Kündigung per E-Mail

Der Artikel erfasst die fortschrittliche Entscheidung des Landgerichts Hamburg zur Kündigung per E-Mail bei überwiegend "online" geschlossenen Verträgen.

Datum
Rechtsgebiet Zivilrecht
Ø Lesezeit 7 Minuten
Foto: Cienpies Design/Shutterstock.com

Wie zu jeder Jahreswende bietet es sich an, die Rechtsprechung des vergangenen Jahres näher unter die Lupe zu nehmen, da diese häufig die Basis für den Klausurstoff „von morgen“ bietet, weswegen wir heute das Thema „Kündigung per E-Mail“ angehen werden.

Bei der Rechtsprechungsauswertung lassen sich im Jahresrückblick definitiv einige interessante und durchaus klausurrelevante Entscheidungen finden. Zum Einstieg ist insbesondere eine kurze Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 30.04.2013 (Az. 312 O 412/12) zur Wirksamkeit der Kündigung per E-Mail geeignet, da die Entscheidung neuartig aber zugleich schnell überblickt ist. Auch wenn Sie die Entscheidung nicht in Ihren Feinheiten kennen, so sollten Sie mit den Kernargumente für oder gegen eine Zulässigkeit der Kündigung auf elektronischem Wege im Einzelfall gekonnt punkten können. Insbesondere in der Kautelarklausur, oder als kleiner „(Neben-)Kriegsschauplatz“ innerhalb der Anwalts- oder Urteilsklausur kann eine Schriftformklausel innerhalb der AGB -Prüfung für Sie eine Rolle spielen. Für die mündliche Prüfung ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung ohnehin stets von Vorteil.

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist insofern innovativ, als dass erstmalig ein deutsches Gericht entschieden hat, dass eine Kündigung– abweichend von der Schriftform gemäß §126 BGB – im Einzelfall auch per E-Mail zulässig sein kann. Damit reagierte das Landgericht Hamburg auf den Fortschritt der Zeit und die Ausbreitung elektronischer Geschäftsoptionen in unserer heutigen Gesellschaft. Wie sich die weitere Rechtsprechung hierzu in naher Zukunft weiter entwickelt, bleibt abzuwarten.

I. Kurzüberblick über den Sachverhalt/Aktenauszug

Der bundesweit tätige Dachverband aller Verbraucherzentralen der Bundesländer erhob eine Unterlassungsklage gegen die Beklagte – eine Online-Partnervermittlung. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Kläger als Bundesverband nach §§ 1,2,3 UKlG bzw. nach §4 UKlG i.V.m § 8 III Nr. 3 UWG klagebefugt ist.

Der Kläger beanstandete im Wesentlichen, dass die Beklagte auf ihrer Internetseite abrufbare, Allgemeine Geschäftsbedingungen unter anderem folgenden Inhalts verwendete:

„Die Kündigung der VIP- und/oder Premium-Mitgliedschaft bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (eigenhändige Unterschrift) und ist z.B. per Fax oder per Post an (…) zu richten; die elektronische Form ist ausgeschlossen.“

LG Hamburg (Az.: 312 O 412/12)

Zu erwähnen ist, dass sämtliche Kommunikation zwischen der Beklagten und dem Verbraucher sich auf elektronischem Wege abspielte. Der Vertragsabschluss erfolgte ebenso über die Internetseite der Beklagten wie die Übermittlung der Kontodaten des Verbrauchers. Die Zusendung des Login-Passwortes erfolgte via SMS.

II. Rechtliche Würdigung des Landgerichts Hamburg

Ob die in dem Kündigung eines überwiegend online-basierten Vertrages im Einzelfall via E-Mail zulässig ist, müssen Sie unter Beachtung der unter im Folgenden aufgeführten Kriterien stets gründlich herausarbeiten. Nach Ansicht des Landgerichts ist der Ausschluss der Kündigung via E-Mail innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls dann unzulässig, wenn die gesamte Kommunikation zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer im Wesentlichen auf elektronischem Wege verläuft und der Ausschluss der „Kündigungsoption per E-Mail“ daher ansonsten verwirrend auf den Verbraucher wirken könnte.

Das Landgericht Hamburg entschied, dass die Kündigungsklausel im Sinne des § 307 BGB deswegen benachteiligend sei, weil sie gegen das gesetzliche Transparenzgebot verstößt. So könne sich die Intransparenz für den Verbraucher, wie in dem zu entscheidenden Fall, schon daraus ergeben, dass der Unternehmer bei ausschließlich elektronischer Kommunikation die Kündigung zwar per Telefax, nicht aber per E-Mail anerkennt. Insofern ergebe sich die unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB daraus, dass die AGB-Bestimmungen nicht klar und verständlich seien. Bereits die bloße Unklarheit einer Klausel könne nämlich zu ihrer Unwirksamkeit führen ohne dass zusätzlich eine Gefahr einer Benachteiligung des anderen Teils vorliegen müsse.

An dieser Stelle weist das Gericht besonders darauf hin, dass das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB den Verwender verpflichtet, die tatbestandlichen Voraussetzungen und insbesondere die Rechtsfolgen in Formularbedingungen so genau zu beschreiben, dass einerseits für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten ohne fremde Hilfe feststellen kann (vgl. auch BGH, NJW 2008, 1438 Rn. 17).

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Kündigung per E-Mail zulässig, da…

Das Landgericht Hamburg moniert an der Kündigungsklausel der Beklagten zudem die widersprüchliche Ausgestaltung. So sei es unzulässig, zum einen das Schriftformerfordernis nach §126 BGB als Kündigungsvoraussetzung festzusetzen und zum anderen dieses durch die beispielhafte Nennung der Kündigungsoption per Telefax wieder zu relativieren. Um es auf den Punkt zu bringen: der Zusatz, die Kündigung sei zudem „z.B. per Fax“ möglich, erachtet das Landgericht Hamburg als unzureichend, weil er den Eindruck erwecke, die Nennung der Kündigung per Fax sei nur beispielhaft und die Kündigung könne auch über vergleichbare Kommunikationswege wie beispielsweise per E-Mail und Weitere erfolgen. Durch den Nachsatz, „die elektronische Form ist ausgeschlossen“ mache die Beklagte aber nicht deutlich, welche genauen Kommunikationswege sie letztendlich akzeptiert und welche sie ausschließt, da ihre AGB die elektronische Form nicht definieren. Weiter führt das Landgericht aus, dürfe der Verbraucher durch die verwendete Kündigungsklausel zudem insofern verwirrt sein, dass es sich bei der Kündigung per Telefax ebenso um eine elektronische Kündigungsform handelt, wie bei der Kündigung per E-Mail oder via SMS, die Beklagte aber nur die erste zulässt. Zudem sei die Kündigungsklausel unangemessen benachteiligend, weil sie innerhalb einer vollständig auf elektronische Mittel beschränkten Geschäftsbeziehung die Kündigungsmöglichkeit des Vertragspartners ausschließlich auf Kommunikationsformen reduziert, die der übrigen elektronischen Geschäftsform nicht entsprechen. Auch hier wird relevant, ob der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. An der Stelle bedarf es einer umfassenden Interessensabwägung. In die Würdigung fließen Kriterien wie die Art des konkreten Vertrages, die Interessen beider Parteien, die Anschauungen der Beteiligten Verkehrskreise und die sich aus der Rechtsordnung ergebenden allgemeinen Bewertungskriterien mit ein (vgl. LG Hamburg 30.04.2013 – Az. 312 O 412/12 sowie Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Auflage 2013. § 307 Rn. 12). Das bedeutet für Sie, dass die zu überprüfende Klausel vor dem Hintergrund des gesamten Vertrages auszulegen und zu bewerten ist.

IV. Fazit

Aus der Argumentation des Landgerichts kann herausgefiltert werden, dass die Form der Kündigung zum einen nicht verwirrend auf den Verbraucher wirken und zum anderen jedenfalls nicht in grobem Widerspruch zu den übrigen Geschäftsgebaren stehen darf. Das Landgericht Hamburg lässt es dahinstehen, wie die Rechtslage einzuschätzen wäre, wenn zu Beginn der Kommunikation zwischen dem Verwender und dem Nutzer mitgeteilt werde, dass bestimmte Verträge zwar online auf elektronischem Wege abgeschlossen, nicht aber in gleicher Weise durch den Nutzer gekündigt werden können. Jedoch eröffnet das Landgericht dem Verwender auch einen juristischer Spielraum: Wenn er genau definiert, welche Kommunikationsmittel er zulässt und welche nicht, versetzt er den Vertragspartner in die Lage, sich selbständig einen Überblick zu verschaffen und vermeidet Unklarheiten und damit die Unwirksamkeit seiner Klausel. Achten Sie daher insbesondere bei Kautelarklausuren auf die klare, widerspruchsfreie Ausgestaltung Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bei Urteils- oder Anwaltsklausuren auf eine strukturierte AGB-Kontrolle. Jede Klausel bedarf einer gründlichen Überprüfung der AGB auf mögliche Widersprüchlichkeiten. Entscheidend für Ihre Klausurlösung ist insofern auch, dass Sie den Aktenauszug auf Argumente für oder gegen das Vorliegen eines ungerechtfertigten Beurteilungsspielraums des Verwenders sowie der objektiven Verständlichkeit auswerten.  Viel Erfolg im Examen.
Seal

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