultima – Ratio – Prinzip
- Interessenabwägung
- Personenbedingte Kündigung
- Abgrenzung insbesondere zur verhaltensbedingten Kündigung
- Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder vertraglicher Interessen
- Negativprognose
- Ultima – Ratio – Prinzip
- Interessenabwägung
c. Beurteilungszeitpunkt; Prognoseprinzip
- Bei der betriebsbedingten Kündigung muss der Wegfall dauerhaft sein
- Bei der personenbedingten Kündigung muss die Beeinträchtigung dauerhaft sein
- Bei der verhaltensbedingten Kündigung muss die Pflichtverletzung das Arbeitsverhältnis derartig nachhaltig zerstört haben, dass eine Fortsetzung ausgeschlossen ist.
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Bei Amazon kaufend. Erforderlichkeit der Kündigung
- Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz, § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG
- Vorrang der Änderungskündigung, § 1 Abs. 2 KSchG
- Fehlen sonstiger milderer Mittel
e. Interessenabwägung oder Sozialauswahl
Begründetheit der Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung
I. Wirksame Kündigungserklärung
II. Einhaltung der Klagefrist (§ 13 Abs. 1 S. 2, § 4 S. 1 KSchG)
III. Allgemeine Unwirksamkeitsgründe und besondere Kündigungsverbote
IV. Betriebsratsanhörung
V. Vorliegen eines wichtigen Grundes
1. Einhaltung der Ausschlussfrist § 626 Abs. 2 BGB
2. „Wichtiger Grund“ § 626 Abs. 1 BGB
a. „An sich“ geeigneter Kündigungsgrund
b. Negativprognose
d. Interessenabwägung
VI. Bei fehlendem wichtigen Grund: Möglicherweise Umdeutung in eine ordentliche Kündigung § 140 BGB.
VII. Gegebenenfalls Notwendigkeit der Einhaltung einer sozialen Auslauffrist
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